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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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er ein hübscher Junge gewesen. Was für einen Charakter er wohl hatte? Ob er wohl abends mit den anderen sang? Erzählte er Geschichten oder machte er Scherze? Hatte er ein Auge auf ein bestimmtes Mädchen und pflückte Blumen für sie? Sie tupfte ein wenig Heilsalbe auf seine trockenen Lippen und wünschte sich, sie hätte mehr über Medizin gelernt. Sie würde ihr Lehrbuch wieder einmal hervorholen und sehen, ob sie nicht noch eine andere Arznei für ihn finden konnte. Der arme Kerl würde wohl kaum noch einmal fortlaufen, nicht mit diesen Beinen und diesem verkrüppelten Fuß. Aber sein Bruder war noch da draußen, möge Gott ihn schützen.
    Warum waren die beiden gerade jetzt davongelaufen? Vielleicht lag es an diesem neuen Aufseher, McNaught. Er war zu streng. Sie konnte sich nicht erinnern, dass es irgendwelche Fluchtversuche gegeben hatte, solange Mr Smythe noch bei ihnen gewesen war. Und dann lagen natürlich diese Forderungen nach Abschaffung der Sklaverei in der Luft, das machte die Sklaven unruhig, wer konnte es ihnen verdenken?
    Marianne tauchte ihr Tuch in die Wasserschüssel und wischte noch einmal Peters Gesicht ab. So etwas darf nicht mehr passieren, dachte sie, auf keinen Fall. Es darf einfach nicht sein, dass Jungen in diesem Zustand zurückgebracht werden.
    Aber ihr Vater würde nicht auf sie hören. Er liebte und verwöhnte sie, aber er nahm keinen Rat von seiner Tochter an. Was konnte sie nur tun?

2
    Gabriel Chamard stieg von der Planke auf den Anleger und atmete zum ersten Mal wieder heimatliche Luft ein. Nicht den Zitronenduft, an den er sich erinnert hatte, oder die kräftigen Gerüchte kreolischer Küche – hier im Hafen roch es nach brackigem Flusswasser, Maultieren und Männerschweiß. Aber er war zu Hause.
    Gabriel bewegte sich durch die Menge der Stauer, einen Kopf größer als alle anderen, um endlich wieder den Boden von Louisiana unter den Füßen zu spüren. Er sorgte dafür, dass sein Koffer nach Hause gebracht wurde, und lehnte die Angebote der Sänftenträger ab. Nach so vielen Wochen auf dem Segelschiff war es gut, ein paar Schritte zu Fuß zu gehen. Mit großen Schritten machte er sich auf den Weg, um New Orleans für sich zurückzuerobern.
    Die Straßen rund um den Hafen waren schlammig, voller Abfälle und Schmutz, voller Hundehaufen und Pferdeäpfel. Gabriel achtete auf seine Schritte, um seine feinen französischen Schuhe nicht zu ruinieren. Den blonden Mann mit den schmutzigen Stiefeln und der blutigen Schürze bemerkte er erst, als er schon in ihn hineingelaufen war.
    »Bitte vielmals um Entschuldigung, mein Herr …«, begann der Mann. Gabriel setzte schon seinerseits zu einer Entschuldigung an, als der Mann mit einem Blick in Gabriels schwarze Augen die afrikanischen Vorfahren seines Gegenübers erkannte.
    »Du bist ein verdammter Farbiger«, sagte er und streckte die schmutzige Hand aus, um Gabriels Samtkragen zu befingern. »Aber fein gekleidet wie ein Herr.«
    Gabriel richtete sich auf und bereitete sich darauf vor, dass der Mann ihn noch einmal anfasste. Sein Gegenüber war genauso groß wie er und eher breiter gebaut, aber Gabriel bemerkte den weichlichen Bauch und die Falten in dem roten Gesicht. Mit dem konnte er leicht fertig werden.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Gabriel und trat zur Seite.
    Die kleinen Schweinsäuglein des Mannes leuchteten auf, und er griff nach Gabriels rechtem Arm. »Hältst dich wohl für einen ganz feinen Pinkel, was? Dabei bist du doch bloß ein Nig…«
    »Lassen Sie mich los!« Gabriel warf einen Blick auf die fleischige Hand auf seinem Arm und dann in die blutunterlaufenen blauen Augen. Zwei Arbeiter blieben stehen, die Arme verschränkt, begierig auf einen Kampf, bei dem sie zusehen konnten. Konnte er es mit den dreien aufnehmen und trotzdem vermeiden, im Dreck zu landen? Vermutlich würde er seine Jacke ruinieren, aber wenn das der Preis war, den man zahlen musste, um in New Orleans als Mann zu gelten, dann musste es wohl so sein.
    Der Blonde grinste jetzt breit, so sehr genoss er sein Publikum. Langsam bekam er Spaß an der Sache, das wurde Gabriel klar. Wieder griff der Metzger nach dem Revers des feinen Wollmantels. Gabriel fuhr seine linke Faust aus und traf ihn am Kinn. Aus dem Augenwinkel sah er die beiden Arbeiter, die auf ihn zukamen, beide von links. Er wirbelte herum, traf den einen Mann mit seiner Rechten, aber der zweite schlug ihn aufs Auge, bevor Gabriel auch ihn mit der Faust am Kinn traf.
    Jetzt griff der Metzger

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