Melville
ist es ganz
gut, etwas unabhängiger zu sein.”.
„Ich
verstehe.”. Ich hebe langsam die Beine aus dem Bett und stehe auf.
Sie folgt mir und begleitet mich hinaus in den Flur. An der Tür
erwartet mich bereits Elina. Sie sagt kein Wort, sondern fixiert mich
nur aufmerksam mit ihren Augen. Ich bin mir bewusst, dass sie gerade
eine Disziplin auf mich anwendet und bewege mich nicht.
„Gut...
gut.”, murmelt sie nur und sieht mich dann wieder mit normalem
Blick an.
„Wie
fühlst du dich, Melville?“, fragt sie fast schon streng.
„Ich
habe keine Schmerzen und fühle mich eigentlich wie gestern Nacht
nach dem Erwachen auch.”. Sie nimmt mich plötzlich in den Arm und
drückt mich kurz.
„Dann
bin ich ja beruhigt. Tue mir das nie wieder an, Melville!”, sagt
sie ermahnend.
„Ich
konnte nicht einmal in deinen Geist vordringen. Du warst vollkommen
verschlossen.”. Ich sehe sie nur entschuldigend an, da zieht mich
Sophia weiter.
„Er
muss trinken.“, sagt Sophia zu ihr, Elina nickt uns mit wissendem
Blick zu und wir gehen die Treppen hinunter. Wieder in die
Kellerbereiche, doch diesmal ein anderer Abschnitt, als der mir
bekannte. Wir gelangen an eine schwere Metalltür ohne Klinke, Sophia
betätigt einen Knopf und blickt dann in eine kleine
Überwachungskamera über der Tür. Leise schwingt die Tür auf und
gewährt uns Einlass. Den Gang entlang, der vor uns liegt, erleuchten
Neonröhren den Weg. Links und rechts vom Gang sind große Plexiglas
Schaufenster, hinter denen nach und nach auch Neonlicht den dahinter
liegenden Raum erleuchtet. Zwei große Fenster sind es, angefüllt
mit je vier Doppelstockbetten, in denen sie vegetieren. Apathisch
liegen sie da und starren vor sich an die Decke oder das Bett über
ihnen. Schläuche in ihren Venen versorgen sie wohl mit Nährlösung
und sie zucken nicht einmal, bei der plötzlichen Helligkeit, die sie
umgibt. Graue Betonwände, Gummimatratzen und Katheter in ihren
Leibern. Einige sind blasser als andere oder wirken allgemein
ausgemergelt.
„Und?
Etwas dabei?”, fragt mich Sophia gänzlich ohne Verständnis für
die menschliche Kälte, die ich erkenne. Innerlich erschauere ich
etwas, beginne aber dennoch die Betten nach geeigneter Beute
abzusuchen. Ich deute auf einen großen Mann, um die dreißig,
blondes Haar und eher muskulös.
„Gute
Wahl. Nummer zwölf.”, kommentiert sie meine Auswahl und wir
verlassen wieder den Keller.
„Ich
dachte, ich soll von ihm trinken?“, frage ich nach.
„Aber,
Melville, doch nicht von ihnen direkt. Ich werde Gregori Bescheid
sagen und er kümmert sich darum. Hast du großen Durst?”, ich
nicke zur Antwort. Oh ja, ich habe großen Durst und von Minute zu
Minute wird das drängende Gefühl stärker.
Sophia
holt ein kleines Handy hervor und scheint Gregori anzurufen, während
wir die Treppen zum Erdgeschoss wieder hinauf gehen. Sie redet eine
fremde Sprache mit ihm, wohl wieder Russisch, aber ich verstehe
wirklich kein Wort. Nur mein Name fällt einmal, doch jede weitere
Erkenntnis bleibt mir verwehrt.
Oben
im Salon möchte Sophia, dass ich mich setze. Ich merke erst gar
nicht, wie ich nervös meine Hände reibe und mir immer wieder über
die Lippen lecke. Sie spricht mich nicht an, sondern betrachtet mich
nur. Die Minuten vergehen, ich raufe mir durch das Haar und ertrage
das Warten fast schon nicht mehr. Da höre ich Gregoris Schritte auf
der Treppe, wie ein Raubtier nehme ich seine Bewegungen wahr und
fixiere sofort die zwei Kanister, die er bei sich trägt. Ich stehe
auf und gehe auf ihn zu, beherrsche mich aber gerade noch, ihm die
Gefäße nicht aus der Hand zu reißen.
Er
betrachtet mich kurz lächelnd, verkneift sich aber anscheinend einen
Kommentar und reicht mir den ersten zwei Liter Kanister. Gierig
greife ich danach, drehe schnell den Deckel ab und spüre durch die
Wandung noch die Wärme des Menschen, der sicher gerade für mich
gestorben ist.
Ich
stürze das rote Gold herunter, wie ein Kranker seine Medizin oder
besser, wie ein Süchtiger seine Drogen. In langen Zügen leere ich
ihn, reiche Gregori den Kanister wieder und betrachte schon den
nächsten in seiner Hand.
„Du
brauchst wirklich viel. Was hast du in deiner Ohnmacht nur getrieben,
Melville?”, höre ich von Sophia. Ich antworte nicht, Gregori
reicht mir auch den Zweiten und wartet geduldig. Auch wenn der Trieb
nicht mehr so stark ist, genieße ich die Flut an Lebenssaft, die
mich durchströmt. Ich brauche es, dringend!
Ich
reiche ihm auch
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