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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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blass, errötete.
    »Auch Eure Kleidung schmeichelt Euch«, gab sie höflich zurück. Im Gegensatz zu seiner Braut – oder gerade um sie zu schockieren? – hatte Jules de Caresse sich ganz in weiße Kleidung gehüllt. Er trug eine lange, brokatene Tunika zu weißen, eng geschnittenen Beinkleidern und halbhohen braunen Lederstiefeln, Beren Schäfte mit Juwelen besetzt waren. Erneut schmückte er sich mit schweren goldenen Ketten und Ringen über diesmal weißen Handschuhen. Die helle Kleidung hob sich von seinem vollen, dunklen Haar und seiner tiefgebräunten Haut ab. Trotz des Altersunterschieds waren Jules und Sabine ein schönes Paar.
    Jules quittierte Sabines Bemerkung mit einem Lächeln und gab nicht zu erkennen, ob er die kleine Spitze darin bemerkt hatte. Er begrüßte jetzt auch Sabines Vater und machte dann Platz für die Ritter seiner Eskorte, die ein extra für die Hochzeit bestellter Herold mit angenehmer und im ganzen Saal verständlicher Stimme vorstellte.
    »Graf Henri de Mercure, Erster Ritter im Dienst des Herrn Marquis de Caresse. Und Chevallier François de Caresse, Ritter im Dienste des Herzogs von Aquitanien.«
    Sabine wandte sich den Männern zu und kredenzte Henri de Mercure als Erstem den Willkommenstrunk. Mehr Interesse brachte sie allerdings für den zweiten Ritter auf. François de Caresse – das musste Jules’ Sohn und Erbe sein, von dem ihr Vater gesprochen hatte. Von heute an ihr Stiefsohn.
    François hatte allerdings nichts Kindliches mehr an sich. Er war älter als Sabine, ein hochgewachsener Mann, der Jules’ Größe, aber nicht seinen sehr schweren Knochenbau geerbt hatte. Auch sein Gesicht war schmaler als das seines Vaters, aber dennoch kantig und ähnlich raubvogelhaft. François’ etwas spitze Nase ließ ihn noch mehr einem Habicht gleichen als Jules, aber seine Lippen waren voller und hätten sein Gesicht weicher wirken lassen, hätte er nicht ebenfalls den stechenden, forschenden Blick seines Vaters gezeigt. Sabine mochte ihn nicht. Er stieß sie beinahe noch mehr ab als Jules, und sie musste sich überwinden, ihn mit dem traditionellen Wangenkuss als Verwandten zu begrüßen.
    Florimond d’Aragis nahm Sabines Abscheu gegenüber ihrem Gatten und dessen Sohn fast körperlich wahr. Er war ein sensibler Mensch, aber so intensiv hatte er noch nie die Gefühle eines anderen geteilt. Das mochte allerdings auch daran liegen, dass er François de Caresse im Gegensatz zu seinem Vater persönlich kannte. Er war ihm sowohl am Hofe des Herzogs als auch bei verschiedenen Turnieren begegnet und teilte Sabines Abneigung. François war ein sehr guter Kämpfer – kein Wunder bei seinem martialischen Vater –, aber er neigte zum Prahlen und zur Prunkentfaltung, und seine Vorstellung vom ›Frauendienst‹ wich erheblich von der des Troubadours ab. Nach höfischer Sitte war es Aufgabe der Ritter, den Damen zu schmeicheln und ihnen Freude zu bereiten. Die Dame war die Herrin, der Ritter der Diener. François allerdings schien eher sein eigenes Vergnügen zu suchen, wobei ihm die Ehre der Dame ziemlich gleichgültig war. Florimond hatte von einem Eklat am Minnehof der Herzogin von Aquitanien gehört. Angeblich habe François mit einer jungen Hofdame von niederem Adel Beziehungen unterhalten, die weit über die an Minnehöfen geduldeten Freuden hinausgingen. Diese Affäre endete mit einer baldigen Verheiratung des Mädchens an einen auf die Mitgift angewiesenen fahrenden Ritter und einer Verbannung des Chevalier de Caresse vom Hofe der Herzogin. Vorerst lebte der Ritter nun wohl auf den Ländereien seines Vaters. Und jetzt näherte er sich in wenig höfischer Manier der schönen Sabine.
    »Mein Vater hat Glück«, bemerkte François, als Sabine nach dem Begrüßungskuss aufatmend wieder auf Abstand ging. »Ihr seid wunderschön, Sabine! Oder besteht Ihr darauf, dass ich ›Mutter‹ zu Euch sage?« Er verzog den Mund in einer Weise, dass es wohl wie ein verschwörerisches Lächeln auf sie wirken sollte, aber es geriet mehr zu einem anzüglichen Grinsen.
    »Wie wäre es mit ›Madame‹?«, fragte Sabine steif. »Oder ›Marquise‹?«
    François lachte laut auf. »Wenn es Euch beliebt. Aber ›Sabine‹ hätte mir besser gefallen.«
    Sabine atmete auf, als der Herold nun weitere Ritter ankündigte und François gezwungen war, sie zu verlassen und seinen Platz einzunehmen. Auch für sie nahmen die Pflichten der Gastgeberin schließlich ein Ende. Gefolgt von den fröhlichen Edelfräulein, die

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