Melodie der Sehnsucht (German Edition)
schluchzte nur noch. Und die Herzogin sah aus, als würde sie gleich in ihr Weinen einfallen.
Sabine de Caresse hatte in dieser Nacht ihr Schachbrett umgestoßen. Das Spiel war vorbei.
Florimond mochte sich mit den Auskünften nicht abfinden. Es musste eine Lösung geben, er konnte nicht tatenlos zusehen, wie man Sabine verurteilte und umbrachte. Fieberhaft ließ er die Worte der Herzogin immer wieder vor seinem inneren Ohr ablaufen. ›Niemand kann etwas tun, nicht mal der König ...‹ ›Die beschränken sich nicht aufs Verbrennen ...‹
Und dann reifte ein Plan in ihm. Ein Plan, der eher einen Dichter und Troubadour brauchte als einen Ritter – zumindest vorerst. Ein verrückter, unglaublich gewagter Plan – aber er konnte in Erfüllung gehen! Florimond raffte ein paar Sachen zusammen, seine Laute, sein Schwert und seine beste Kleidung, aber nicht mehr, als in eine leichte Satteltasche passte. Dann rannte er zu den Ställen.
Vielleicht war es Glück, vielleicht auch die schützende Hand der Frau Venus – Fleurette hätte sich da nicht festgelegt. Aber Tatsache war, dass die kleine Zofe der Verhaftung in der Kapelle entgangen war. Dabei hätte sie ihre Herrin normalerweise nie im Stich gelassen und sah sich selbst auch nach wie vor als gläubige Albigenserin. Kurz vor dem Aufbruch zur nächtlichen Andacht war ihr allerdings eingefallen, wie durchgefroren und steif sie stets nach diesen Kirchgängen gewesen war, und wie ausgelaugt ihre Herrin. Deshalb hatte sie sich entschlossen, noch etwas Feuerholz aus der Küche zu holen und den Kamin in Sabines Kemenate schon einmal anzuheizen. Auf der Stiege hinunter zu den Wirtschaftsgebäuden lief ihr dann Jean Pierre über den Weg, der ihr natürlich gleich half, das Holz zu schleppen und den Ofen zu befeuern. Und dann war es so warm und gemütlich in der Kemenate und Jean Pierre und Fleurette hatten einander kaum mehr als flüchtig umarmt, seit der Hof des Herzogs zu seiner Reise ins Ariège aufgebrochen war. So gab ein zärtliches Wort das andere, während das Anmachholz knisternd verbrannte, und als die Flammen schließlich wärmend aufloderten, liebten sich die beiden zum ersten Mal in ihrem Leben auf einem richtigen Bett, zwischen sauberen Laken und weichen Kissen. Fleurette vergaß darüber die Andacht – sie lag glücklich und zufrieden an die Schultern ihres Geliebten geschmiegt, während Sabine ihren Häschern gegenüberstand.
Nun verging sie natürlich vor Schuldgefühlen – und wusste auch nicht recht, was sie mit sich anfangen sollte. Als sie von Sabines Verhaftung hörte, hatte sie sich erst mal zu Jean Pierre in den Stall geflüchtet, und er bestärkte sie darin, sich im Schloss besser nicht blicken zu lassen. Jules de Caresse würde sich irgendwann sicher an sie erinnern, aber vorerst mochte er die Zofe seiner Gattin vergessen haben oder wähnte sie vielleicht auch unter den Verhafteten. Wenn sie auftauchte, würde er sie allerdings sicher verhören, und Fleurette konnte sich um Kopf und Kragen reden. Wimmerte sie doch jetzt schon, sie sei pflichtvergessen gewesen und dachte ernstlich daran, sich in den Kerker zu ihrer Herrin zu schleichen, um ihr dort womöglich aufzuwarten.
»Fleurette, du kannst ihr doch nicht helfen«, redete Jean Pierre auch jetzt wieder verzweifelt auf sie ein. »Sie ist eine überführte Ketzerin, und wenn du dich zu ihr bekennst, werden sie dich auch verbrennen. Das kann deine Herrin nicht wollen! Denk doch mal nach – willst du sie wirklich noch damit belasten, auch an deinem Tod schuld zu sein?«
»Aber was soll ich denn machen?«, schluchzte Fleurette. »Was soll ich denn nur tun?«
»Am besten bleibst du hier«, sagte eine ruhige, dunkle Stimme von der Tür des Heulagers aus, in dem Fleurette sich versteckte. »Bis sich die Wogen geglättet haben. Dein Freund hat recht, Sabine würde nicht wollen, dass du dich opferst.«
»Monsieur Florimond!« Fleurette versank in einen Knicks, als sie den Ritter erkannte. Jean Pierre verbeugte sich kurz.
»Werdet Ihr sie retten, Monsieur Florimond?«, fragte er dann. »Kann ich irgendwie helfen?«
»Du kannst ein Pferd für mich satteln. Nein, nicht Danseur, ich brauche ein schnelles Pferd. Vielleicht Philippes hochbeinigen Fuchs ... oder such du eines aus, Jean Pierre, das ich mir leihen kann, ohne gleich als Pferdedieb verfolgt zu werden ...«
Jean Pierre folgte ihm in den Stall, dachte kurz nach und griff dann nach einem Halfter.
»Eine kurze oder eine lange Strecke, Herr
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