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Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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vor zwei Jahren ausgefüllt. Ich war als Betreuerin eingesetzt und sie hatte mir auch Kontovollmacht verliehen, und so konnte ich zügig handeln und ihre Interessen vertreten. Das machte alles erheblich leichter.
    Die Sommerferien waren nun vorbei. Seit heute musste Miri wieder zur Schule. Sie hatte dermaßen am Morgen getrödelt, dass ich sie mit dem Auto zur Schule bringen musste, denn noch mehr Auffälligkeiten konnte sie sich nicht leisten, auch nicht ein Zuspätkommen am ersten Schultag. Ich setzte sie in der Nähe der Schule ab, nicht direkt davor, damit es kein Gerede gab. Ich behielt sie im Auge, bis sie im Schulgebäude verschwand. Robert war während meiner Abwesenheit mit weiteren Planungen für den Feng Shui Garten beschäftigt. Ich holte ihn anschließend von zuhause ab und wir fuhren nach Waiblingen ins Krankenhaus. Mutter war hocherfreut uns zu sehen.
    „ Oh, wie schön, meine Kinder, ihr seid da. Ihr habt euch so lange nicht blicken lassen, ich warte doch schon seit Tagen auf euch. Wo bleibt ihr denn? Wisst ihr schon, dass die Ärzte mich operiert haben? Und heute Morgen ist Walther zu Besuch da gewesen. Ich glaube, er liegt hier auf einer anderen Station.“
    „ Hallo Mutter“, grüßte Robert unbefangen und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn. Ich hingegen tat mich schwer, ihre geistige Verwirrung anzunehmen. Die Sozialarbeiterin hatte mir am Anfang ihres Aufenthaltes gleich einen Flyer gegeben zum Thema Validierung und Umgang mit Demenz. Doch die Richtlinien in die Praxis umzusetzen, war für mich nicht leicht. Ich nahm mich zusammen und entgegnete nicht gekränkt, dass ich sie doch jeden einzelnen Tag besucht hätte. Sie wusste es eben nicht besser.
    „ Mama, schön dich zu sehen. Du bist operiert worden? Das tut mir Leid für dich. Fühlst du dich denn schon besser? Und wenn du Onkel Walther wiedersiehst, dann grüße ihn bitte von mir.“
    Mutter strahlte. „Ja, das werde ich tun. Und ich sage ihm, er soll das nächste Mal meine Schwester mitbringen.“
    Ich lächelte meine Mutter an und verbarg meinen Schmerz so gut ich konnte. „Schau, wir haben dir die ersten Äpfel mitgebracht. Soll ich dir einen aufschneiden?“
    Robert nahm sich einen Stuhl und setzte sich ans Bett. „Sag, Johanna, hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, was nach dem Krankenhaus sein wird?“
    „ Wie meinst du das, danach bin ich zuhause, was sonst.“
    Ring frei zur ersten Runde. Ich griff nach dem Obstmesser und schälte und schnitt sorgfältig und langsam den Klarapfel und überließ meinem Mann das Gespräch in der Hoffnung, dass sie auf ihn weniger aggressiv reagieren würde. Mein erster Versuch, ihr die Vorteile eines Pflegeheimes näher zu bringen, war am Vortag gescheitert.
    „ Nun, du musst doch erst wieder richtig das Laufen lernen. Wer soll sich denn um dich kümmern? Du wirst noch lange nicht einkaufen gehen können oder deinen Haushalt machen. Meinst du nicht auch, dass etwas Hilfe und Pflege dir gut tun würde?“
     
    Mutter winkte verächtlich ab. Sie kniff ihren Mund zusammen und Unzufriedenheit strömte aus jeder einzelnen Pore ihrer Haut. Ich reichte ihr den Apfel in einem Schälchen und nickte Robert aufmunternd zu.
    „ Weißt du, wir würden es gerne sehen, wenn du in unserer Nähe wärest. Hier im Remstal. Dann hätten wir es nicht so weit, wenn wir dich besuchen wollen oder wenn du unsere Hilfe brauchst. Und die Ärzte sagen auch, es wird noch lange dauern, ehe du wieder kräftig sein wirst.“
    „ Ach, diese Quacksalber. Ich kann doch längst wieder laufen. Heute Morgen erst bin ich am Strand gewesen und habe Muscheln gesammelt. Ich habe schon das Taxi bestellt. Das kommt gleich und bringt mich nach Westerland zurück.“
    Robert und ich tauschten einen Blick aus und gaben den Versuch auf. Wir sprachen mit ihr über das, was sie beschäftigte und verhätschelten sie. Nach zwei Stunden fuhren wir nach Hause.
     
    Nach dem Mittagessen am nächsten Tag musste ich mich etwas hinlegen. Die Aufregung der letzten Zeit hatte mir sehr zugesetzt. Ich brauchte etwas Kraft, auch in Hinsicht auf den anstehenden Kurs der Volkshochschule. Vergeblich versuchte ich zu schlafen. Nach einiger Zeit stand ich auf und holte mir meinen Schreibblock. Warum nicht ins Land der Märchen flüchten? Dieses Mal wollte ich aber nicht im Korbsessel schreiben. Ich ging raus zur Linde und setzte mich auf die Bank. Thaddäus schien sich zu freuen und nickte mir aufmunternd zu und wackelte mit den Ohren. Na gut,

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