Melodie der Sehnsucht (German Edition)
nicht vertrauenswürdig sind. Ich würde einen großen Teil von ihnen austauschen. Und was Euch angeht, Monsieur – ich bin nach wie vor weder Eure Mutter noch Eure Freundin. Bitte befleißigt Euch mir gegenüber eines ziemlicheren Tones.« Sabine musste sich deutlich bemühen, sachlich und ruhig zu bleiben. Dabei brodelte es in ihr – spätestens nach dem gestrigen Gespräch mit ihrem Gatten. Mit den Demütigungen nachts in ihrer Kammer konnte die junge Frau sich abfinden. Aber dass man sie als Hausfrau nicht ernst nahm, sollte sie abstellen. Fleurette hatte recht, sie musste um ihre Stellung in diesem Haus kämpfen.
François lachte. »Oh, meine süße Marquise! Wie hübsch Ihr seid, wenn Ihr Euch ärgert. Aber lasst Euch eines sagen: Mein Vater wird seine Hofbeamten nicht entlassen. Nicht, bevor Ihr ihnen ernsthafte Verfehlungen nachweist. Diese Männer verwalten die Burg schon lange Jahre, und der Betrieb lief immer reibungslos, ob mein Vater im Krieg war oder selbst an Kreuzzügen teilnahm – die Schatzkammer blieb immer unangetastet. Mal ganz abgesehen davon, dass man den Kerlen selbst die Verteidigung der Burg überlassen kann. Einmal kam es zu einem hässlichen Aufstand der Bauern, als mein Vater abwesend war. Der Marschall hat ihn mit der kleinen Notbesatzung an Knappen niedergeschlagen, die in der Burg verblieben waren.«
»Die Bauern werden wohl auch halb verhungert gewesen sein. Wahrscheinlich wagten sie den Aufstand aus purer Verzweiflung, nachdem die Kerle sie ausgenommen hatten wie den Kapaun zum Weihnachtsfest«, gab Sabine zurück.
François zuckte die Schultern. »Das weiß ich nicht, schöne Marquise! Aber ich weiß einige sehr viel angenehmere Tätigkeiten für einen so schönen Tag wie heute denn dies stumpfe Bücherwälzen! Was haltet Ihr von einem Ausritt, Marquise?«
Er verbeugte sich förmlich bei der korrekten Anrede.
»Ich könnte Euch die Ländereien meines Vaters zeigen. Und dann würden wir an einem kleinen See rasten.« François war näher an Sabine herangetreten wie um die Bücher einsehen zu können. Doch als er sich über ihre Schulter beugte, hatte er anderes im Sinn als das Umblättern der Seiten. Stattdessen berührte sein vorwitziger Finger wie zufällig das Kleid über ihrer rechten Brust und fuhr in einer leichten, streichelnden Bewegung hinauf zu ihrem Ausschnitt. Sabine trug keine aufreizende Kleidung, aber es war Sommer, und ihre Tunika saß nur locker über einem seidenen Hemd. Widerwillig erschauerte sie unter seiner Berührung, als er den Finger jetzt federleicht an ihrem Jochbein entlang zum Hals wandern ließ.
»Ein Schwanenhals, meine Schöne«, flüsterte er. »Folgt mir an den See, und Ihr könntet mit den Schwanenjungfern tanzen.«
Sabine schüttelte ihn ab. »Warten die nicht auf den Prinzen, der sie erlöst?«, fragte sie kühl. »Das wäre doch mal eine dankbare Aufgabe für Euch, Monsieur.«
François lachte schallend. »Ich übe doch schon, Marquise, merkt Ihr das nicht?«, erkundigte er sich. »Zunächst erprobe ich meine Künste an einer Sterblichen. Danach widme ich mich vielleicht den Schwänen.«
Wieder fast beiläufig, als betrachte er die Bücher, legte er Sabine die Hände auf die Schultern, beugte sich herab und hauchte einen zarten Kuss auf ihren Rücken und auf den Ansatz ihres Halses.
Sabine schrak auf.
»Ihr vergesst Euch, Monsieur!«, fuhr sie ihn an. »Wenn das jemand beobachtet ...«
François lachte. »Dann müsst Ihr mir wieder einen Gefallen tun, damit ich das Unheil von Euch abwende«, neckte er sie – aber hinter dem Lächeln stand eine Drohung.
Immerhin wandte der Ritter sich jetzt zum Gehen.
Sabine sah zu ihm auf. Es widerstrebte ihr, in ihm einen Verbündeten zu suchen, aber sie brauchte Hilfe, um sich den Hofbeamten gegenüber zu behaupten.
»Was werdet Ihr Eurem Vater denn nun über die Prüfung der Bücher berichten?«, erkundigte sie sich.
François blinzelte ihr zu. »Was wohl? Dass mein Erbe nicht in Gefahr ist, solange meine schöne Madame Mère sich bemüht, es zu wahren und zu mehren.«
Damit verließ er sie. Sabine war so wütend, dass sie hätte schreien können. Und es war nicht nur der Misserfolg bei der Buchprüfung, sondern auch die Erinnerung an François’ Kuss. Sie war erschrocken gewesen, aber sie hatte auch wieder den wohligen Schauer verspürt, den ihr schon seine ersten Zärtlichkeiten vermittelt hatten. Dabei durfte sie diesen Ritter auf keinen Fall ermutigen! François de Caresse war
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