Melodie der Sehnsucht (German Edition)
ein Stöhnen. Sabine tauchte ein frisches Tuch in Madeleines Rosenwasser und wusch ihm die Schweißperlen von der Stirn.
»Es tut mir leid, mein Ritter«, flüsterte sie. Wie gern hätte sie sein blasses Gesicht mit Küssen bedeckt, seine Brust liebkost und ihn den Schmerz damit vergessen lassen. Dann rief sie sich jedoch zur Ordnung. Die Herzogin stand hinter ihr, und Madeleine konnte jeden Moment wiederkommen.
»Aber jetzt wird es noch mehr schmerzen, ich muss mir die Wunde ansehen, mein Ritter.«
Sabine tränkte die Wundauflage mit Wasser, bevor sie die Tücher von der Wunde nahm. Dennoch blutete die Verletzung wieder, als sie die Bandage abnahm, und Florimonds Körper bäumte sich auf vor Schmerz. Seine Hände verkrampften sich in die Bettdecke, aber er schaffte es, nicht aufzustöhnen – ein Ritter, der um seine Haltung kämpfte. Sabines Herz schien mit ihm zu bluten, doch als sie die Wunde endlich sah, erschrak sie zwar, doch fasste sich schnell wieder. Allerdings war sie erschrocken. François musste sein Schwert bis zum Heft in das Fleisch seines Gegners hineingestoßen haben, er hatte Florimonds Schulter glatt durchbohrt.
»Könnt Ihr eure Hand bewegen, mein Ritter?«, fragte sie leise. »Und Euren Arm?«
Florimonds Finger machten schwache tastende Bewegungen. Sabine ergriff seine Hand und fühlte, wie er den Druck erwiderte. Mehr noch, er versuchte, ihre Finger zu liebkosen, wie er es so oft verstohlen getan hatte, wenn sie gemeinsam am Tisch der Herzogin saßen oder den Vorträgen von Sängern und Dichtern lauschten.
Sie gab die zärtlichen Berührungen zurück, und als er versuchte, den Arm zu ihrem Gesicht zu heben, half sie ihm und zog seine Hand verstohlen an die Lippen. Die Herzogin konnte das nicht gesehen haben, Sabine drehte ihr den Rücken zu. Und ansonsten zielte das alles ja auch nur auf eine Diagnose: Florimond bereiteten die Bewegungen seines Arms Schmerzen, aber immerhin war er dazu fähig.
»Werde ich wieder kämpfen können?«, fragte er schwach. »Ich habe das Gefühl, nie wieder auch nur ein Messer heben zu können, geschweige denn ein Schwert.«
Sabine nickte tröstend, obwohl sie sich da keineswegs sicher war. Vor allem dachte sie noch gar nicht an spätere Kämpfe, sondern vorerst nur ans Überleben. Eine so schwere Wunde heilte nicht ohne Komplikationen, Florimond würde ihre ganze Kunst und obendrein viel Glück brauchen, um die Verletzung zu überstehen.
Dennoch musste sie den Kranken jetzt erst einmal aufmuntern.
»Ich denke schon«, sagte sie freundlich. »Aber zunächst müsst Ihr Euch schonen. Dies ist eine ernste Wunde, Ihr könntet Fieber bekommen.«
»Der Feldscher wollte die Wunde ausbrennen«, ließ sich die Herzogin vernehmen. »Aber Monsieur d’Aragis wollte das nicht. Und sein Knappe auch nicht, er meinte, damit hätte der Kerl erst vor zwei Wochen ein Pferd umgebracht.«
Sabine musste beinahe lächeln. Jean Pierre nahm kein Blatt vor den Mund.
»Ich halte das auch nicht für klug«, antwortete sie dann. »Damit wird nur noch mehr Gewebe zerstört, und der Schmerz belastet den Kranken zusätzlich.«
»Ich hätte den Schmerz nicht gescheut«, flüsterte Florimond schwach aber tapfer. »Doch ich habe lange in Sizilien am Hofe des Königs gelebt, der arabische Ärzte hatte. Und die griffen zu anderen Mitteln.«
Sabine nickte eifrig. »Das ist richtig, auch meine Kenntnisse stammen aus dem Maurischen Raum. Also lasst es uns so versuchen, Herzogin, wenn es Euch recht ist.«
Catherine zuckte die Schultern. »Es ist nicht mein Geliebter, der dort liegt.«
Sabine und Florimond ließen diese Bemerkung unkommentiert.
Inzwischen war Madeleine mit dem Wein zurückgekehrt und Sabine begann vorsichtig, die Wunde damit zu reinigen. Besonders am Rücken war sie stark verschmutzt und Florimond litt große Schmerzen, als die Frauen ihn umdrehten. Sabine stützte ihn und bettete schließlich seinen Kopf in ihren Schoß, während sie Schlamm und kleine Steinchen aus der Wunde wusch. Sie verfluchte den Regen und den Morast auf dem Turnierplatz. Und sie verfluchte die Sitte, sich um der Ehre willen zu schlagen. Im Stillen sandte sie ein Gebet an den gütigen Gott der Katharer. Sie erneuerte ihr Versprechen, nie wieder vom alten Weg abzuweichen, wenn er Florimond am Leben ließ.
Der Ritter war völlig erschöpft, als Sabine und Madeleine ihn schließlich verbunden hatten und vorsichtig auf sein Lager betteten. Die Herzogin hatte sich inzwischen zurückgezogen – sie sah
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