Melville
Er hebt mich wieder heraus, trägt mich
in das Haus und bringt mich auf mein Zimmer. Ich sehe zwar einen
besorgten James, aber Sophia sehe ich nicht.
Er
legt mich in mein Bett, schlägt die Decke über meine Beine und sagt
lachend
„Das
Elend will ja nicht jeder sehen.”. Ich lache kurz müde zurück,
kann aber auf seine Versuche mich zu necken nicht wirklich reagieren.
„Brauchst
du was zu trinken?“, fragt er noch, aber ich lehne dankend ab. Doch
Elina, die uns gefolgt ist, übergeht mich einfach und sagt
„Natürlich,
das sieht man doch. Wie soll das sonst heilen? Nun los, hol schon
was!”.
„Ja,
Ma’am.”, sagt er etwas schnippisch und macht sich auf den Weg.
Elina
setzt sich auf den Rand meines Bettes und betrachtet mich eingehend.
„Willst
du mir auch sagen, wie dumm ich bin?“, frage ich sie leise.
„Nein,
eigentlich wollte ich sagen, dass es mir leid tut, was dir passiert
ist. Das muss ziemlich schmerzhaft für dich sein.”.
„Heilt
schon wieder.“, antworte ich nur knapp. Ich greife nach ihrer Hand
und frage weiter
„Wo
ist Sophia? Ich muss mit ihr sprechen.”.
„Vielleicht
solltest du heute lieber nicht mit ihr sprechen. Gib ihr etwas Zeit,
es ist auch für sie nicht leicht.”.
„Ich
hab es so verbockt. Glaubst du, sie kann mir verzeihen, dass ich ihr
Kummer bereitet habe?”.
„Natürlich,
es dauert nur sicher etwas.”, sie lächelt mir mitfühlend zu,
tätschelt meine Hand leicht und erhebt sich dann wieder.
„Ich
werde jetzt zu ihr gehen und ihr sagen, dass du wieder da bist. Sei
brav und trinke, wir brauchen dich schnell wieder.”.
„Mach
ich.“, antworte ich nur und sehe ihr nach, als sie aus meinem
Zimmer verschwindet.
Die
letzte Stunde der Nacht verbringe ich allein auf meinem Zimmer. Alle
Lichter sind aus und ich genieße ein wenig die Ruhe in der
Dunkelheit zu liegen. Ganz leicht habe ich durch erheblichen Aufwand
von Blut gemerkt, wie meine Wunden sich wenigstens oberflächlich
schließen. Der Anfang ist gemacht, aber laut Gregori wird mich die
komplette Heilung sicher eine Woche kosten. Eine Woche hier
rumliegen, dieser Gedanke betrübt mich sehr. Ich könnte sicher auch
mit einem Rollstuhl umherstreifen, doch mich jedesmal von den anderen
die Treppen hoch und runter wuchten zu lassen, halte ich persönlich
für sehr erniedrigend. Da verbringe ich die Woche lieber im Bett.
Da
nehme ich leise und kaum merklich wahr, wie die Klinke meiner Tür
heruntergedrückt wird und auf leisen Sohlen und im weißen Nachthemd
Sophia in mein Zimmer schleicht. Ich habe ihren Duft sofort erkannt,
traue mich aber nicht etwas zu sagen.
Sie
kriecht zu mir unter die Bettdecke und versucht möglichst nicht
meine Beine zu berühren. Und mit dem Kommentar
„Halt
einfach die Klappe. Ich werde dich morgen anschreien und bestrafen.“,
hebt sie meinen linken Arm an und kuschelt sich seitlich auf meine
Schulter. Wir sagen beide weiter kein Wort, ich küsse sie nur einmal
kurz auf den Hinterkopf und bin sehr froh und erleichtert, dass sie
bei mir ist.
Bestrafung
Aufrecht
lehne ich an dem oberen Ende meines Bettes. James schüttelt mir
sicher einmal in der Stunde die Kissen auf und kümmert sich rührend
um mich. Er bringt mir ein neues Smartphone, damit ich wieder einmal
meine Daten synchronisieren kann, organisiert mir wie jeden Abend die
aktuelle Tageszeitung, natürlich aufgebügelt, damit ich meine Hände
an der Drückerschwärze nicht beschmutze und er hat mir auch in der
vorigen Nacht in passendere Übertagungskleidung geholfen. Und wieder
bin ich froh, dass ich ihn mitgenommen habe. Ein Butler der alten
Schule, englisch durch und durch.
Doch
als Sophia wieder durch die Tür tritt, lege ich die Zeitung sofort
beiseite und falte meine Hände vor mir auf der Decke.
Mit
strengem Ton und eindringlichem Blick fängt sie an.
„Lass
mich zuerst aussprechen, was ich zu sagen habe. Ich war gestern mit
meiner gesamten Konzentration und Motivation damit beschäftigt,
meine Bischöfe auf eine für uns gefährliche und vielleicht auch
kriegerische Zeit vorzubereiten. Habe versucht alle Aspekte, die mir
meine Kardinälin aufgetragen hat, möglichst klug in die Wege zu
leiten und vorzubereiten. Nur kurz habe ich Gregori in seine Räume
geschickt, um Sattelitenaufnahmen zu holen, doch stattdessen hatte er
diesen kleinen unscheinbaren Zettel in der Hand und reichte ihn mir
wortlos. Ich war genötigt die beiden Bischöfe vorzeitig zu bitten
wieder abzureisen. Ich konnte meine Aufgabe
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