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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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belagerte Burg.«
    »Aber Eure Frauen hatten doch wenig Zerstreuung. Es ist eine Schande, wie prüde und weitabgewandt sie erzogen wurden«, bemerkte eine Hofdame namens Barbe de Richmonde, wobei allerdings weniger Bedauern als Verachtung mitschwang. »Wurdet Ihr nicht selbst wie eine Nonne gehalten, um dann als Vorbeterin zu dienen?«
    Sabine spürte, wie ihre Nackenhaare sich sträubten. Barbe de Richemonde hatte sie eben schon deutlich kühler begrüßt, als die anderen Damen, und jetzt bemerkte Sabine auch einen abschätzenden, lauernden Ausdruck in ihren zartgrünen Augen. Sabine fragte sich, womit sie ihren Unmut erregt haben mochte. Sah Barbe sie womöglich als eine Rivalin? Die junge Witwe war bislang zweifellos die Schönste unter den erwachsenen Frauen an diesem Hof gewesen. Ihr Haar leuchtete glänzend kastanienfarben und kräftig, seine Fülle ließ ihr schmales, hellhäutiges Gesicht noch zarter und feinknochiger wirken. Die Züge der jungen Frau waren gleichmäßig, ihre Augen leicht mandelförmig, die Lippen edel geschwungen und von dunklem Rot, was wiederum einen reizvollen Kontrast zu der hellen Haut bildete. Auch ihr Körper schien auf den ersten Blick zart, fast zerbrechlich, aber ihre Brüste und Hüften waren doch wohlgerundet.
    Sabine versuchte, sich an Marianne de Bretons Erzählungen über Barbe de Richemonde zu erinnern. Die Marquise hatte ihr den Hof der Herzogin schließlich anschaulich geschildert, und Barbe de Richemonde dabei mehrfach erwähnt. Die junge Frau war als fünfzehnjähriges Mädchen mit dem Ersten Ritter am Hofe des Herzogs vermählt worden, wobei man darunter in diesem Fall weniger den besten Kämpfer als den erfahrendsten Ratgeber und Heerführer verstehen musste. Roland de Richemonde war alt und verstarb schon wenige Jahre nach der Eheschließung. Barbe lebte seitdem als Witwe am Hof. Nicht einfach für die verwöhnte und auch recht machtbesessene junge Frau. Sabine erinnerte sich, dass Marianne de Breton und ihre Mädchen über ihre mögliche Wiederverheiratung geklatscht hatten.
    Aber jetzt musste Sabine Barbes Frage beantworten – und sie sah kaum eine Möglichkeit, dies zu tun, ohne sich zu verraten oder zu versündigen, indem sie ihren Glauben verleugnete. Dabei hätte sie am liebsten darauf hingewiesen, dass auch die Priester der Kirche der Liebe entsagten. Aber ein solcher Vergleich hätte sie gleich erneut in den Verdacht der Ketzerei gebracht.
    Sie bemühte sich um ein Lächeln.
    »Es ist richtig, dass ich das Studium der Ehe vorzog«, sagte sie gemessen. »Es gefiel mir stets, zu lernen und Geheimnisse zu ergründen – seien es die des Glaubens oder die der Wissenschaft. Das wurde mir zuteil, und es war mir Zerstreuung genug«.
    Barbe lächelte ebenfalls, aber ihre Augen blieben kalt. »Aber wie konntet Ihr Euch dann eine ›Parfaite‹ nennen?«, fragte sie anzüglich. »Wie kann eine Frau sich ›vollkommen‹ wähnen, ohne die Künste der Liebe zu kennen?«
    Sabine errötete zutiefst, zumal ihr Disput auch immer mehr ins Zentrum des allgemeinen Interesses rückte. Die jungen Ritter hatten ihren Sangeswettstreit vorerst unterbrochen und gesellten sich zu den Frauen. Barbe, die sich im Vorteil wähnte, schaute triumphierend in die Runde.
    Sabine biss sich auf die Lippen. Sie musste jetzt gefällig kontern, sonst verlor sie das Gesicht gegenüber dem gesamten Hof. Fieberhaft überlegte sie, was ihr Marianne de Breton und Florimond d’Aragis über das Brauchtum an Minnehöfen erzählt hatten. Sabine holte tief Luft.
    »Wenn das so ist, so frage ich, warum die Hohe Minne die Herrin als vollkommen rühmt, die sich ihrem Ritter verweigert«, bemerkte sie sanft. »Ist nicht auch die Minneherrin ein Ideal, das sich nicht wegwirft in müßiger Tändelei? Ringt nicht auch sie um Weisheit, um dem Ritter geistige Führung zukommen zu lassen?«
    Die Ritter klatschten und Sabine atmete auf.
    »Wobei sie die Künste der Liebe ja durchaus kennen mag«, warf Claire de Valles ein. »Aber die wahre ›Parfaite‹ am Minnehof, Barbe, weiß, wann es Zeit ist, sich zu zügeln!«
    Barbe blickte konsterniert, aber Sabine lächelte der Marquise zu.
    Auch die Herzogin applaudierte.
    »Wohl gesprochen, Claire. Wäre es nicht Ketzerei, so könnte man wohl jede der edlen Damen hier als ›Parfaites‹ bezeichnen.«
    Die Ritter lachten zustimmend. »Aber nun wollen wir den nächsten Sänger hören«, beendete Catherine die Diskussion. »Was ist mit Euch, Philippe d’Ariège? Habt Ihr

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