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Melodie der Leidenschaft

Melodie der Leidenschaft

Titel: Melodie der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chantelle Shaw
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hatte. „Dann iss noch mehr davon. Am besten so: Einen Blini mit saurer Sahne bestreichen, darauf etwas Kaviar geben und dann genießen.“
    Ella befolgte seinen Rat und stellte bestürzt fest, dass ihre Hände zitterten. Hätte Nicolaj sie eben in seine Arme gezogen und geliebt, mitten im Restaurant – sie hätte ihn nicht davon abhalten können. Voller Panik wünschte sie, der Abend wäre schon vorbei. Nicolaj löste Dinge in ihr aus, die sie noch nie empfunden hatte. Ihr Körper war angespannt, ihre Sinne waren schmerzlich geschärft und ihre fest gewordenen Brustspitzen deutlich unter dem roten Seidenkleid zu erkennen. Sie schluckte, als Nicolaj den Blick vielsagend zu ihren Brüsten gleiten ließ.
    „Bist du noch oft in Russland?“, fragte sie schnell.
    „Ich habe ein Haus am Rande von Moskau, bin aber nur ein- oder zweimal im Jahr dort. Meine geschäftlichen Interessen konzentrieren sich auf Europa.“
    „Lebt deine Familie noch in Russland?“
    Einen Moment lang flackerte ein so tiefer Schmerz in seinen Augen auf, dass sie erschrak. Doch schnell war seine Miene wieder undurchdringlich. „Ich habe keine Familie“, sagte er schlicht. „Mein Vater und meine Großmutter, die mich aufgezogen haben, sind schon vor vielen Jahren gestorben.“
    Instinktiv spürte Ella, dass diese beiden Menschen nichts mit dem Schmerz in seinem Blick zu tun hatten. „Und deine Mutter?“, fragte sie.
    „Sie hat uns verlassen, als ich sieben oder acht war.“ Nicolaj zuckte die Schultern. „Mein Vater war ein harter Mann und meistens mit seiner Arbeit oder seinen Pflichten als Funktionär der kommunistischen Partei beschäftigt. Soweit ich weiß, war meine Mutter deutlich jünger als er. Ich erinnere mich dunkel, wie sie manchmal lächelte. Mein Vater und meine Großmutter taten das nie. Wahrscheinlich träumte sie von einem schöneren Leben.“
    „Sie hat dich einfach zurückgelassen.“ Ella verspürte einen Stich im Herzen, als sie sich Nicolaj als einsamen kleinen Jungen vorstellte. „War deine Großmutter ein lieber Mensch? Ich meine, hat sie sich gut um dich gekümmert?“
    Nicolaj lächelte ironisch. „Sie stammte aus einem sehr abgelegenen Dorf in Sibirien, wo im Winter oft Temperaturen von minus dreißig Grad herrschen. Sie war so rau wie das Klima, in dem sie aufgewachsen war. Bei meiner Geburt war sie über siebzig und hatte sicher keine Lust, in ihrem Alter noch die Elternrolle zu übernehmen. Jedenfalls schien sie sich nie über meine Anwesenheit zu freuen, und sie hatte trotz ihres Alters eine ziemlich eiserne Hand mit dem Gürtel. Als ich schnell genug laufen konnte, um ihr zu entkommen, gab sie die Prügelpflicht an meinen Vater weiter“, fuhr er ausdruckslos fort.
    Ella war blass geworden. „Das klingt ja schrecklich!“
    Er zuckte erneut die Schultern. „Ich habe es überlebt. Verglichen mit den zwei Jahren bei der Armee war meine Kindheit geradezu ein Vergnügen.“
    Mehr sagte er dazu nicht. Doch Ella hatte einmal einen Artikel über die russische Armee gelesen, in der Schikanen und Gewalt gegen die jungen Rekruten an der Tagesordnung waren. Nicolaj musste gelernt haben, damit umzugehen – körperlich wie seelisch. Sie zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden und den Hauptgang zu essen, der inzwischen gebracht worden war.
    Die Seezunge war köstlich, aber Ella hatte keinen Appetit mehr. Immer wieder musste sie an den Schmerz denken, der sich bei ihrer Frage nach Nicolajs Familie in seinen Augen gespiegelt hatte. Sicher gab es mehr in seiner Vergangenheit, das er verschwieg.
    „Hast du je versucht, deine Mutter zu finden?“, fragte sie.
    Nicolaj aß den letzten Bissen Fisch und trank einen Schluck Wein. „Warum sollte ich? Sie hat mich verlassen, als ich sie sehr brauchte. Daraus habe ich gelernt, dass man nie auf einen anderen Menschen vertrauen sollte.“
    Seine Stimme klang ruhig, aber Ella war sicher, dass ihn dieses Erlebnis zutiefst erschüttert hatte. Aus eigener Erfahrung wusste sie, wie lange die Wunden schmerzen konnten, die einem in der Kindheit zugefügt wurden. Zumindest verstand sie jetzt, warum Nicolaj den Ruf eines Casanovas hatte, der sich an keine seiner Frauen binden wollte.
    Er und sie hatten beide in ihrer Jugend Einschneidendes erlebt, das sich noch immer auf ihr Leben auswirkte. Auch Ella lehnte eine feste Beziehung ab, vom Heiraten ganz zu schweigen. Doch warum sollte sie sich nicht auf eine unverbindliche Affäre mit ihm einlassen, bei der ihr Herz ungeschoren

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