Meleons magische Schokoladen
nahm mit leerem Blick eine Praline und steckte sie sich in den Mund.
Dann beschrieb Meleon eine seitliche Bewegung mit dem Zeigefinger und als sei es fein säuberlich einstudiert worden, sank einer nach dem anderen vor ihm auf die Knie.
Meleon ergriff Isabells Hand.
„Danke für die Gastfreundschaf, die ihr mir stets und unter allen Umständen gewähren werdet“, sagte er. „Im Gegenzug gewähre ich Fürsorge und Obhut. Erwacht nun zu eurem alltäglichen Leben, doch wisst, dass ich Meleon bin, in dessen Diensten ihr fürderhin steht!“
Isabells Vater schüttelte sich, wie jemand, der bittere Medizin geschluckt hat. Plötzlich lief alles durcheinander.
Meleon schnalzte.
„Aber, aber, weshalb denn diese Konfusion?“, fragte er. „Ich bin sicher, ein jeder hat Aufgaben, die es zu erfüllen gilt. Man will uns gewiss ein festliches Abendessen vorsetzen und sich für den Anlass passend kleiden.“
Er ging zur Haustür und wie ein Schwarm schillernder Vögel flogen die Sphären hinaus.
„Sie werden nun über diese Familie und dieses Haus wachen“, sagte er zu Isabell. „Schaden kann nicht eindringen, es sei denn Noshar erschiene höchst selbst.“
Isabell kam es vor, als hebe sich ein Schleier, der sie davon abgehalten hatte, einzugreifen. Sie holte Meleon an der Haustür ein und versetzte ihm eine weithin hallende Ohrfeige.
„Was fällt Ihnen eigentlich ein? Habe ich Sie gebeten, meine Familie zu behexen? Heben Sie diesen Zauber sofort wieder auf!“
„Ich denke gar nicht daran. Es wäre auf Dauer alles viel zu mühsam und letztlich gefährlich. Phineas könnte auf Sie aufmerksam werden. Da ist es schon wünschenswert, dass Ihr Elternhaus beschützt wird.“
„Ich rede nicht von den flirrenden Kugeln, sondern von den Pralinen. Was bewirken sie?“
„Dass es künftig keine Schwierigkeiten geben wird, wenn Sie länger ausbleiben. Man kennt mich nun hier und wird freundlich eingestellt sein, auch wenn ich die eine oder andere Zumutung ausspreche.“
„Also ist es wahr! Sie sind ein dunkler Magier, wie Phineas behauptet.“
Meleon lächelte.
„Dunkel? So kann man es auch nennen.“
„Er hat mich gewarnt“, sagte Isabell. „Er hat mich gewarnt und ich habe ihm gesagt, er soll sich davon scheren! Ich habe mir Sorgen gemacht, als Sie fort waren…“
Meleons Lächeln wurde breiter.
„So soll es sein“, sagte er. „Und nun wollen wir essen!“
Der Esstisch war mit dem besten Geschirr und Silber gedeckt. Unter Meleons Blick wandelte sich die Farbe der Kerzenflammen zu Gold.
Isabells Eltern hatten sich ausstaffiert wie zu einem Ball. Sie luden Meleon mit Wärme ein, doch Platz zu nehmen. Isabells Vater unterhielt den Gast mit Anekdoten aus seiner Praxis. Meleon zeigte sich interessiert und fragte die Hausherrin dann nach ihren liebsten Beschäftigungen. Man behandelte ihn am Tisch wie einen geschätzten Freund der Familie. Nur Isabell starrte ihn wütend an und fühlte sich versucht, ihm den Inhalt der Sauciere in den Schoß zu gießen.
Sie fuhr zusammen, als ihr Vater sagte: „Ich hab es so verstanden, dass Sie ein Magier sind, Herr Meleon. Ist das nicht ein recht strapaziöser Beruf?“
„Bisweilen“, sagte Meleon. „Doch er besitzt auch seine guten Seiten. Ich meinerseits habe den allergrößten Respekt vor Männern, die sich der ärztlichen Tätigkeit widmen. Heilen ist eine Kunst, die nahe an die Magie grenzt. Uns verbindet dementsprechend einiges. Das bringt mich auf den Anlass meines Besuches, Dr. Fechter. Da wir hier so nett beisammen sitzen, scheint die Gelegenheit günstig, Sie mit meinem Anliegen zu belästigen. Kurz gesagt würde ich hiermit gerne um die Hand Ihrer Tochter anhalten. Was denken Sie darüber?“
„Warum nicht?“, sagte Isabells Vater gutgelaunt.
Isabell nahm die Sauciere. Sie hielt sich nicht damit auf, sie über Meleons Schoß auszugießen, sondern kippte ihm die warme Soße direkt ins Gesicht.
„Das haben Sie sich ja fein ausgedacht! Aber da haben Sie wohl vergessen, Ihre letzte Praline zu verteilen!“
„Isabell“, sagte Mutter schockiert. „Wie kannst du Herrn Meleon so vor den Kopf stoßen?“
Meleon stand auf. Ihm troff fettige Soße vom Gesicht auf den Kragen.
„Ja!“, sagte er. „Ich habe die letzte Praline nicht vergeben. Weil es Unheil bringen würde. Gefühle kann man nicht erzwingen. Versucht man es trotzdem, erntet man böse Frucht. Und es gibt Geschenke, die bitter schmecken, wenn man sie jemandem abpresst.“
„Und was
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