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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Affäre, ein Gott würde nicht am Galgen landen. Also spricht hier ein Mensch, den einzig von anderen unterscheidet, was ihn am Ende vernichtet: dass er alle Menschen für gute hält.
    In seinen Erinnerungen an Bulgakow erzählt der Schriftsteller Konstantin Paustowski von Bulgakows Angewohnheit, nach dessen endgültigem Aufführungs- und Veröffentlichungsverbot, das ihn zu öffentlichem Verstummen verurteilte, »zuhause beim Tee« Geschichten zu erzählen. In einer davon erfindet Bulgakow (nach Paustowski) sich selbst, den Schriftsteller Bulgakow, der Briefe an einen gewissen Stalin schreibt, die er sämtlich mit »Tarzan« unterzeichnet. Der erfundene Stalin, erst neugierig, dann zunehmend irritiert, schließlich ernsthaft beunruhigt, verlangt, den Briefeschreiber dingfest zu machen. Der erfundene Bulgakow wird gefangen und in den Kreml geführt. Man beginnt, so die Phantasie weiter, lange Gespräche miteinander zu führen, an denen besagter Stalin zunehmend Gefallen findet, die Besuche wiederholen sich, es entwickelt sich eine Art von Freundschaft, der erfundene Stalin fasst Vertrauen und beklagt sich bei Bulgakow: »Verstehst du, Mischa, alle schreien: Er ist genial, genial! Aber ich hab niemanden, mit dem ich mal einen Cognak trinken kann!« (»Michail Bulgakow. Texte, Daten, Bilder«, hg. von Thomas Reschke, S.   77)
    Die hier von Paustowski referierte »Teetischgeschichte«, eine Art »Stille Post« von einer sich selbst rettenden Autorenphantasie in die nächste, ist so unglaubwürdig wie aufschlussreich, reflektiert sie doch Bulgakows (wie Paustowskis) überaus ambivalentes Verhältnis zur Macht, jene (nicht nur für sowjetische Schriftsteller) so typische Mischung aus Selbstüberschätzung (Tarzan) und der damit verbundenen Unterschätzung ihres mächtigen Gegenübers, das in Wahrheit kein Gegenüber, sondern vernichtender Gegner ist. Stalin hatte zwar lange seine schützende Hand über Bulgakow gehalten, war höchstpersönlich ein Dutzend Mal bei Aufführungen von Bulgakows Theaterstück »Die Tage der Turbins« zugegen gewesen und hatte den Autor sogar mit einem persönlichen Telefongespräch überrumpelt, nachdem dieser wiederholt den Antrag auf Ausreise aus der Sowjetunion gestellt hatte – am Aufführungs- und Veröffentlichungsverbot änderte dies freilich nichts. Diese Dynamik spiegelt sich in Ansätzen auch in der Pilatusgeschichte im »Meister«. Jeschua Ha-Nozri ist über- und unterlegen zugleich, naiv wie hellsichtig erkennt er in der Not und Angst seines Gegenübers auch dessen Unterhaltungsgier, die in jene abgrundtiefe Einsamkeit mündet (Wappentier jeder Macht), in der der Mächtige, Verfolger und Verfolgter zugleich, selber zum Gefangenen wird, der genau weiß, dass er sich nicht selbst erlösen kann: »Aber nicht dieser Gedanke erschütterte jetzt Pilatus. Sondern jene unbegreifliche Trostlosigkeit […] erfüllte auf einmal sein ganzes Wesen.« Nur dass ihn jene Trostlosigkeit nicht milde, sondern umso gewalttätiger macht, »getragen von würgender, sengender, schrecklichster Wut«. Jener Wut über das, was der Staatsfeind sagt, denn »unter anderem habe ich [Jeschua] gesagt […], dass jede Staatsmacht die Menschen knechtet. Doch es kommt eine Zeit, in der es keine Macht geben wird, keine Caesaren oder sonstigen Herrscher. Und der Mensch tritt ein in das Reich der Gerechtigkeit und der Wahrheit, das aller Gewalt entbehrt.« (S. 40)
    Mit dieser anmaßenden Rede ist Jeschuas Tod besiegelt. Für den Prediger wie den Schriftsteller kann es kein Teetischgespräch geben und, entgegen sentimentaler Hoffnung, auch keinen Pakt mit dem großen Diktator. Von unsäglicher Hitze und Fliegen gemartert, stirbt Jeschua zwischen den Räubern Dysmas und Gestas, gottverlassen, langsam und qualvoll: keine weinende Mutter am Fuß des Kreuzes, kein Jünger weit und breit, kein Soldat, der um seine Kleider würfelt. Ein grausamer Tod ohne jede Verheißung, weit entfernt vom Gedanken an Auferstehung, einzig von einem Gewitter gekrönt, vor dem sämtliche Zeugen die Flucht ergreifen. Bis auf Levi Matthäus, jenen Zöllner, der geht umher »mit einem Stück Ziegenpergament und schreibt und schreibt unaufhörlich«, wie Jeschua Pilatus berichtet. »Aber einmal warf ich einen Blick in sein Pergament und bekam einen heftigen Schrecken. Denn nichts von dem, was darin geschrieben steht, hätte ich jemals gesagt.«
    »Ich weiß nicht, wer deine Zunge aufgehängt hat, doch hängt sie recht gut«, kommentiert Pontius

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