Melodie der Liebe
ihr begegnete. Ich war ein berühmter junger Komponist und hatte eigentlich nur die Musik im Kopf. Und das Vergnügen. Als ich sie sah, wollte ich sie.“
Natasha starrte in ihr Glas, sah die Perlen aufsteigen. „Und sie wollte dich.“
„Auf ihre Art, ja. Was wir füreinander empfanden, war oberflächlich. Und schließlich sogar zerstörerisch. So hart es klingt, ich liebte schöne Dinge.“ Er nahm einen Schluck und lachte. „Und ich war es gewöhnt, sie zu bekommen. Angela war exquisit, wie eine anmutige Porzellanpuppe. Wir bewegten uns in denselben Kreisen, mochten dieselbe Literatur und Musik.“
„Es ist wichtig, Gemeinsamkeiten zu haben.“ Sie kam sich auf einmal sehr provinziell und unscheinbar vor.
„Oh, davon hatten wir reichlich. Sie war ebenso verwöhnt und verzogen wie ich, genauso ichbezogen und ehrgeizig.“
„Du bist zu hart zu dir.“
„Du kanntest mich damals nicht.“ Glücklicherweisenicht, fügte er in Gedanken hinzu. „Ich war ein reicher junger Mann, für den alles ganz selbstverständlich war, weil ich es nie anders gekannt hatte.“
„Als Nachteil können das wohl nur Menschen ansehen, die reich geboren wurden.“
Er warf ihr einen Blick zu. Sie saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett, ihr Glas in beiden Händen, und sah ihn ernst an. „Ja, da hast du Recht“, fuhr er fort. „Ich frage mich, was geworden wäre, wenn ich dich mit fünfundzwanzig getroffen hätte … Jedenfalls heirateten Angela und ich nach weniger als einem Jahr. Die Tinte auf der Heiratsurkunde war noch nicht richtig trocken, da ödeten wir uns bereits an.“
„Warum?“
„Ich glaube, wir waren uns viel zu ähnlich. Als unsere Ehe zu zerbrechen begann, wollte ich sie unbedingt kitten. Weil ich unter allen Umständen einen Misserfolg verhindern wollte, denn bisher war ich ja bei allem erfolgreich gewesen. Ich liebte nicht Angela. Ich liebte das Bild, das ich mir von ihr machte, und das Bild, das wir beide zusammen abgaben.“
„Ja.“ Sie dachte an sich und ihre Gefühle für Anthony. „Ich verstehe.“
„Wirklich? Ich habe Jahre gebraucht, bis ich es verstand. Und als ich es endlich kapiert hatte, war alles nicht mehr so einfach.“
„Freddie“, sagte Natasha.
„Ja, Freddie. Angela und ich führten eine … zivilisierte Ehe. Privat hatten wir uns nichts mehr zu sagen, aber in der Öffentlichkeit, vor anderen Leuten benahmen wir uns zivilisiert. Eine solche Ehe ist erniedrigend, grauenhaft. Ein Betrug an beiden Seiten. Eines Tages kam sie wutentbrannt nach Hause. Ich weiß noch genau, wie sie ihren Nerz abschüttelte und zur Bar ging. Sie goss sich einen Drink ein, schüttete ihn herunter und schleuderte das Glas an die Wand. Dann erzählte sie mir, dass sie schwanger sei.“
In Natasha krampfte sich etwas zusammen. „War dir das recht?“
„Ich weiß nicht. Ich war wie vom Donner getroffen. Wir hatten nie Kinder gewollt, waren ja selbst noch welche. Angela hatte ihre Entscheidung schon getroffen. Sie wollte nach Europa in eine Privatklinik, um einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Sie erzählte mir schon am selben Tag davon.“
Natasha schloss die Augen. „Wolltest du das auch?“
Wie gern hätte er jetzt mit einem deutlichen Nein geantwortet. „Es schien vernünftig. Unsere Ehe war kaputt, an ein Kind hatte ich nie gedacht. Trotzdem platzte mir der Kragen. Wahrscheinlich weil es wieder einmal die leichteste Lösung gewesen wäre, für beide von uns. Sie wollte, dass ichmit den Fingern schnippte und ihr diese … Unbequemlichkeit aus dem Weg räumte.“
Sie starrte auf ihre geballte Faust. Seine Worte gingen ihr durch und durch. „Was hast du getan?“
„Ich habe ein Geschäft mit ihr gemacht. Sie würde das Kind bekommen, und wir würden versuchen, unsere Ehe zu retten. Bei einer Abtreibung hätte ich mich scheiden lassen und dafür gesorgt, dass sie vom Kimball-Vermögen nicht annähernd das bekommt, was sie sich erhoffte.“
„Weil du das Kind wolltest?“
„Nein.“ Es war ein schmerzhaftes Eingeständnis. Eines, das ihm noch immer schwer fiel. „Ich glaube, ich habe gehofft, durch ein gemeinsames Kind die Ehe wieder in den Griff zu bekommen.“
Natasha schwieg einen Moment lang. „Manche Menschen glauben, mit einem Baby etwas Kaputtes reparieren zu können.“
„Und das funktioniert nicht“, beendete er den Satz für sie. „Und das kann es auch nicht. Vielleicht ist das gut so. Als Freddie zur Welt kam, fingen meine Probleme mit der Musik
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