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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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kurzsichtigen Zeitgenossen glauben mögen …
    – Und zwar wesentlich! –, konnte es sich der Kater nicht verkneifen, ganz hingerissen von diesem Potenzial.
    – Ich sagte: Ruhe, zum Teufel noch mal! –, zischte Woland und griff den Gesprächsfaden auf: – Aber wäre es sinnvoll, für etwas zu sorgen, wofür eine andere – wie ich es nannte – Dienststelle zuständig ist? Darum werde ich auf gar keinen Fall dafür sorgen – tun Sie es selbst.
    – Wird es denn klappen?
    Azazellos ohnehin schiefes Auge schielte spöttisch zu Margarita herüber. Kaum merklich schüttelte er seinen roten Kopf und schnaufte.
    – Tun Sie es einfach, du liebes bisschen –, murmelte Woland, wandte sich ab und vertiefte sich in irgendein Detail auf dem Globus. Das Gespräch hielt ihn nicht davon ab, sich parallel um andere Dinge zu kümmern.
    – Also los! Frieda … –, half ihr Korowjew.
    – Frieda! –, rief Margarita mit schallender Stimme.
    Die Tür ging auf. Nackt, zerzaust, doch ohne Anzeichen von Trunkenheit, stürzte sie ins Zimmer herein: Eine Frau mit völlig erschöpften Augen. Sie streckte die Arme nach Margarita aus, als jene majestätisch verkündete:

    – Du hast Gnade gefunden und sollst dein Tuch nie wieder vorgelegt bekommen.
    Frieda stieß einen gellenden Schrei aus, warf sich kreuzförmig vor Margarita nieder. Woland machte ein Zeichen, und sie verschwand.
    – Ich danke Ihnen, leben Sie wohl –, sprach Margarita und stand auf.
    – Was meinst du, Behemoth –, sagte Woland, – wir wollen doch nicht zur festlichen Stunde menschliche Unerfahrenheit ausnutzen –, und er drehte sich Margarita zu. – Das zählt nicht, denn ich habe keinen Finger gekrümmt. Also: Wünschen Sie etwas für sich!
    Jetzt trat Stille ein, die Korowjew störte, der Margarita ins Ohr wisperte:
    – Diamantene Donna! Ich rate Ihnen nur: Seien S’ diesmal ein bisserl gefinkelter! Nicht dass Ihnen das Glück durch die Lappen geht!
    – Ich wünsche, dass mir auf der Stelle, noch in dieser Sekunde, mein Liebhaber, der Meister, zurückgebracht wird! –, sagte Margarita, und ein Zucken verzerrte ihr Gesicht.
    Da brach ins Zimmer der Wind herein, dass sich die Kerzenflammen im Kandelaber zur Seite neigten und die schweren Vorhänge auseinanderfuhren. Das Fenster ging auf, und in ferner Höhe erschien der Vollmond – nicht morgendlich: nächtlich. Vom Fensterbrett legte sich über den Boden das grünliche Tuch des nächtlichen Lichts und darauf schritt der nächtliche Gast Iwans, der sich selbst »Meister« genannt hatte. Er trug Krankenhauskleidung – den Hausmantel, die Latschen und sein heilig gehütetes schwarzes Mützchen. Das unrasierte Gesicht verkrampfte sich zu einer Grimasse. In wilder Furcht schielte er nach den Kerzenflammen. Und die mondenen Wogen umbrausten ihn.
    Margarita stöhnte auf. Er war es! Sie schlug die Hände zusammen und lief zu ihm hin. Sie küsste seine Stirn, seine Lippen, presste sich an die borstige Wange, und ihre lange zurückgehaltenen Tränen rannen in Strömen über ihr Gesicht. Sie wiederholte nur ein und dasselbe Wort, wieder und wieder:
    – Du … du … du …
    Der Meister schob sie von sich, sagte dumpf:
    – Hör auf zu weinen, Margot, quäle mich nicht. Ich bin schwer krank. – Er griff mit der Hand nach dem Fensterbrett – gleich ist er auf und davon! – fletschte die Zähne, starrte die Umhersitzenden an und schrie: – Ich hab’ Angst, Margot! Diese Halluzinationen …
    Margarita wurde von Schluchzern gewürgt. Sie flüsterte, sich an den Wörtern verschluckend:
    – Nein, nein, nein … Hab’ keine Angst … Ich bin doch bei dir … Ich bin doch bei dir …
    Mit einigem Geschick stellte Korowjew dem Meister unauffällig einen Stuhl hin, auf den er sackte. Margarita aber fiel auf die Knie, drückte sich an seine Seite und verharrte so. In ihrer Aufregung merkte sie nicht einmal, dass ihre Nacktheit gewichen war und sie jetzt einen schwarzseidenen Umhang trug. Der Patient senkte den Kopf und blickte zu Boden mit trübsinnigen kranken Augen.
    – Ja –, sagte Woland nach einigem Schweigen, – man hat ihn ordentlich bearbeitet. Chevalier, gib diesem Mann eine Kleinigkeit zu trinken –, befahl er Korowjew.
    Innig flehte Margarita den Meister an:
    – Trink, trink! Du hast Angst? Nein, nein, glaub mir: Die werden dir helfen!
    Der Patient nahm das Glas und trank aus, was darin war. Doch seine Hand zitterte, und das leere Glas zerschellte ihm vor den Füßen.
    – Bringt Glück! Bringt

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