Melodie der Sehnsucht (German Edition)
im Bett zu wälzen. Sabine hasste es, ihn verlassen zu müssen, aber sie wagte nicht, sich der Herzogin zu widersetzen. Immerhin führte Madeleine jetzt all ihre Anweisungen gewissenhaft aus und Sabine war mit dem Zustand der Wunde nach wie vor zufrieden. Wenn der Ritter nur das Fieber überstand.
Schließlich verbrachte sie die Nacht tatsächlich betend in tiefster Versenkung – aber sie verschwendete nicht einen Gedanken an François de Caresse.
Von den Rittern des Herzogs hielten nur wenige die Totenwache, aber zu Sabines Verwunderung erkannte sie Philippe.
Als sie zwischendurch kurz herausging, gesellte er sich zu ihr. Zunächst ging er schweigend neben ihr her, dann legte er seinen Mantel um sie, als er merkte, dass sie fröstelte. Die Nacht war kühl, aber sternenklar.
»Sabine, es tut mir leid«, sagte er endlich. »Wenn ich das Turnier gewonnen hätte ... ich habe es nicht so gemeint, dass ich deine Farben nicht tragen wollte. Nach dem Sieg hätte ich die Sache zur Sprache gebracht.«
Sabine nickte. »Es sollte nicht sein«, entgegnete sie müde.
Philippe wollte seinen Arm um sie legen, aber sie entzog sich seiner Berührung. Dabei hätte er sie nur zu gern getröstet. Sie hatte eben so traurig und aufrecht neben Jules gestanden – ebenso verlassen und verzweifelt wie gestern vor den Ställen. Immerhin zog sie seinen Mantel wärmesuchend um sich.
»Wie geht es deinem Minneherrn?«, fragte er schließlich leise.
Sabine straffte sich. »Chevallier d’Aragis lebt«, sagte sie und bemühte sich, gelassen zu klingen. »Die Frauen pflegen ihn in den Gemächern der Herzogin.«
Philippe horchte auf. Die Frauen ... Also hatte Catherine d’Aquitaine zumindest nicht Sabine mit der Pflege betraut. Oder zeigte die auch gar kein Interesse? Hatte er sich die Liebe zwischen den beiden vielleicht doch nur eingebildet? Eine Begegnung aufgebauscht, die vielleicht ganz harmlos war? Philippe wusste, dass der Wein an der Tafel der Herzogin oft in Strömen floss. Vielleicht hatte sich Sabine ja nur in einem Anfall von Trunkenheit Florimonds zweifellos geschickter Verführung ergeben. Philippe wollte das glauben. Er sehnte sich danach, die junge Frau endlich zu erobern, sie in den Armen zu halten, zu schützen, den Panzer ihrer Keuschheit zu brechen, den sie zumindest ihm gegenüber immer noch trug.
Aber jetzt standen seine Sterne günstig. Jules de Caresse würde in zwei Tagen auf seine Güter aufbrechen – und Florimond lag krank in den Gemächern der Herzogin. Vielleicht starb er sogar.
Philippe de Montcour bekreuzigte sich, beschämt über diesen Gedanken. Zumal sich da vielleicht wirklich nichts abgespielt hatte zwischen Sabine und dem Troubadour.
Könnte er sich hier nur sicher sein. Aber zurzeit kümmerte Sabine sich zumindest nicht um ihren Ritter. Nach einem kurzen Spaziergang über den Burghof kehrte sie geduldig zurück in die Kapelle und verharrte betend an der Seite ihres Mannes.
Philippe blieb ebenfalls dort. Wenn sie das aushielt, würde auch er es schaffen. Vielleicht wusste sie die Anwesenheit einer vertrauten, ihr wohlwollenden Seele ja auch zu schätzen. Philippe verzehrte sich nach einem Blick von ihr, aber Sabine schien ihn gar nicht zu bemerken.
Am nächsten Morgen, als die Nachtwache sich endlich ihrem Ende zuneigte und selbst Jules de Caresse, der inzwischen vor Müdigkeit schwankte, eine kurze Ruhezeit einlegte, folgte Philippe Sabine. Er fühlte sich erschöpft und taumelig, aber er musste wissen, wo ihr Weg sie jetzt hinführte. Zu seiner unendlichen Erleichterung begab die junge Frau sich sofort in ihre Räume – wo Fleurette sie mit den wichtigsten Neuigkeiten erwartete.
»Er hat die Nacht überlebt, Marquise, es heißt, er schlafe zur Zeit ganz friedlich.« Letzteres hatte Fleurette sich ausgedacht. Sie musste ihre Herrin daran hindern, gleich weiter in die Gemächer der Herzogin zu eilen. »Ihr könnt Euch also auch noch niederlegen, Marquise. Es reicht, wenn Ihr später nach ihm seht.«
Gewöhnlich hätte Sabine ihr widersprochen, aber an diesem Morgen war sie so ausgelaugt, dass sie kaum noch fähig war, einen klaren Gedanken zu fassen und erst recht keinen Fuß vor den anderen zu setzen. So ließ sie sich bereitwillig von Fleurette auskleiden und schlief schon fast, als die kleine Zofe ihr Haar endgültig löste, entwirrte und zu einem Zopf flocht.
Philippe vor ihrer Tür atmete ruhiger. Sabine machte auch jetzt keine Anstalten, Florimonds Krankenzimmer
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