Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Hohe Frau dann ihren Zofen, die sie ankleideten und frisierten. Sabine wusste nicht recht, was jetzt von ihr erwartet wurde. In den Gärten herrschte bereits ein reges Kommen und Gehen, sogar jetzt waren schon Ritter anwesend, um den Damen ihres Herzens zu huldigen, oder sich ein Zeichen für das kommende Kampfspiel zu erbitten.
Die Hofdamen mochten sich auch noch zu einem weiteren Plausch zusammenfinden, aber Sabine verwies lieber darauf, gleich reiten zu müssen und zog sich zum Umkleiden zurück. Fleurette half ihr in ein elegantes neues Reitkleid, das extra für den Aufenthalt bei Hofe geschneidert worden war. Sabine, die sich nach all den Förmlichkeiten danach sehnte, mit jemand Vertrautem zu reden, schilderte ihrer Zofe die Anfeindungen Barbes und die Begegnung mit Philippe.
»Vielleicht befürchtet er ja, als ehemaliger Albigenser erkannt zu werden und verleugnet deshalb seinen Namen«, meinte sie schließlich.
Fleurette runzelte die Stirn und steckte ein paar weitere Haarnadeln in Sabines zum Reiten und zum Turnier kunstvoll aufgestecktes Haar. »Jagt man hier denn Ketzer, Marquise?«, fragte sie verwundert. »Also mir scheint dies nicht der allerchristlichste Hof zu sein! Zumindest die Zofen reden ziemlich ungeniert von Liebeszaubern. Colette, das ist das Mädchen von einer Marquise de Flamin, musste gestern Abend noch das durchstochene Bildnis der Rivalin ihrer Herrin vor dem Stall vergraben. Die Dame hatte ein Püppchen gebastelt, auf den Namen der anderen getauft und ihm dann die Augen entfernt. Angeblich würde sie das blenden.«
Sabine musste lachen, obwohl sie auch leicht erschauerte. Welche Gedanken spukten hinter den schönen Gesichtern der Frauen am Hof?
»Das erschien mir jedenfalls viel ketzerischer als eine Vergangenheit als Katharer«, endete Fleurette. »Aber was soll’s, Ihr werdet es ja heute noch erfahren, Marquise. Sicher findet sich eine Gelegenheit, mit Monsieur de Montcours zu reden.«
Jean Pierre lächelte Sabine zu, als er ihr vor den Ställen ihre Stute vorführte. Obwohl genügend Ritter und Knappen zur Stelle waren, ließ sie sich rasch von ihm in den Sattel helfen. Die meisten anderen Mädchen machten daraus dagegen eine große Sache mit viel Getuschel und Gekicher, und die Herzogin ehrte speziell den Sieger des gestrigen Sangeswettstreit, indem sie ihm die Gnade erwies, ihr den Steigbügel zu halten.
Der Weg von der Burg zu den Übungsplätzen der Ritter war nicht weit – und zu Sabines Überraschung fand sie dort nicht nur die üblichen tristen Reitbahnen, sondern einen voll ausgestatteten Turnierplatz vor, einschließlich Pavillons für die zuschauenden Damen.
»Hat man das extra für heute aufbauen lassen?«, erkundigte sie sich bei Claire de Valles.
Die lachte. »Nein, die meisten Aufbauten bleiben zwischen den Turnieren einfach stehen. Schließlich finden hier viele Wettkämpfe statt. Gleich im nächsten Monat wird es wieder einen geben. Der Herzog und die Herzogin schätzen Zerstreuungen.«
Auch hier warteten schon diensteifrige Ritter und Knappen, die den Damen die Pferde abnahmen und sie zu den Plätzen geleiteten. Sabine spähte nach Philippe aus, aber natürlich hatte der Ritter keine Zeit für Frauendienste vor dem Kampf. Sie sah von Weitem, wie er sein Pferd auf einem Abreiteplatz warm ritt.
Auch ihren Gatten konnte sie auf Entfernung grüßen. Er war mit dem Herzog und anderen Würdenträgern herübergeritten, machte aber keine Anstalten, vom Pferd zu steigen oder gar eine der Ehrentribünen aufzusuchen. Für Jules de Caresse war dies eine Sichtung der Ritter, kein wohlfeiler Spaß. Er beobachtete die Männer zunächst beim Abreiten. Erst, als die ersten beiden gegeneinander in die Schranken ritten, lenkte er das Pferd neben die Zuschauertribünen, von wo aus sich natürlich der beste Blick bot.
Der Ablauf der Kämpfe war wie gehabt, Sabine langweilte sich schnell. Immerhin war das Wetter sonnig, aber nicht heiß, es war angenehm, hier zu sitzen und zwischen den Kämpfen ein wenig mit Claire de Valles zu plaudern. Zu Sabines Enttäuschung erwies sich die Hofdame allerdings als nicht so gebildet und kultiviert, wie sie gehofft hatte. Für einen Minnehof reichte es völlig, aber tiefschürfende Gespräche waren unmöglich.
Dann endlich ritt Philippe de Montcours ein – wie viele der jungen Ritter mit dem Zeichen der Herzogin an der Lanze. Er verbeugte sich vor ihr und den anderen Frauen, aber dann blieb sein Blick, der die meisten Mädchen nur gestreift
Weitere Kostenlose Bücher