Melodie der Sehnsucht (German Edition)
hinaufklettern konnte.
Sabine fror jetzt nicht mehr, im Gegenteil. Als sie die Räume der Herzogin erreichte, war ihr so warm geworden, dass sie ihr Cape sofort abwarf.
»Sabine, meine Liebe, es tut mir so leid!«
Catherine d’Aquitaine erwartete Sabine gleich in ihrem Empfangszimmer und legte tröstend die Arme um sie. »Wer konnte so etwas voraussehen? Aber immerhin, Euer Ritter lebt! Auch wenn er zweifellos schwer verletzt ist und Pflege braucht. Ich habe mir erlaubt, ihn in eine bequemere Unterkunft überführen zu lassen, wir konnten ihn kaum in den Ställen versorgen.«
»Aber hier in den Kemenaten?«, fragte Sabine furchtsam. Sie brannte darauf, ihren Ritter zu sehen, aber sie fürchtete auch weitere Verwicklungen. Wenn Jules sie mit Florimond ertappte?
»Kindchen, meine Räume sind über jeden Zweifel erhaben. Der Herzog vertraut mir, und die Tugend der pflegenden Damen wird unter meiner Aufsicht sicher nicht befleckt werden«, erklärte Catherine würdevoll.
Sabine dachte im Stillen, dass an ihre Tugend ohnehin kaum jemand mehr glaubte – spätestens dann nicht, wenn die Herzogin sie hier vor aller Augen mit Florimond zusammenführte. Aber das war ihr jetzt gleichgültig. Sie fieberte danach, ihn zu sehen.
Die Herzogin schien das zu verstehen. Ohne weitere Worte führte sie Sabine in eines der Schlafzimmer ihrer Zofen. Die Frauen, die Catherine aufwarteten, schliefen nicht wie Fleurette einfach vor der Tür der Herrin, sondern hatten ihre eigenen Räume – um das Privatleben der Dienerinnen zu schützen – oder das der Herrin? Sabine schalt sich für ihre aufmüpfigen Gedanken.
Und dann sah sie ihn. Der Ritter lag auf dem Bett, totenbleich, das Haar noch schweißverklebt nach dem Kampf, der Oberkörper entblößt und die Wunde provisorisch bedeckt. Der Verband war bereits durchgeblutet. Florimond befand sich jedoch bei Bewusstsein. Er öffnete die Augen, als er Sabine eintreten hörte, und richtete seinen klaren, goldenen Blick auf sie. Als sie näher trat, wollte er sich aufrichten.
»Sabine, meine Herrin ...«
»Ruhig, bleib – bleibt liegen, mein Ritter. Die Wunde wird wieder aufbrechen.« Sabine hätte ihn am liebsten in den Arm genommen, aber sie zwang sich zu einer förmlichen Anrede. Ihre Anweisung war jedoch müßig, Florimond schaffte es ohnehin kaum, den Kopf vom Kissen zu heben.
»Ich schäme mich meiner Schwäche im Angesicht meiner Dame«, sagte er leise und wollte das Gesicht wegdrehen.
Sabine wünschte sich nichts mehr, als ihn zu küssen, aber das ging auf keinen Fall vor den Augen der Herzogin. Fleurettes Warnung, um Himmels willen Vorsicht walten zu lassen, klang ihr noch zu genau im Ohr. Außerdem war die junge Madeleine anwesend und bemühte sich um den Verletzten. Sie wusch ihn mit Rosenwasser und hatte damit auch seine Wunde reinigen wollen.
Sabine trat neben das Bett und strich Florimond sanft eine Locke aus dem Gesicht. Vielleicht war das schon auffällig, aber sie konnte sich nicht bezähmen.
»Ihr wurdet verwundet im Kampf – da gibt es nichts, wofür Ihr Euch schämen müsstet«, sagte sie freundlich und wandte sich dann an Madeleine. Ruhig nahm sie dem Mädchen die Wasserschüssel und das duftende Tuch aus der Hand, mit dem die junge Hofdame den Kranken erfrischt hatte.
»Vielen Dank, Madeleine, aber wenn du erlaubst, werde ich das jetzt übernehmen. Man reinigt eine Wunde auch nicht mit Rosenwasser, sondern macht besser Kompressen mit altem Wein.« Sie lächelte Madeleine an, um das Mädchen auf keinen Fall zu brüskieren. Dabei war sie all dieser höfischen Formen und Fallstricke so müde. Sie sehnte sich nur danach, mit Florimond allein zu sein.
Madeleine schien zum Glück nicht beleidigt. Im Gegenteil, sie war anscheinend ehrlich an Krankenpflege interessiert. »Soll ich dann Wein holen lassen, Madame?«, fragte sie dienstbeflissen. »Und weitere Tücher und Bandagen?«
Sabine nickte ihr freundlich zu. Wenn sie nur endlich ginge. Aber da war natürlich auch noch die Herzogin, die nicht vorzuhaben schien, den Raum zu verlassen. Sabine beschloss, sie so weit als möglich zu ignorieren. Außerdem musste sie sich jetzt auch auf Florimonds Wunde konzentrieren. Sie war als Heilkundige hier, nicht als Geliebte. Wenn sie doch nur das Brennen in ihrem Herzen abstellen könnte, das sie vor Angst und Mitleid fast vergehen ließ. Vorsichtig setzte sie sich ans Bett des Ritters, konnte aber nicht verhindern, dass sein Lager dabei schwankte. Florimond unterdrückte
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