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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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ich müsste meine Aussage zurücknehmen, um sie
wieder zum Lächeln zu bringen. Doch ich kann dem widerstehen.
    „Ich
nehme an, dass du mit der Erzbischöfin sprechen möchtest?“.
    „Sie
möchte mit mir sprechen.“, verbessert sie mich.
    „Und
worum geht es, wenn ich fragen darf?“.
    „Nein,
darfst du nicht.“ und amüsiert über meinen Gesichtsausdruck lacht
sie wieder kindlich.
    „Wenn
das so ist, muss es ja etwas sehr wichtiges sein.“.
    „Versuchst
du mich auszuhorchen, Melville?“, fragt sie nach.
    „Das
käme mir niemals in den Sinn. Es ist nur ungewöhnlich, dass sie
dich hier empfängt.“.
    „Warum?“.
    „Normalerweise
trifft sie sich in ihrem Haus nur mit Personen, die entscheidend für
die Frankfurter Zukunft sind.“.
    „Ach,
und was lässt dich glauben, dass ich nicht entscheidend bin?“. Sie
sieht mich aufmerksam an.
    „Nun
ja, ich habe dich in unserer Diözese noch nie gesehen. Ich nehme an,
dass du von außerhalb angereist bist. Also wird es sicherlich um
etwas anderes gehen, als unseren derzeitigen Disput mit der
Camarilla.“.
    „Disput?“,
sie kichert wieder, wendet sich dann plötzlich dem Bären zu und
scheint ihm zu antworten
    „Sieh
an, das wusste ich nicht.“.
    „Was
wusstest du nicht?“, spricht der Bär tatsächlich zu ihr?
    „Dass
du ein Camarillamitglied warst und das ist noch nicht einmal lange
her.“.
    „Hat
dir das der Bär verraten?“, frage ich zweifelnd.
    „Der
Bär hat auch einen Namen. Es ist unhöflich über jemanden hinweg zu
reden.“. Ich seufze kurz leise und gebe mich geschlagen.
    „Wie
heißt er denn?“. Sie hebt ihn hoch, hält ihn mir vor das Gesicht
und sagt
    „Das
ist Anton und er freut sich dich kennenzulernen.“. Ich sehe sie an,
voller Inbrunst und Stolz präsentiert sie ihn mir und wirkt ein
wenig erwartungsvoll.
    „Hallo
Anton, es ist mir eine Freude.“ und ich muss über mein Verhalten
lächeln, ihr Spielchen so mitzumachen. Sie nickt zufrieden und
stellt ihn zurück auf seinen Sitzplatz.
    „Was
weiß Anton denn noch so?“.
    „Ach,
ziemlich viel. Manchmal muss ich aber streng mit ihm sein, wenn er
wieder Sachen will, die nicht gut sind.“.
    „Sachen,
die nicht gut sind?“.
    „Ja,
Feuerchen legen oder wenn er böse Worte sagt.“. Ich ziehe meine
Augenbrauen in die Höhe. Ist sie eine kleine Pyromanin? Das wäre
mehr als bedenklich, wenn sie plötzlich, durch ihren Fantasiebären
überzeugt, ein Feuer legen würde.
    „Mir
ist langweilig.“, sagt sie plötzlich. Ich hoffe, dass sie nicht
Verstecken spielen möchte oder dergleichen.
    „Hast
du einen Stift und Papier?“.
    „Willst
du malen?“.
    „Hast
du etwas dagegen?“. Ich erhebe mich bereits und gehe zu einer
kleinen Kommode mit Schreibutensilien.
    „Nein,
ich denke, du kannst ruhig etwas malen, wenn du möchtest.“. Ich
greife einige Stifte und auch leere Blätter und lege die Sachen vor
sie auf den Couchtisch.
    „Danke.“,
sagt sie höflich, rutscht von der Couch und setzt sich im
Schneidersitz auf den Boden vor den Tisch. Sie nimmt einen Bleistift
und fängt augenblicklich an, enthusiastisch auf das Papier zu
kritzeln. Ich setze mich auf der Couch zurück, schlage ein Bein über
das andere und betrachte sie stumm. Und eine Weile muss ich darüber
nachdenken, ob ich damals bei Jonathan die Wahrheit gesagt habe. Wenn
ich noch ein Mensch wäre, hätte ich dann wirklich keine Kinder
gewollt? Bei ihrem Anblick bin ich mir nicht mehr ganz so sicher. In
einigen Nächten werde ich vierzig und ich könnte jetzt durchaus
auch ein Kind ihres Alters haben. Und wie ein Blitz taucht der
Gedanke in meinem Kopf auf, dass es Sophia und mir durchaus gestattet
wäre ein Kind zu haben. Kein biologisch Gezeugtes natürlich.
Vielleicht ein geraubtes Kleinkind, dass wächst und nur durch
unseren Einfluss seine Wahrnehmung formt. Oder sogar jedes Jahr ein
Neues, passend älter, oder…
    „Das
ist keine gute Idee, Melville!“, kommentiert sie plötzlich scharf.
    „Was?“,
frage ich überrascht.
    „Kinder
im Krieg sind immer unglückliche Kinder.“. Kann sie meine Gedanken
lesen? Das wäre furchtbar. Und mein leicht entgeisterter
Gesichtsausdruck bringt sie zum Lachen und sie sagt
    „Anton
will nur keine weinenden Kinder mehr sehen.“.
    „Dann
wollen wir Anton das auch nicht zumuten.“. Ich betrachte den Bären.
Ein normaler Teddybär, welcher bereits bessere Zeiten hatte, dennoch
ist er mir unheimlich. Ich stehe auf und entferne mich etwas von ihm.
    „Möchtest
du etwas

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