Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
Vom Netzwerk:
spielten mit ihrem Gebetbuch und hätten fast den kostbaren Einband zerfetzt. Sie legte es vorsichtig auf das Pult vor sich, um nicht auch noch das Pergament im Inneren zu zerknittern. Dann stand sie auf – wovon niemand Notiz nahm. Inzwischen war es gegen drei Uhr morgens. Die Nonnen träumten an ihren Pulten, und der Hilfsprediger schien sein Latein im Halbschlaf abzuspulen. Nur Sabine war hellwach. Und sie würde diese Farce jetzt beenden und ihrem Herzen folgen.
    Immerhin rang sie sich noch den rituellen Knicks beim Verlassen ihres Kirchenstuhls ab und bekreuzigte sich am Ausgang auch brav mit dem geweihten Wasser. Aber dann schloss sie die Tür der Kapelle leise hinter sich und begann gleich darauf zu rennen. Wenn sie nur nicht zu spät kam. Wenn Florimond sie nur noch nicht verlassen hatte.
    Philippe hatte in den hinteren Reihen der Kapelle gebetet und gewartet. Er wusste selbst nicht genau, worauf – hielt er hier wirklich eine Totenwache oder beschattete er Sabine? Suchte er ihre Nähe, um ihren Kummer zu teilen oder wartete er nur darauf, dass sie sich doch noch als schuldig erwies?
    Er schwankte, ob er ihr folgen sollte, als sie plötzlich aus ihrer Bank trat. Es konnte viele Gründe geben, warum sie die Totenwache aufgab – sie ließ ihr kostbares Gebetbuch auch hier, vielleicht wollte sie sogar gleich wiederkommen. Aber dann hielt es ihn doch nicht auf seinem Platz. Unauffällig folgte er der jungen Frau, die nun fast über die Gänge zu fliegen schien.
    Aus den Gemächern der Herzogin klang der Gesang einer Laute. Sabine hoffte einen Herzschlag lang auf Florimond, aber das war natürlich Unsinn. Selbst wenn er überlebte, würde er das Instrument wochenlang nicht halten können. Beim Nähertreten hörte man auch, wie ungelenk der Vortragende die Laute schlug. Hier machte ein Anfänger Musik, kein Könner. Dieser Eindruck bestätigte sich, als Sabine leise die Tür öffnete. Zwar kamen die Töne tatsächlich aus Florimonds Krankenzimmer, aber gespielt wurde das Instrument von Barbe de Richemonde. Die Hofdame warf Sabine einen halb vorwurfsvollen, halb sensationslüsternen Blick zu. Madeleine, die neben Florimonds Bett gesessen hatte, erhob sich rasch, um die Situation zu erklären.
    »Er war wach, Marquise, und hat um seine Laute gebeten. Da dachte ich, er würde gern Musik hören und Madame de Richemonde erbot sich, für uns zu spielen.« ›Und das sicher ganz ohne Hintergedanken!‹ wütete Sabine innerlich, aber natürlich hielt sie sich zurück – und vergaß ohnehin sofort alles andere, als sie endlich neben Florimonds Lager kniete.
    »Mein Liebster, mein Ritter.« Sie flüsterte die Worte an seinem Ohr und hoffte, dass zumindest die Lautenspielerin nichts davon verstand. Florimond, der mit geschlossenen Augen ruhig auf seinem Bett gelegen hatte, wandte ihr das Gesicht zu. Es war eingefallen, die Stirn immer noch glühend vor Fieber. Aber seine Augen waren klar, als er sie jetzt ansah.
    »Meine Dame, mein Leben – du bist doch gekommen – sie sagten, sie sagten, du hättest Verpflichtungen.«
    »Meine einzige Verpflichtung bist du. Ich bleibe heute Nacht bei dir, Geliebter, was auch immer geschieht.« Sabine nahm seine Hand und hoffte, dass dies noch als Ermutigung der Minnedame gegenüber ihrem Ritter gewertet werden würde und nicht als unschickliche Tat. Die Gegenwart Barbes war ihr mehr als unangenehm, aber die junge Frau schlug die Harfe immer noch, es gab keinen auch nur halbwegs höflichen Grund, sie wegzuschicken.
    Florimonds bleiche, rissige Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »So nimm mich in den Arm, Geliebte«, bat er schwach. »Lass mich deinen Atem spüren, deine Wärme, wenn ich sterben muss, dann soll dein Bild das letzte sein, das ich sehe.«
    Sabine sah in seine goldenen Augen und vergaß jede Vorsicht. Egal was die anderen sahen, gleichgültig was morgen war. Sie legte ihren Arm um ihn und zog seinen Kopf an ihre Brust. Mit leiser, aber klingender Stimme sprach sie ihm die Worte vor, die er damals, bei ihrer ersten Begegnung, für sie gesungen hatte:
    »Wenn der Tag dämmert, preise ich das Morgenrot, zaubert es doch ein erstes, zartes Leuchten auf die Züge meines Liebsten ...«
    Sabine hielt ihren Ritter, wiegte ihn und sprach zu ihm, bis sich wirklich allererstes Morgenrot am Himmel über der Burg zeigte. Dann lag Florimond schlafend in ihren Armen. Sein Gesicht war entspannt und schien fast ein Lächeln zu zeigen, sein Atem ging ruhig und das Fieber schien

Weitere Kostenlose Bücher