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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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keine List aus, die Regeln zu unterlaufen, die Sabine aufstellte. Während der Weinlese war es ihr kaum möglich, jede ihrer Handlungen zu beobachten, dazu hielten sie die Knechte und Mägde jetzt in so heller Furcht, dass keiner wagte, auf Sabines Fragen zur Beköstigung oder Arbeitseinteilung ehrlich zu antworten. So erfuhr sie allenfalls durch Fleurette von neuen Repressalien, aber die kleine Zofe nahm eine so privilegierte Stellung ein, dass sie kaum direkt davon Kenntnis erhielt. Allerdings war sie über beide Ohren verliebt in Jean Pierre, den Reitknecht, und sie ließ keine Gelegenheit aus, ihn zu treffen. Dabei erhielt sie natürlich Einblicke in den Klatsch auf der Burg, den sie dann zu Sabine weitertrug. Außerdem machte sich die junge Frau tägliche Ausritte zur Gewohnheit und ließ sich so oft wie möglich von Gaston, dem zweiten ihrer eigenen Bediensteten, begleiten. Der Junge verlor zusehends seine Scheu, und da er in der Hierarchie am Hofe deutlich tiefer stand als die Zofe, erwies er sich bald als besserer Informant denn Fleurette – wenn auch leider nicht als so unangreifbar.

Siebentes Kapitel
    Das Unheil kam über Gaston, während sich Sabine eben nichtsahnend um die Gemüseernte im Garten der Burg kümmerte. Die junge Frau beaufsichtigte ein paar Mädchen beim Pflücken von Gurken und Zucchini, Tomaten und Paprika, als die junge Magd auf sie zustürzte, die sie damals beim Stibitzen des Brotes für die Bettler ertappt hatte. Sabine hatte sie in den letzten Tagen oft gemeinsam mit Gaston gesehen, und Fleurette hatte ihr kichernd verraten, da ›bahne sich wohl etwas an.‹
    »Bitte, Herrin, bitte, bitte, sie ... sie bringen ihn um!« Voller Verzweiflung warf sich das Mädchen vor Sabine zu Boden.
    »Wer bringt wen um?« Verwundert und auch etwas peinlich berührt hob Sabine die Kleine auf.
    »Gaston! Sie wollen Gaston verbrennen! Der Haushofmeister und der Truchsess. Sie holen den Hofkaplan, der soll ... der soll das machen. Schnell, Herrin, kommen Sie schnell!«
    Sabine erschrak. Zwar erschien ihr das Geplapper des Mädchens reichlich wirr und sie hielt es auch für unwahrscheinlich, dass der etwas tumbe Hofkaplan gleich einen Scheiterhaufen errichten würde, aber es klang zweifellos nach Ketzerverfolgung. Warum aber traf es Gaston? Was konnte der kleine Knecht überhaupt getan haben, das ihn als Katharer enttarnte? Freilich hing er dem alten Glauben sicher noch an, genau wie Fleurette und Sabine. Aber im Kuhstall, wo man Gaston meistens einsetzte, wurden doch wohl kaum religiös-philosophische Gespräche geführt.
    »Nun beruhige dich erst mal, Jeanne, so schnell wird keiner verbrannt«, beschied Sabine das heulende Mädchen. »Aber ich komme natürlich mit dir und kläre das alles. Wo finde ich Gaston und seine Häscher denn jetzt? Bei der Kapelle?« Der Kaplan bewohnte die Räume über dem schön gestalteten Andachtsraum, den Caresse in einem Kreuzgewölbe aufwändig hatte herrichten lassen. Wahrscheinlich würden die Männer ihr Opfer eher dorthin schleppen, als den Kaplan zu den Ställen zu rufen.
    Jeanne war hier allerdings keine Hilfe, das Mädchen wirkte völlig verwirrt. Sabine nahm sie entschlossen bei der Schulter, rief den Mägden im Garten ein paar Anweisungen zu und machte sich dann auf den Weg zum Burghof.
    Vor der Kapelle herrschte bereits nicht geringer Aufruhr. Der Haushofmeister und der Stallmeister schleiften den sich heftig wehrenden Gaston vorwärts. Der Junge blutete aus der Nase, aber auch die Lippe des Stallmeisters schwoll an, wie Sabine mit leichtem Triumph bemerkte. Gaston hatte sich zumindest nicht ohne Gegenwehr gefangen nehmen lassen. Wenn sie nur gewusst hätte, was das alles zu bedeuten hatte.
    »Marquise!« Gastons verzweifeltes Gesicht hellte sich auf, als er Sabines ansichtig wurde. »Bitte helfen Sie mir, Marquise. Ich hab bestimmt nichts gestohlen!«
    Sabine runzelte die Stirn. Jetzt sollte es plötzlich um Diebstahl gehen? Egal, den Hofbeamten ihres Mannes stand es auf jeden Fall nicht zu, so mit ihrem Leibeigenen umzugehen.
    »Lasst den Jungen augenblicklich los und erstattet mir Bericht!«, rief sie mit ihrer klaren Befehlsstimme. »Was soll mein Bediensteter entwendet haben?«
    Der Truchsess, eben noch von dem Gefangenen und seinen Häschern verdeckt, trat vor. Sabine machte sich auf einen langen Sermon gefasst. Der kleine, wohlbeleibte Mann schwang sich bekanntermaßen gern zum Sprecher der Hofbeamten auf.
    »Marquise, hier liegen ernstere Anklagen vor

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