Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
Vom Netzwerk:
Spaziergang und unser Verhalten wirken nach
außen hin so banal und fälschlicherweise harmlos, dass man fast
vergessen könnte, was wir eigentlich sind. Aber genauso will es die
Camarilla, eine verdunkelte Gesellschaft inmitten der nichtsahnenden
Bevölkerung.
    „Und
jetzt zum Buckingham Palast?”, fragt Daniel und Andrew sagt
    „Ohja,
unser Juwel darf nicht fehlen. Wenn du den Buckingham Palast nicht
gesehen hast, warst du nicht in London.”.
    „Wie
viel Zeit bleibt uns noch, bis wir am London Eye sein sollen?”,
fragt Vanessa, die wohl anscheinend keine Uhr besitzt.
    „Noch
etwa eine Stunde.”, antworte ich und dränge auch ein wenig darauf,
dass wir uns beeilen, indem ich mich schon in Richtung des Palastes
aufmache.
    Auf
dem Weg dorthin entwickelt sich ein, für mich merkwürdiges
Gespräch, da Daniel fragt
    „Bereut
ihr eigentlich, was aus euch geworden ist? Also, ich meine... naja,
wärt ihr lieber Menschen geblieben?”. Darauf antwortet erst einmal
niemand direkt, sondern jeder denkt über seine Antwort nach.
Schließlich ist es eine bedeutungsschwere Frage.
    „Es
war nicht einfach... der Anfang. Man wird da so hineingeschmissen, in
diese Welt. Man muss sich zurechtfinden und es fiel mir nicht so
leicht.“, antwortet Andrew. Vanessa folgt dann mit
    „Ich
hätte auf einiges verzichten können. Aber viel geändert hat sich
für mich eigentlich nicht. Also, naja... bis auf die
Essgewohnheiten.”. Ich grübele immer noch über meine Antwort
nach, da aber Daniel wohl keine von mir erwartet, fragt er
weiter
„Und vermisst ihr etwas von früher?”. Auf diese Frage
kann Andrew schneller antworten.
    „Ich
vermisse es, Lehrer zu sein. Wissen vermitteln und denen die nach uns
kommen Sinn mit auf den Weg geben und ihnen zur Seite zu stehen.
Heute habe ich eher einen langweiligen Job... wenn ich nicht im
Klüngeldienst bin, meine ich.”. Und bevor Vanessa etwas darauf
sagen kann, antworte ich Daniel auf seine erste Frage.
    „Ich
bin für diese Chance meinem Clan, meinem Erzeuger sehr dankbar. Es
war doch vom Gefühl her meistens so, als ob etwas fehlen würde.
Doch nun empfinde ich mich als Ganzes. Als hätte ich nie etwas
anderes sein sollen, als ein untoter Blutsauger.”.
    „Interessante
Wortwahl, Melville.”, sagt Daniel und fragt dann direkt mich
„Und,
vermisst du trotzdem etwas?”.
    „Manchmal
wäre es sicher leichter, nicht diese Verantwortung zu tragen. Diese
Macht, die wir haben verführt doch, eine andere Person zu werden als
man vorher war. Ich habe es bei meinem Erzeuger bemerkt. Desto länger
wir so leben, desto blasser wird unser durch Menschen geformter
Charakter. Es stilisiert sich der wahre Kern, frei von Erziehung und
Scheu, bis man nur noch das Rohe bleibt, dass unser Blut uns vorgibt.
Nicht zu wissen, dass man zwangsläufig darauf zusteuert, das
vermisse ich.”.
    „Siehst
du das wirklich so?”, fragt er weiter.
    „Ja.”,
antworte ich darauf schnörkellos. Wir laufen schweigend weiter,
Schritte, bei denen ich mich selbst frage, welcher wahre Kern wohl in
mir steckt.
    „Und
was ist mit dir, Daniel?”, fragt Vanessa nach einigen Minuten, in
denen wir es schon fast bis zum Palast geschafft haben.
    „Ich
denke, meine Tätigkeit ist jetzt bedeutender als vorher.”.
    „Du
warst doch Neurologe, oder? Wie kann das nicht wichtig sein?“,
fragt Andrew.
    „Ich
habe nicht gesagt, dass mein Beruf vorher nicht wichtig war, nur,
dass meine Fähigkeiten jetzt wichtiger sind. Neurologen gibt es
viele, vor allem so zweitklassige wie ich einer war. Aber ich hatte
eine sehr talentierte Erzeugerin und sie hat es verstanden, mir diese
Wege auch zu eröffnen. Ich bin froh über meine Entwicklung.”.
    „Ist
doch schön.“, sagt Vanessa, aber es wirkt etwas gequält.
    Als
wir endlich das Victoria Denkmal sehen können, sagt Andrew plötzlich
    „Im
Sonnenlicht muss die goldene Lady fantastisch aussehen. Ach ja,
genau. Die Sonne vermisse ich ganz besonders.”. Vanessa und Daniel
stimmen ihm offenkundig zu, nur ich nicht, denn ich vermisse sie
nicht. Und ich bin zufrieden damit, dass ich sie jetzt ebenso wenig
brauche, wie sie mich und das Anzugtragen ist einfacher geworden,
seitdem mir die Hitze keine Probleme mehr bereitet.
    „Ich
weiß, dass der Palast wichtiger ist, aber sieh‘ sich doch einer
diesen tollen Zaun an.“, sagt Daniel und Vanessa lacht laut.
    „Gute
englische Wertarbeit.“, sage ich darauf und erinnere mich kurz
unerwartet an eben jene Worte und wie sie mein Vater

Weitere Kostenlose Bücher