Meleons magische Schokoladen
erwarten Sie nun?“, fragte Isabell, außer sich vor Zorn. „Dass ich Ihnen um den Hals falle und sage, ich wolle selbstverständlich freiwillig einer Heirat mit Ihnen zustimmen? Eher schlucke ich einen Kachmar, verwandle mich in eine dieser Katzen und zerfetzte Ihnen das Gesicht!“
„Isabell“, mahnte nun auch ihr Vater, aber Meleon lächelte.
„Da ist nun das Feuer, das man braucht, um große Schokoladen zu machen“, sagte er. „Ein Feuer, dessen Wärme mich anzieht – das gebe ich zu. Ich bin mir sogar bewusst, dass ich mir daran die Finger verbrennen könnte. Aber so ist das nun einmal, wenn man sich den Flammen nähert.“ Er wischte sich das Gesicht ab. „Bitte verzeihen Sie mir also, dass ich in meiner Ungeduld so frei war, die Zustimmung Ihrer Eltern zu suchen, noch ehe ich mit Ihnen gesprochen hatte.“
„Das hätte auch nichts geändert“, sagte Isabell. „Und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das Haus verlassen und es niemals mehr betreten würden.“
Meleon verbeugte sich.
„Also muss ich gehen“, sagte er. „Sie hingegen sind in meinem Haus jederzeit willkommen.“ Er bedankte sich bei Isabells Eltern für den schönen Abend, die sichtlich betreten darum baten, er möge doch bleiben, aber er schüttelte den Kopf. „Der höchste Befehl in diesem Haus soll der Ihrer Tochter sein“, sagte er. „Und danach der meine, ganz gleich, wo ich mich befinde.“
„Dann befehle ich, dass Sie ohne weitere Umschweife gehen!“, fauchte Isabell.
Und Meleon gehorchte.
Schmelz
Isabell fand die folgenden Tage kaum erträglich.
Sie vermisste ihre täglichen Lehrstunden, war aber zu stolz und viel zu wütend, um Meleons Laden aufzusuchen. Gleichzeitig tadelten ihre Eltern sie für ihre Sprödigkeit einem solch patenten Mannsbild gegenüber. Sie konnte ihnen nicht begreiflich machen, dass sie vor Meleons magischem Eingreifen eine Ehe mit ihm auf das Nachdrücklichste abgelehnt hätten.
Also saß sie auf ihrem Bett, sehnte sich nach einer guten Tasse Schokolade und grübelte darüber nach, warum Meleon so unvermittelt um ihre Hand angehalten hatte. Bisher war zwischen ihnen nichts geschehen, was einen derartigen Schritt rechtfertigte, keine vertraulichen Blicke, keine versteckten Anspielungen, kein Versuch, sie wie unabsichtlich zu berühren, während er sie in der Zubereitung von Konfekt unterwies.
Sie begann zu argwöhnen, dass die Begegnung mit dem Zauberer Noshar und die unvollständige Rückverwandlung vielleicht alles weitere erst ausgelöst hatten. Vielleicht war er noch teilweise ein Dashân. Vielleicht hatte ihn der magische Angriff durch Noshar härter getroffen als ihm selbst bewusst war.
Oder er zeigte nun sein wahres Gesicht.
Am dritten Tag kam Niklas und überbrachte einen Kasten Pralinen.
„Nimm ihn wieder mit und wirf ihn deinem Herrn an den Kopf! Mit den besten Empfehlungen von Isabell Fechter.“
Niklas sah blass und angegriffen aus.
„Was ist denn nur passiert?“, fragte er. „Warum grollen Sie Meleon?“
„Er glaubt doch nicht wirklich, ich würde noch irgendetwas anrühren, das er hergestellt hat!“
Niklas sah unglücklich auf den dunkelbraunen Kasten mit dem goldenen Schriftzug.
„Sie sind aber hervorragend gelungen“, sagte er.
„Genau das befürchte ich. Diese Pralinen sollen doch nichts anderes bezwecken, als mich umzustimmen.“
„Gewiss“, erwiderte Niklas. „Sie sind wahre Meisterwerke. Weiße Schokolade mit einer Füllung aus kandierten Hibiskusblüten. Milchschokolade mit Rumpflaumengelee. Und schließlich schokolierte grüne Pfefferkörner auf hellen und dunklen Schokoladenwolken.“
Isabell hätte beinahe leer geschluckt.
„Meleon hat doch nur vor, mich zu bezaubern!“
Niklas verneigte sich.
„Genau das“, sagte er. „Meleons Schokoladen bezaubern. Unfehlbar.“
Isabell hob abwehrend beide Hände.
„Du nimmst dieses Teufelszeug und kehrst damit in den Laden zurück, wo Herr Meleon sicher Käufer dafür finden wird!“
Niklas gab sich nicht so leicht geschlagen.
„Meleon sagt, er will diese Sorten niemals für irgendwen machen, außer für Sie. Er hat darüber gebrütet, seit Sie ihn fortgeschickt haben. Dutzende der wunderbarsten Pralinen hat er geschaffen, wie sie die Welt zuvor nicht kannte, und sie verworfen, weil sie nicht gut genug waren. Er schläft nicht. Rastlos läuft er durch die Küche und vernachlässigt das Geschäft. Sie müssen diese Pralinen einfach nehmen!“
Isabell beugte sich vor.
„Sag, Niklas,
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