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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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aller Macht, um
gemeinsam mächtiger zu werden.”, wir tun, wie sie es uns sagt. Und
dann legt sie Sophia den Kelch an die Lippen und sie trinkt. Ich
beobachte ihr Gesicht, ihr Verhalten. Sie lächelt und scheint vom
puren Glück durchströmt zu werden. Sie seufzt und atmet und scheint
in einer Art Zwischenwelt zu schweben, doch sie bleibt standhaft in
ihrer knienden Position stehen. Dann nimmt Elina einen andächtigen
Schluck, gefolgt von Gregori und Sergej. Jeder scheint auf seine
Weise dieses erhabene Gefühl zu empfinden. Gregori eher stumm und
ohne Mimik, Sergej fletscht die Zähne und ein tiefes Grollen
entfährt seiner Brust. Ich bin der letzte in der Reihe, ich bin der
Neue.
    Elina
kommt auf mich zu, ich verneige mich leicht vor ihr und spüre dann,
wie sie mir den Kelch an die Lippen legt. Das Blut benetzt meine
Lippen und es prickelt auf meiner Zunge. Ich schließe die Augen.
Doch kaum sind meine Lider geschlossen, höre ich ein entferntes
Schreien. Ein verzweifeltes Schreien, voller Agonie und ohne
Hoffnung, verzweifelt und einsam. Und es dauert bis ich verstehe,
dass es mein Schrei ist. Es kommt näher. Alles ist finster um mich
herum, dann der erste Schlag. Ich sacke zusammen, dann der nächste.
Schwer treffen sie mich. Blut quillt aus meinem Mund, die Eingeweide
zerreißend treten sie weiter. Ein Strudel aus Schmerz, aus Angst,
aus Verzweiflung. Und dann ein Lachen, in der Dunkelheit fühle ich
den heißen Atem an meinem Ohr. Das deutliche, kehlige Lachen. Ich
will rufen, ich will befehlen, meine Disziplinen nutzen, doch ich
sehe weder Augen noch scheine ich selbst eine Stimme zu besitzen.
Finsternis.
    Tränen
der Verzweiflung schießen mir in die Augen. Was geschieht nur mit
mir? Warum? Ich habe das Gefühl, dass meine Innereien bersten, mein
Blut anfängt zu kochen. Ich brenne, brenne von innen heraus. Das
Lachen wird immer lauter, übertönt den Schrei.
    „Endlich.“,
haucht eine Stimme in mein anderes Ohr, während mir das
Lachen immer noch in das andere Ohr schreit.
    „Endlich...
endlich...“,
immer und immer wieder. Ich schlage um mich, doch niemand ist
zu greifen. Ich bin gefangen in einem Alptraum, in meiner eigenen
Welt.
    „Komm
zu mir!”. Dann fühle ich wie meine Haut bricht und
mein ganzes Blut hervortreibt, kalt und klebrig bedeckt es mich,
umschließt mich und sickert mir schließlich in den Mund. Ich
ersticke. Ein Gefühl, dass ich für immer ausgeschlossen glaubte.
Ich ersticke an meinem Blut und niemand hört mein Flehen. Ich bin
allein.

Eroberung des Heims

    Ich
erwache mit Schrecken in der nächsten Nacht. Ich bäume mich mit
einem Ruck auf und sitze in meinem Bett. Ich erkenne sie nicht
gleich, doch Sophia erhebt sich vom Stuhl neben meinem Bett und setzt
sich zu mir. Mein Schreien hallt immer noch in meinen Ohren und nur
schwer schlucke ich das Gefühl des Erstickens herunter.
    „Melville?
Melville, alles in Ordnung?”. Sie sieht mich wirklich besorgt an.
Mit leicht krächzender Stimme antworte ich
    „Ich
weiß es nicht... ich...”, kurz horche ich in mich hinein, an und
für sich geht es mir gut. Der Schreck über das Erlebte sitzt mir
nur noch tief in den Knochen.
    „Ja,
es geht mir gut. Was ist passiert?”.
    „Du
hast das Bewusstsein verloren und bist nicht mehr wach geworden.
Kannst du dich an etwas erinnern?”. Ich überlege, was ich Sophia
sagen sollte und entscheide mich dafür ihr keine zu großen Sorgen
zu machen.
    „Es
war einfach alles schwarz. Alles war weg und dann wurde ich wieder in
meinem Bett wach.”. Sie glaubt meine Lüge, obwohl ich mich schäbig
dabei fühle. Doch ihr zu gestehen, dass ich meinem inneren Tier
wahrscheinlich persönlich begegnet bin, traue ich mich nicht.
    „Kannst
du schon aufstehen? Die anderen wollen dich sicher sehen, sie machen
sich Sorgen. Vor allem Elina. Das ist das erste Mal, dass jemand bei
ihren Ritualen so unerwartet in die Dunkelheit abtaucht. Du hast das
aber nicht öfters, oder?”.
    „Das
war das erste Mal, Sophia, ich...“ und dann wird mir schlagartig
bewusst, dass ich noch ein anderes Problem habe. Aufkeimender Durst
macht sich immer mehr in mir bemerkbar.
    „Ich
glaube, ich habe schrecklichen Durst. Ich brauche dringend etwas...
Blut.”. Sie lächelt mir zu.
    „Schau
doch mal bei unseren Vorräten nach, ob jemand für dich dabei ist.
Sonst können wir alle gemeinsam Jagen gehen, falls du das magst.”.
    „Vorräte?“,
frage ich vorsichtig.
    „Ja,
Gregori verwaltet sie. Wir sind hier etwas abseits, da

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