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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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romantischer Meister!«, heißt es am Schluss aus Wolands Mund, »Oh, dreifach romantischer Meister! Sie lehnen es ab, tagsüber mit Ihrer Gefährtin zu lustwandeln? Unter Kirschbäumen, die gerade erblühen! Und sich abends an Schuberts Musik zu erfreuen? Sie verschmähen es wirklich, bei Kerzenlicht mit einem Gänsekiel zu kritzeln? Oder faustisch über einer Retorte zu brüten, in der Hoffnung, dass es Ihnen gelingt, einen neuen Homunkulus herzustellen? […] Hier entlang, Meister, hier entlang! Leben Sie wohl! Es wird Zeit für mich.«
    Einen aufmerksamen wie musikalischen Leser vorausgesetzt, ist das weder idyllisch, noch kitschig, sondern so ironisch wie ergreifend gleichermaßen. Wer Wolands Varieté verlässt, steht, Azazellos Zaubersalbe zum Trotz, wieder splitternackt frierend im Freien, an jenem geheimnisvollen Ende, das nichts ohne seinen Anfang wäre, der einer der faszinierendsten Anfänge der Weltliteratur ist und so geht: »Es war Frühling, eine heiße Dämmerstunde am Patriarchenteich. Zwei Herren zeigten sich.« Eine rätselhafte dritte Gestalt gesellt sich dazu, von der die beiden Männer, Redakteur der eine, Dichter der andere, beim besten Willen nicht sagen können, wer sich dahinter verbirgt: Tourist oder Spion, vermutlich beides: Wer ist das? »Woher kann der eigentlich so gut Russisch?« Bereits hier deutet sich die Kunst eines Autors an, der im alltäglichen Misstrauen seiner Figuren die Phobie einer Staatsmacht in Szene setzt, die bei Bedarf den Freund zum Feind, den Gast zum Spion, den Zuschauer zum Saboteur und den Genossen von gestern zum Verräter von morgen erklärt, von der Rolle des Schriftstellers ganz zu schweigen, der jederzeit selber in Gefahr steht, Sänger und Hofnarr einer Macht zu werden, die das Gute verkündet und Böses schafft.
    Der seltsame Ausländer auf der Bank, der nicht nur durch sein Äußeres auffällt (»ausländische Pantoletten«, »Spazierstock mit schwarzer Pudelschnauze«), sondern darüber hinaus akzentfrei sämtliche Sprachen spricht, entpuppt sich als, wer sonst, der Teufel persönlich, der einzige, der sich ungestraft in Gespräche über Gott und die Welt einmischen und dabei Fragen stellen darf, die man auch im Westen bis heute höchst leichtfertig beantwortet: »[…] Entschuldigen Sie meine Aufdringlichkeit, doch ich habe verstanden, Sie glauben darüber hinaus auch nicht an Gott? – […] – Ganz recht, wir glauben nicht an Gott –, antwortete Berlioz, leicht belustigt über die Angst des Touristen, – aber das dürfen wir frei heraus bekennen. – […] – Dann sind Sie wohl … Atheisten?! – […] – In unserem Land ist der Atheismus kein Grund zum Staunen –, sagte Berlioz mit diplomatischem Takt, – ein Großteil unserer Bevölkerung hat seit Langem und sehr bewusst damit aufgehört, den Ammenmärchen von Gott noch Glauben zu schenken.« (S. 16)
    In dem nun folgenden Gespräch erweist sich der Teufel (»Sachverständiger« und »Spezialist für Schwarze Magie«) wider Erwarten nicht als Gottes Widersacher und Gegenspieler, sondern als dessen Kompagnon, als eine Art Inspizient, Gutachter der Schöpfung im Allgemeinen und der Stadt Moskau im Besonderen, der unmittelbar dazu übergeht, dem Redakteur und seinem Dichter, die ihrerseits gerade damit befasst sind, ein Pamphlet gegen die historische Existenz eines gewissen Herrn Jesus zu diskutieren, in der magischen Dämmerung auf erwähnter Bank am Patriarchenteich die metaphysischen Leviten zu lesen. Ein rhetorisches Meisterstück, in dem Bulgakow nicht nur den begeistert gottlosen Redakteur und seinen Dichter, sondern auch seine Leser aufs Glatteis schickt. Denn, leider Gottes und Gott sei Dank, weiß Woland alles. Allem voran, dass Mensch und Leser so gut wie gar nichts wissen, umso weniger, je mehr sie glauben, ihr Schicksal selbst in der Hand zu haben: »Doch um irgendetwas lenken zu können, brauchte man, meines Erachtens, einen klaren Plan für eine halbwegs vernünftige Frist. Also gestatten Sie mir die Frage, wie der Mensch etwas lenken kann, wenn er – ganz zu schweigen von seiner Unfähigkeit, einen wie auch immer gearteten Plan für die lächerlich kurze Frist von nur, sagen wir, tausend Jahren zu erstellen – nicht in der Lage ist, seinen eigenen morgigen Tag im Voraus zu verwalten?« (S. 18)
    Der Teufel weiß, wovon er spricht, schließlich hat er nicht nur mit Kant gefrühstückt, sondern kennt auch Pontius Pilatus persönlich. Seine Kraft erschöpft sich allerdings nicht im

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