Melville
wirkt
hilflos und klein in ihrem Kleidchen und dem abgenutzten Teddybären
im Arm. Sie soll mich betreuen?
„Wenn
das Ihr Wunsch ist, Frau Annikova, werde ich Melville unter meine
Fittiche nehmen.“ und kichert kurz leise.
„Ich
denke nicht, dass ich damit zufrieden sein kann.“, antworte ich
unbedarft und übermannt von dem Gefühl der Schande, ihr quasi
unterstellt zu werden. Sophia hebt eine Augenbraue und fragt
„Warum
denn nicht, Melville?“.
„Ich…
es tut mir leid, dass so aussprechen zu müssen, aber sie ist ein
kleines Mädchen, ein Kind.“. Ich fahre mir kurz durch das Haar, es
ist mir unangenehm Sophia zu widersprechen.
„Darum
geht es doch gerade, man wird sie falsch einschätzen, wobei sie
durchaus gefährlich für eure möglichen Angreifer sein kann. Und
ich bin nicht gewillt, dir kämpferische Kräfte zur Seite zu
stellen. Ich will nicht, dass du in Auseinandersetzungen gerätst,
sondern stattdessen lieber unentdeckt bleibst. Außerdem brauche ich
jeden Krieger an anderen Fronten. Aber dein Dienst wird dringend
benötigt. Für die weiteren Planungen ist ein Wegsehen der Menschen
erforderlich und dafür wirst du sorgen!“. Sophias Betonung der
Worte wird strenger, als sie bemerkt, dass ich wohl immer noch nicht
gewillt bin diesen Plan anzunehmen.
„Meine
Tochter soll sie sein?“, frage ich wieder und muss an das Bild von
eben denken.
„Ja,
ich habe hier zwei Ausweise für euch, die du Menschen präsentieren
kannst, die allzu neugierig sind.“. Und mit diesen Worten reicht
sie mir die beiden kreditkartengroßen Dokumente. Widerwillig nehme
ich sie entgegen. ‚Peter Jones‘ und ‚Anna Jones‘.
„Falls
nötig, kannst du dir ja eine Geschichte einfallen lassen, warum ihr
beide zusammen seid. Aufgrund deines hörbaren Akzents habe ich aber
entschieden, dass du auch offiziell aus England stammst.“. Ich sehe
erneut auf meinen Ausweis. Geburtsort ‚London‘, wie ironisch.
„Sophia,
ich…“.
„Melville,
ich akzeptiere keine Ablehnung! Finde dich damit ab und lerne die
Vorzüge von Frau Rausch zu nutzen. Macht euch miteinander vertraut.
Sie wird nicht in das Rudel aufgenommen, aber ich habe Elina bereits
mit einem bindenden Ritual zwischen euch beiden beauftragt, das ihr
um zwei Uhr begehen werdet. Du hast eine Aufgabe, Melville, und du
wirst dich ihr nicht wegen unangebrachter Eitelkeit entziehen! Frau
Rausch ist dreimal älter als du, nur ihre Erscheinung die eines
Kindes. Ich vertraue auf dich.“. Ich muss schwer schlucken, mein
Ehrgefühl windet sich, aber ich weiß eigentlich, dass sie Recht
hat. Annemarie ist durchaus geeignet und ich sollte sie nicht
unterschätzen. Aber es fällt mir sehr schwer.
„Jawohl,
meine Erzbischöfin.“, sage ich nur, blicke ihr aber aufrichtig in
die Augen, damit sie erkennen kann, dass ich es wirklich akzeptiere.
„Sehr
schön. Frau Rausch wird das Gästezimmer gegenüber deinem Zimmer
beziehen und ihr habt heute Nacht noch die Möglichkeit euch besser
kennenzulernen. Morgen Nacht wirst du dich mit deinen Kontakten
treffen, wer immer dafür notwendig ist, und ihnen folgende Aufgaben
geben.“. Sie reicht mir einen braunen Umschlag mit Anweisungen. Ich
greife ihn, beschließe ihn aber erst später zu öffnen. Natürlich
werde ich ihren Befehlen folgen, somit brauche ich die Daten nicht
sichten. Ich vertraue ihr und nicke pflichtbewusst.
„Dann
wünsche ich euch beiden noch eine angenehme Nacht. Ich muss jetzt
weiter arbeiten.“.
„Ihnen
auch, Frau Annikova.“, antwortet Annemarie und hüpft vom Stuhl.
Ich blicke Sophia noch einige Sekunden aufmerksam an, ihre mächtige
Anmut ist einfach nicht zu verleumden, stehe dann aber auch auf,
verbeuge mich leicht und sage
„Ich
bin froh, dir wieder dienlich sein zu können.“. Ich erkenne ihr
leichtes Lächeln, dann wende ich mich ab und folge Annemarie nach
draußen.
Das
wird eine anstrengende Zeit für mich und ich habe schon Gregoris
Kommentare zu diesem Bündnis im Ohr.
„Oh,
toll, ein großes Kuschelbett!“, sagt Annemarie laut und springt
auch gleich auf die Matratze und schwingt etwas auf und ab. Ich habe
sie in ihr Zimmer geführt, damit sie weiß, wo sie übertagen kann.
„Ja.“,
sage ich nur tonlos, bleibe in der Tür stehen und sehe ihr beim
Erkunden des Zimmers zu. Nachdem sie auch in den großen Schrank und
in das Gästebad geblickt hat, bleibt sie plötzlich direkt vor mir
stehen und fragt mit tragender, fast schon trauriger Stimme
„Willst
du nicht mein Papa
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