Melodie der Liebe
Ausreden. Das haben wir alles hinter uns. Sag mir, dass du mir glaubst.“
Sie sah ihm in die Augen und erkannte in ihnen, was sie schon wusste. „Ja, ich glaube dir.“
„Dann sag mir, was du fühlst. Ich muss es wissen.“
Er hatte ein Recht, es zu erfahren. Doch die in ihr aufsteigende Panik hinterließ einen schalen Geschmack auf der Zunge. „Ich liebe dich. Und ich habe Angst.“
Er hob ihre Hand an die Lippen und küsste sie fest auf die Finger. „Warum?“
„Weil ich schon einmal jemanden geliebt habe und es ein bitteres Ende genommen hat.“
Da war er wieder, der Schatten aus ihrer Vergangenheit, gegen den er nichts ausrichten konnte, weil er namenlos war. „Keiner von uns ist in seinem bisherigen Leben ohne Narben davongekommen, Natasha. Aber wir haben die Chance, etwas Neues, etwas Bedeutendes zu schaffen.“
Sie wusste, dass er Recht hatte. Fühlte es. Dennoch zögerte sie. „Ich wünschte, ich wäre mir da so sicher. Spence, es gibt Dinge, die du über mich noch nicht weißt.“
„Dass du Tänzerin warst?“
Sie zog sich das Laken über die Brust und setzte sich auf. „Ja, das war früher.“
„Warum hast du mir nie davon erzählt?“
„Weil es vorbei ist.“
Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht. „Warum hast du mit dem Tanzen aufgehört?“
„Ich musste mich entscheiden.“ Der Schmerz kehrte zurück, aber nur kurz. Sie lächelte ihn an. „Ich war nicht so gut. Oh, ich war begabt, und eines Tages wäre ich vielleicht sogar eine Primaballerina geworden. Vielleicht … Es gab eine Zeit, da habe ich davon geträumt.“
„Möchtest du darüber reden?“
Es würde der Anfang sein, das wusste sie. „Ichhoffe, du erwartest nichts Aufregendes.“ Sie hob die Hände, ließ sie aufs Laken fallen. „Ich fing spät damit an. Erst nachdem wir hierher kamen. Über die Kirche lernten meine Eltern Martina Latova kennen. Sie war vor vielen Jahren eine berühmte russische Tänzerin und ist geflohen. Sie wurde die Freundin meiner Mutter und bot an, mir Ballettstunden zu geben. Das Tanzen tat mir gut. Mein Englisch war schwach, und deshalb fand ich schwer Freunde. Es war alles so anders hier.“
„Ja, das kann ich mir vorstellen.“
„Damals war ich fast acht. In dem Alter ist es schon schwierig, dem Körper Bewegungen beizubringen, für die er nicht geschaffen ist. Aber ich habe hart gearbeitet. Meine Eltern waren so stolz.“ Sie lachte, aber ohne Bitterkeit. „Papa war überzeugt, dass ich die nächste Pawlowa werden würde. Als ich zum ersten Mal auf der Spitze tanzte, hat Mama geweint. Das Tanzen kann einen besessen machen, kann einem Freude und Schmerz bereiten. Es ist eine völlig andere Welt, Spence. Ich kann es nicht erklären. Man muss dazugehören.“
„Du brauchst es nicht zu erklären.“
Sie sah auf. „Natürlich. Du verstehst es“, murmelte sie. „Wegen deiner Musik. Ich war fast sechzehn, als ich in das Corps de Ballet eintrat. Es war wunderbar. Vielleicht wusste ich nicht, dass es noch andere Welten gibt, aber ich war glücklich.“
„Und was geschah dann?“
„Es gab da einen Tänzer.“ Sie schloss die Augen. Jetzt kam es auf jedes Wort an. „Du hast bestimmt schon von ihm gehört. Anthony Marshall.“
„Ja.“ Sofort hatte Spence das Bild eines hoch gewachsenen, blonden Mannes mit schlanker Figur und unglaublicher Grazie vor Augen. „Ich habe ihn oft tanzen sehen.“
„Er war fantastisch. Ist es“, verbesserte sie sich. „Allerdings habe ich seit Jahren kein Ballett mehr mit ihm gesehen. Zwischen uns entwickelte sich eine Beziehung. Ich war jung. Zu jung. Und es war ein gewaltiger Fehler.“
Jetzt hatte der Schatten endlich einen Namen. „Du hast ihn geliebt.“
„Oh ja. Auf naive und idealistische Art. So wie ein Mädchen mit siebzehn liebt. Und ich glaubte, dass er mich auch liebte. Jedenfalls behauptete er es. Mit Worten und Taten. Er war sehr charmant, romantisch … und ich wollte ihm glauben. Er versprach mir die Ehe, eine Zukunft, eine Tanzpartnerschaft, all die Dinge, die ich hören wollte. Er hat alle Versprechen gebrochen – und mein Herz.“
„Deshalb willst du jetzt von mir keine Versprechen hören.“
„Du bist nicht Anthony“, flüsterte sie und hob die Hand an seine Wange. „Glaub mir, das weiß ich. Und ich vergleiche nicht. Ich bin nicht mehrdie Frau, die ihre Träume auf ein paar dahingesagte Worte baut.“
„Kein Wort von mir war so einfach dahingesagt.“
„Nein.“ Sie beugte sich vor, um ihre Wange an seine zu
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