Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Vorstöße Ihrerseits. Haben wir uns verstanden?«
Philippe starrte mit großen Augen zu ihm auf.
»Seien Sie nicht zu mutig, mein Ritter von ... was war es noch? Montségur? Ach nein, das war ja diese Ketzerhochburg in Ariège ... Ihr Name muss mich da auf die falsche Fährte gebracht haben.
Also, Philippe d’Ariège: Ich würde mich freuen, Sie in meiner Reiterdivision begrüßen zu dürfen. Sie werden dort auch genug zu tun bekommen.« ›Und keine Zeit haben für den Frauendienst‹, dachte Sabine. Jules hatte Philippe also durchaus erkannt – und gleich gewarnt. Hoffentlich machte der Ritter jetzt keine Dummheiten! Wenn sie sich trafen, so musste das heimlich geschehen – äußerst heimlich!
Die Kämpfe der jungen Ritter dauerten bis weit in den Nachmittag hinein – die Herzogin ließ den Damen zwischendurch Erfrischungen servieren – und auch hinterher gab es keine Ruhezeit. In Catherine d’Aquitaine war nun selbst die Freude am Wettstreit erwacht, sie ließ sich ihren Jagdfalken bringen und schloss einen Ausritt an. Endlich eine Unternehmung, die Sabine von Herzen genoss. Sie lenkte ihre Stute möglichst weit weg von der schon wieder stichelnden Barbe de Richemonde und ihren langweiligen Gesprächspartnerinnen von eben. Zum Glück war auch die Herzogin eine mutige Reiterin und lobte Sabine, weil die selbst bei langen Galoppaden mithielt und ein oder zweimal allein mit ihr den Falken verfolgte. Gegen Abend wurde Catherine der Sache jedoch müde – zumal keiner der an der Jagd teilnehmenden Ritter besonders in ihrer Gunst stand. Sabine lernte schnell, dass sie von Schmeicheleien und Tändeleien abhängig war. Stille Vergnügungen lagen ihr nicht. Auf der Burg fanden die Hofdamen denn auch gerade noch Zeit, sich umzukleiden, bevor zum Bankett gerufen wurde. Lachend kürten die Frauen den Sieger des morgendlichen Turniers – wobei diesmal natürlich Philippe den Lorbeer gewann. Die Herzogin küsste ihn persönlich. Und dann folgte wieder ein Gaukler dem anderen, Troubadoure sangen ihre Lieder.
Sabine musste sich bemühen, nicht einzuschlafen.
Als sie endlich entlassen wurde, war sie so erschöpft, dass sie den Weg in ihre Räume nicht wiederfand. Die junge Frau verlief sich hoffnungslos in all den Lustgärten und Innenhöfen des Frauentraktes, berauscht von den Düften der Rosen und Magnolien. In den Anlagen herrschte zwar noch reges Treiben, aber fragen mochte sie doch niemanden. Die jungen Ritter und Edelfräulein waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt – wobei sie keineswegs nur artige Komplimente und Mahnungen der Damen an ihre Ritter tauschten, sondern handfeste Zärtlichkeiten.
Nach längeren Irrungen war Sabine letztlich fast froh, als Philippe neben sie trat. Der Ritter schien äußerst erfreut, sie zu sehen und griff unwillkürlich nach ihrer Hand, aber Sabine entzog sich ihm erschrocken. Philippe schien es nicht übelzunehmen.
»Sabine, endlich finde ich dich! Was machst du denn hier, so weit von deinen Räumen? Hast du dich verlaufen? Dann darf ich dir meine Begleitung antragen. Ich ...«
Mit einer Handbewegung gebot Sabine ihm Schweigen. Schließlich durchquerten sie gerade einen besonders beliebten Teil der Gärten, und es musste ja nicht rundgehen, dass die neue Hofdame schon am zweiten Abend ein Stelldichein mit einem der Ritter hatte. Erst recht nicht mit diesem.
»Komm dort hinüber, hier haben die Rosenhecken Ohren«, bemerkte sie, als sie endlich eine Enklave bemerkte, aus der kein Kichern oder gar das Keuchen der Lust klang.
Philippe nickte lächelnd. »Sie genießen ihr Leben«, sagte er gelassen. »Unbeschwert von Ängsten und Glaubensfragen.«
Sabine runzelte die Stirn. »Spricht so ein Ritter von Montségur?«, fragte sie streng. Wenn sie ehrlich sein sollte, hatte sie schon nach zwei Tagen Minnehof genug von unkeuschen Reden und Taten.
»Und küsst eine Parfaite jeden hergelaufenen Sangeskünstler?«, gab Philippe gelassen zurück. »Du hast nicht den Eindruck gemacht, als wäre es dir unangenehm, diesen Laffen zu ehren!«
Sabine blitzte ihn an. »Und du hast keine großen Anstrengungen gemacht, mich vor diesen Notwendigkeiten zu bewahren! Wie war das mit deinem Versprechen, mit mir zu fliehen?«
Jetzt war es Philippe, der ihr Schweigen gebot. Er legte leicht die Hand auf ihre Schulter und wies ihr den Weg über einen verschlungenen Pfad, der zu einem wohl versteckten Brunnen führte. Der hässliche Ziehbrunnen mochte der Bewässerung der Gärten dienen, und
Weitere Kostenlose Bücher