Melodie des Südens
Abendessen: sobald Miss Marianne zurückkommt. Oh, und Mr Adam, Mr McNaught würde gern mit Ihnen sprechen. Er wartet bereits im Arbeitszimmer.«
Adam seufzte tief. »Schick ihn rein, Charles, wollen sehen, was er auf dem Herzen hat.«
McNaught begrüßte die Herren mit dem Hut in der Hand. Yves, der am Kaminsims lehnte, hielt ihn für das Musterbild eines kräftig gebauten blonden Schotten. Er hatte sich rasiert und die Jacke ausgebürstet und gelüftet, sodass er ausgesprochen respektabel aussah.
Adam blieb lässig im Sessel sitzen. »Mr McNaught, was kann ich für Sie tun?«
McNaught schaute von Marcel zu Yves und zurück zu Adam. »Es geht um die Hunde, Mr Johnston. Miss Johnston sagt, die Hunde müssen weg.«
»So, sagt sie das?« Adam setzte sich aufrecht hin. »Und warum?«
»Ich denke, Miss Johnston hat ein zu weiches Herz«, bemerkte McNaught und drehte seinen Hut in der Hand. »Sie ist verärgert, weil die Hunde einen Ausreißer gebissen haben. Aber ich brauche die Hunde, Mr Adam. Wenn die Nigger nicht fürchten, dass ich die Hunde hinter ihnen herschicke, dann läuft uns jede Woche einer weg. Und die meisten von den Hunden gehören schließlich mir.«
Yves beobachtete, wie sein anspruchsvoller Bruder ein Taschentuch herauszog, das er ausschließlich für diesen Zweck bei sich trug, und ein Stäubchen von seinen Schuhen entfernte. Er selbst war außerordentlich interessiert an der Ausreißer-Geschichte und neugierig, wie sein Freund mit der Beschwerde des Aufsehers umgehen würde.
»Ich verstehe«, sagte Adam. »Allzu sentimental, da stimme ich Ihnen zu.« Warum unterstützt er seine Schwester nicht?, dachte Yves. »Was haben Sie mit den Hunden gemacht, Mr McNaught?«, fragte Adam gerade.
»Ich habe sie in einen Zwinger hinter den Zuckerrohrfeldern gebracht, gute zwei Meilen von hier, bis Sie zurückkommen und Ihrer Schwester erklären, dass wir die Hunde hier brauchen.«
Yves erinnerte sich an die Zeit, als er ein Junge gewesen war. Wenn seine Mutter dem Aufseher irgendetwas befohlen hätte, und wäre es die Anordnung gewesen, die Hütten eigenhändig blau zu streichen und die Sklaven in den Schlaf zu singen, hätte sein Vater sie unterstützt. Er hätte möglicherweise hinterher mit ihr darüber gesprochen, aber vor dem Aufseher waren sie stets geschlossen aufgetreten.
Natürlich hatte Papa die Beziehung zu Cleo während all dieser Jahre gegen den Protest seiner Frau aufrechterhalten, und Yves wusste, wie sehr diese Angelegenheit seine Mutter geschmerzt hatte. Aber was den Betrieb der Plantage anging, waren sie vom Tag ihrer Heirat bis zu ihrem Tod ein eingespieltes Team gewesen.
Yves fragte sich, ob sein reichlich gleichgültiger Freund der Versuchung würde widerstehen können, sich auf die Seite eines willensstarken Mannes wie McNaught zu schlagen.
»Nun, Mr McNaught, ich …«
»Also ehrlich gesagt«, unterbrach Yves Adams angefangenen Satz, »würde ich es doch sehr erhellend finden, zu hören, was Miss Marianne über die Sache zu berichten hat. Sie wird ja beim Abendessen bei uns sein. Geht es dir nicht auch so, Marcel?«
»Hm? Ja, ich bin sicher, sie wird sich wie immer sehr über irgendetwas aufregen.«
Während der Wintersaison in New Orleans hatten die Brüder häufig an den gleichen Abendeinladungen und Bällen teilgenommen wie Marianne. Marcel hatte die Rolle eines duldsamen älteren Bruders übernommen, wenn sie zusammen gewesen waren. Er hatte Marianne stets zum Tanzen aufgefordert und war immer sehr höflich gewesen. Yves, der mit der Verwandtschaft seines Bruders weniger zu tun hatte, war trotzdem recht gut bekannt mit ihr. Manchmal hatte er mit ihr getanzt, manchmal auch nicht. Sie war ihm oft recht distanziert vorgekommen, sogar ein wenig schwierig, und er vermutete, sie langweilte sich ebenso sehr wie er. Trotzdem hatte er immer versucht, einen angenehmen Abend zu verbringen, und sich nicht allzu viel Mühe gegeben, eine Dame zu unterhalten, die am üblichen Geplauder nicht interessiert schien. Im Übrigen waren gute Manieren nicht unbedingt Yves größte Stärke.
»Nun«, entschied Adam, »ich denke, es wäre wohl höflicher, meine Schwester erst zu befragen, bevor ich ihre Anordnung rückgängig mache, Mr McNaught. Kommen Sie doch morgen noch einmal vorbei.«
Yves sah das Aufflackern von – ja, was war es, Triumph, Verachtung? – in den Augen des Aufsehers. Der Mann hatte wenig Respekt vor Adam, das war offensichtlich. Aber immerhin hatte er sich die Mühe gemacht,
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