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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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als ein Diebstahl. Natürlich gab uns das Verschwinden eines Weinfasses den Anlass, die Schlafstatt Eures Knechtes zu untersuchen, aber ...«
    »Wieso die Schlafstatt meines Knechtes?«, unterbrach Sabine ihn scharf. »Hier laufen wohl fünfzig andere Jungen herum, die leichter Zugang zu den Weinkellern haben als Gaston.«
    »Nun, das Fässchen verschwand nicht direkt aus dem Keller. Es stand in den Räumen des Marschalls.«
    »Und der hatte es unzweifelhaft ehrenhaft aus den Beständen meines Gatten erworben oder von ihm zum Geschenk erhalten«, höhnte Sabine. »Also noch einmal: Ein von euch – sagen wir mal ›umgeleitetes‹ Weinfass verschwand aus den Ställen. Da kommen immer noch zehn oder mehr Jungen als Diebe infrage. Habt ihr deren sämtliche Schlafstätten durchsucht?«
    »Ich hab’s nicht gehabt, Marquise!«, greinte Gaston. »Und wenn ich’s gehabt hätt, hätt ich’s doch eher im Stroh versteckt.«
    Sabine seufzte. Wenn der Junge sich bloß nicht um Kopf und Kragen redete! Vermutlich wusste er – wie alle anderen Knechte im Stall – durchaus vom Verbleib des Weinfasses.
    »Das ist ja auch ganz unwichtig«, führte der Truchsess weiter aus. »Aber als der Stallmeister auf meine Anordnung die Kammern der Knechte untersuchte, fand er das bei Eurem Mann!«
    Triumphierend hob der Truchsess ein kleines Amulett hoch und hielt es Sabine und dem eben aus seinen Räumen aufgetauchten Hofkaplan vor die Nase. Sabine registrierte ein schwarzes Steinplättchen, in das ungelenk eine Spirale eingeritzt worden war. Dazu hatte man es durchbohrt und ein Lederband hindurch gefädelt. So wurde es zu einem primitiven Schmuckstück.
    »Lass das los!«, schimpfte Gaston. »Marquise, er hat kein Recht, das zu nehmen. Es hat meiner Mutter gehört!«
    »Es ist zweifellos ein Zauberamulett, hergestellt in den Werkstätten dieser ketzerischen Albigenser«, erklärte der Truchsess.
    Der Hofkaplan betrachtete fasziniert den Anhänger – er konnte offensichtlich nichts damit anfangen, wagte aber sicherheitshalber gar nicht erst, das Ding zu berühren. Sabine schüttelte den Kopf.
    »Hochwürden, wie Sie wissen, gehörte auch ich einstmals diesem ... dem ... äh ... Irrglauben der Katharer an.« Die junge Frau würgte an den Worten, aber hier gab es keine andere Möglichkeit, als ihren Glauben zu verleugnen. Montségur war gefallen, aber Gaston lebte, und sie war für ihn verantwortlich. Demonstrativ bekreuzigte sie sich, als sie den Namen ihrer alten Glaubensgemeinschaft aussprach, als wollte sie den Teufel fernhalten. »Und ich kann Euch versichern, mon Père, dass dies keins der Zeichen war, die von den Albigensern in ihren Gottesdiensten verwandt wurden. Wir waren vielleicht irregeleitet, aber wir waren doch Christen. Und dies ...«
    »Dies ist heidnisch!«, triumphierte der Truchsess. »Dunkelste Zauberei! Beichte Hochwürden, welche Zaubersprüche du verwandt hast, Bursche!«
    Der Hofkaplan blickte skeptisch auf das Amulett.
    »Wo hast du das her, Junge?«, fragte er streng. »Wie die Herrin schon sagt, es erscheint mir nicht christlich. Im Gegenteil. Ist dies nicht die Schlange, die unseren Herrn versuchte?«
    Während Gaston verzweifelt leugnete, wurden im Hintergrund Hufschläge und Waffengeklirr hörbar. Marquis de Caresse und eine Gruppe seiner Ritter überquerten den Hof aus Richtung des Turnierplatzes. Anscheinend planten sie nach den täglichen Waffenübungen noch einen Ausritt oder eine Jagd.
    Jeanne, die bislang zitternd beiseite gestanden und dem Disput zwischen Sabine und den anderen vor lauter Angst kaum hatte folgen können, ergriff sofort ihre Chance.
    »Wartet, Herr!«, rief sie den Marquis an und warf sich vor den Hufen seines Pferdes zu Boden. »Bitte, Herr, Ihr müsst helfen. Mein Gaston hat nichts getan, bestimmt nichts, aber sie wollen ... sie sagen, er ist ein Ketzer und Heide, und das stimmt nicht, und ...«
    Marquis de Caresse sah auf und bemerkte Sabine inmitten des kleinen Menschenauflaufs vor der Kirche.
    »Marquise?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. »Würdet Ihr mir erläutern, was hier vorgefallen ist?«
    Sabine wandte sich ihm zornglühend zu. »Sehr gern, Monsieur le Marquis! Wie ich es sehe, handelt es sich um einen weiteren Versuch Eurer Hofbeamten, mich zu brüskieren und meine Leute einzuschüchtern. Diesmal auf dem Umweg über meinen Knecht, dem man völlig unsinnige Dinge vorwirft!«
    »Völlig unsinnig kann man es nicht nennen«, wandte der Hofkaplan etwas schüchtern, aber

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