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Melmoth der Wanderer

Melmoth der Wanderer

Titel: Melmoth der Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles R. Maturin
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Bewegungen irgendwie gelockert, da Isidora ihnen den toten Körper der kleinen Tochter in die Hände legte. Den Hals des elenden, in tiefster Seelenqual geborenen und im Kerker gesäugten Kindes umlief eine schwärzliche Linie, auf welchen ungewöhnlichen Umstand vor dem Heiligen Offizium gebührend hinzuweisen die beiden Offizialen nicht versäumten. Von manchen ward solche Linie für das Zeichen gehalten, welches der Böse dem Kind bei dessen Geburt aufgeprägt, – von anderen hinwiederum für die schreckliche Auswirkung mütterlicher Verzweiflung.
    So wurde beschlossen, die Gefangene solle innerhalb eines Tages erneut vor dem Tribunal erscheinen, um über ihres Kindes Tod Aufschluß zu geben.
    Allein, es war noch nicht die Hälfte dieser Frist verstrichen, als ein mächtiger Arm als jener der Inquisition nach der Gefangenen griff, – ein Arm, der zwar zu drohen schien, doch bloß zur Errettung ausgestreckt wurde, und vor dessen Zugriff sogar die Mauern der gefürchteten Inquisition so schwach und mürbe waren wie jene Festung, so da die Spinne sich in deren Winkeln wob: Isidora starb dahin an einer Krankheit, welche durchaus nicht tödlich ist, dieweil sie in keinem Sterberegister als Todesursache verzeichnet steht, – sie starb an einer innerlichen und unheilbaren Wunde, – sie starb an einem gebrochenen Herzen.
    Sobald die Inquisitoren sich zur Gänze davon überzeugt hatten, daß auch durch die Folter, ganz gleich ob körperlicher oder seelischer Art, nichts mehr aus Isidora herauszubringen war, ließen sie sie unbehelligt sterben und gewährten ihr die letzte Bitte, indem sie dem Pater José gestatteten, jene zu besuchen.

     
    Es war Mitternacht, doch war deren Anbruch nicht bekannt an einem Ort, wo Tag und Nacht einander glichen. Eine trübe Funzel ersetzte zur Nacht den ebenso trübselig sich in die Zelle zwängenden Strahl des Tageslichts. Die Büßerin lag auf ihr Ruhelager hingestreckt, – der so menschlich fühlende Gottesmann saß ihr zur Seite. Und verlieh seine Gegenwart solchem Beisammensein auch nicht die angemessene Würde, so sänftigte er den Augenblick doch zumindest durch den Hauch der Menschlichkeit.
    ›Mein Vater‹, sagte die hinscheidende Isidora, – ›Ihr habt mich von aller Sünde losgesprochen.‹
    ›Jawohl, mein Tochter‹, antwortete der Priester. ›Du hast mir ja versichert, daß du keine Schuld am Tode deines Kindes trägst.‹
    ›Ihr könnt mich nimmermehr einer Schuld verdächtigt haben‹, versetzte Isidora, indem sie sich beschwörend von ihrem Strohsack aufzurichten suchte. ›Das Wissen um sein Leben, es hätte auch mich am Leben erhalten, sogar zwischen Kerkermauern. Oh, mein Vater, wie aber hätte es am Leben bleiben können, begraben mit mir an diesem schrecklichen Ort, und dies fast schon mit seinem ersten Atemzug? Und noch die fieberheiße Nahrung, die ich ihm bieten konnte, sie war mir ja versiegt, sobald man mir mein Urteil verkündet hatte. So wimmerte das Kleine denn die ganze Nacht, – erst gegen Morgen wurd’ sein Klagen schwächer, und ich war dessen froh, – da es aber zuletzt ganz verstummte, war ich zutiefst – beglückt!‹ Als sie aber von so fürchterlichem Glück sprach, weinte sie.
    ›Meine Tochter, ist nunmehr dein Herz befreit von jener schrecklichen und unheilvollen Bindung, welche ihm hier zum Verderben, in jener andern Welt aber zur Ewigen Verdammnis gereichte?‹
    Erst nach geraumer Zeit vermochte Isidora zu antworten. Schließlich sagte sie mit gebrochener Stimme: ›Mein Vater, ich hab’ nun nicht mehr die Kraft, mein Herz zu durchforschen oder gar gegen dasselbe anzukämpfen. Schon kommt ja der Tod heran, welcher jegliche Bande, darein es verstrickt gewesen, zerreißen wird, und es führt zu nichts, solche Befreiung vorwegnehmen zu wollen. All die Anstrengung, sie hätte bloß eine Peinigung der Seele zur Folge, nichts als fruchtlose Seelenpein, dieweil ich ja, solange noch ein Funke Leben in mir ist, den Zerstörer dieses Herzens lieben muß! Ach! Da er doch der Feind ist aller Menschen, muß da seine Feindschaft nicht auch für mich eine unausweichliche und schicksalshafte gewesen sein? Und dennoch: indem ich ihn seinem Schicksal überlassen und mich lieber meinem eigenen unterworfen habe –, empfinde ich meinen letzten, meinen höchsten Triumph, dieweil ich weiß, daß ich nun der Erlösung gewiß sein kann.‹
    ›Tochter, ich verstehe nicht!‹
    ›Melmoth‹, sprach Isidora mit Mühe ›Melmoth ist vergangene Nacht hier

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