Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
sie mit einem Harfenklang. Ei, wie da die Prinzessin lachte und nach den Regenbogenblasen haschte!
Als sich der Abend ankündigte und die Sonne ihr Licht zurückzog, verabschiedete sich Aurelia vom Lavendelpferd und dem Roseneinhorn, tauchte noch einmal ihr Näschen in ihre duftenden Felle und verschwand dann durch das Loch in der Mauer.
„ Du strahlst ja heller als die Sonne“, meinte der Hauptmann, der getreulich Wache gehalten hatte.
„ Ich darf wieder nach Hause! Der Garten hat es mir gesagt.“
„ Ich würde dich vermissen, kleine Prinzessin. Aber ich wünsche es dir sehr, dass der Fürst dich bald in deine Heimat zurückschickt. Es hat ja alles keinen Sinn gehabt. Dich Sonnenkind zu entführen, hat die Lage im Land nicht verbessert. Es muss wohl einen anderen Grund dafür geben, dass dein Land hinter den Bergen gedeiht und unseres hier darbt und vergeht.“
„ Sei nicht traurig, lieber Hauptmann, alles wird gut.“
Ermüdet legte ich nun Block und Stift zur Seite. Ich war hochzufrieden. Aurelia, was für ein schöner Name! Und erst das Lavendelpferd und das Roseneinhorn! Oh ja, das gefiel mir. Ich gähnte herzhaft und ging nach oben ins Schlafzimmer. Länger wollte ich nicht auf Robert warten. Kaum, dass ich im Bett lag, hörte ich den Schlüssel in der Haustür. Dann knarrten die Stufen und mein Mann öffnete leise die Schlafzimmertür.
„ Schläfst du schon“, flüsterte er.
„ Ja. Nein. Such dir was aus“, witzelte ich.
Robert kam zu mir rüber gehuscht, machte die Nachttischlampe an und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Er roch auffallend intensiv nach Schweiß.
„ Ich gehe noch schnell unter die Dusche und komme dann auch ins Bett.“
„ Wo warst du denn so lange“, wollte ich wissen.
Robert zögerte kurz mit der Antwort. Er setzte eine selbstzufriedene Miene auf und sagte: „Ich habe in alten Zeiten geschwelgt.“ In seinem Blick lag etwas, das schwer zu deuten war. Ich sah dort eine Mischung aus List und Triumph und sogar ein gefährliches Glitzern. Mir war klar, dass er mir nicht sagen würde, worin die „Schwelgerei“ bestanden hatte. So gut kannte ich ihn durchaus nach all den Jahren.
Was hatte er getan?
Roberts Geständnis
Eine anstrengende Zeit lag hinter uns. Ich hatte an der Illustration der Märchen und den Buchcovern gearbeitet, denn der Abgabetermin rückte immer näher. Außerdem gab es jetzt im Garten viel zu ernten. Miri und Mutter halfen, aber das meiste blieb eben doch an mir hängen, auch das Kochen und Haltbarmachen der Überschüsse. Dann hatte ich auch einen Streit mit Miri, den ich so leicht nicht vergessen würde. Sie bekam einen Wutanfall, als ich ihr vom Deal mit ihrem Klassenlehrer erzählte. Sie würde sich eher aus dem Fenster stürzen, als einen „Bekloppten-Arzt“ aufzusuchen, ob ich sie nicht gleich in die Irrenanstalt bringen wolle, und so weiter. Ganz große Drama-Queen. Wenigstens hatte der Ärger etwas Farbe in ihr sonst so blasses Gesicht gebracht. Robert versuchte es mit einem Machtwort, was aber nur zur Folge hatte, dass sie sich zwei Tage und Nächte in ihr Zimmer einsperrte. Ich hörte aber, wie sie des Nachts in die Küche schlich, um etwas zu essen.
Es gab auch Gutes in diesen letzten Tagen vor Schulbeginn: Wir hatten einen großen Auftrag an Land gezogen, der uns mindestens 18.000 € einbringen würde. Eine komplette Gartenanlage in Marktredwitz um einen Neubau herum. Das Unternehmerehepaar wollte ihn nach Feng Shui Prinzipien angelegt haben, was uns intensive Studien der entsprechenden Literatur einbrockte, einschließlich einiger Internetseiten. Wir hatten zwar damals unseren Kräutergarten nach Feng Shui angelegt, aber unser Wissen war ziemlich eingerostet. Robert hatte durchaus Recht, dass wir diesen Auftrag nicht deswegen ablehnen konnten, nur weil wir keine echten Experten dafür waren. Learning by doing! Wir brauchten das Geld und hofften einfach, überzeugend zu sein in der Gestaltung des Anwesens. Aber das Schönste war, dass Hannah sich zu einem Besuch angekündigt hatte! Wir wollten einen Grillabend mit der Familie machen, am Abend bevor Miri und ich Mutter zurück nach Sylt bringen würden. Was das Allerbeste war: der unheimliche Kerl war nicht mehr aufgetaucht. Ich hoffte inbrünstig, dass er das Interesse an Miri auf Dauer verloren hatte.
Ja, und dann war es endlich soweit! Freitagnachmittag holte ich Hannah mit unserem alten Auto vom Stuttgarter Bahnhof ab. So hatte ich sie während der
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