Melville

werden unter den unablässigen Angriffen durch diese Kampfmaschinen langsam zermürbt und dann kommt der Moment, in dem wir unsere Eliten auf sie hetzen.
    Auf Nachfrage bei Sergej, warum man sie ‚Schaufelköpfe‘ nennt, erhalte ich nur eine knappe, aber sehr ernüchternde Antwort.
    Menschenmaterial wird überwältigt, zusammen getrieben und ohne Rücksicht verwandelt. Meist von Gangrel oder Brujah, die wiederum selber als sehr gewalttätig und grenzenlos gelten. Dann, noch während sie benommen sind, schlägt man ihnen die Schädel ein und vergräbt sie. Es dauert normalerweise zwei bis drei Nächte, bis sie ihren Wandlungsprozess überstanden haben und sich durstig und rasend vor Verwirrung aus der Erde ‚schaufeln‘. Und dann ist es besser, wenn man nicht in ihrer Nähe ist. Denn sie machen keinen Unterschied zwischen Sabbat und Camarilla, Kainit oder Mensch. So, wie es auch Alexej schon einmal angedeutet hatte.
    Eine perfekte Waffe, denn die Erzeuger sind dann schon lange aus der Gefahrenzone, die Opfer dieser Kreaturen meist vollkommen ahnungs- und vor allem hilflos. Und dann sehen wir aus der Entfernung zu, wie sich die Camarilla mit ihnen abmüht.
    Ich kenne keine genauen Zahlen, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Sophia lieber auf Nummer sicher geht.
     
    „Du bist so schweigsam die letzten Nächte. Alles in Ordnung mit dir?“, frage ich Sophia vorsichtig und leise, während sie mit geschlossenen Augen in meinen Armen liegt. Ich spüre, wie sich meine Wunden langsam schließen, die tiefen Furchen, die sie mit ihren Fingernägeln gerade beim Sex auf mir hinterlassen hat. Ich habe nicht versucht, sie davon abzuhalten. Ganz in Gedanken war sie, angespannt, eigentlich kaum bei mir, obwohl wir uns so intim berührten. Ich habe es stillschweigend erlaubt, dass sie mich so benutzen kann. Bisher habe ich so etwas nur in Form von Reue akzeptiert, wenn mir die Worte fehlten, um mich angemessen zu entschuldigen. Ich reize mein Gegenüber, anstatt mich zu erniedrigen und meine Taten zuzugeben. Die darauf folgenden physischen Misshandlungen sind dann für mich eine Art Entschuldigung, trotz all der Schmerzen. Ich empfinde es als richtig, wenn manchmal nur noch die Gewalt als Ausdrucksmittel bleibt.
    Doch diesmal war es etwas anderes. Es gab keinen Grund für mich, nur einen für sie. Und ihr Grund hatte sicher auch nichts mit mir zu tun, viel eher mit dem Stress, dem sie die letzten Nächte ausgesetzt war... der Angst vor dem Versagen.
    „Ich fühle mich nur etwas... urlaubsreif. Das ist alles.”, sie behält ihre Augen geschlossen und genießt meine zarten Berührungen, wie ich sie streichle und zaghaft mit den Fingerspitzen ihre Haut verwöhne, derweilen ich sie eingehend betrachte.
    „Kann ich dir irgendwie behilflich sein? Dich etwas von deiner Last befreien?”. Sie öffnet die Augen und antwortet
    „Das ist süß von dir, Melville, aber ich fürchte, da muss ich ganz alleine durch. Das ist keine Aufgabe die ich teilen kann.”. Ich habe den Schmerz bereits längst vergessen, bin nur voller Sorge um sie.
    „Wie läuft es denn? Ich meine... sind wir erfolgreich?”, dann lache ich kurz etwas schuljungenhaft und rede weiter
    „Natürlich... natürlich sind wir erfolgreich, ich zweifle ja nicht an unserer Kampfkraft.”. Sie scheint belustigt über meine etwas krampfig formulierten Worte, sieht mich direkt an und hört mir weiter zu.
    „Ich meine... wird es noch lange dauern? Wie sind die Aussichten?”.
    „Es könnte noch Monate dauern, je nachdem, wie die Nachschubsituation bei denen ist und ob sie bereit sind, auf Bezirke ihrer Domäne zu verzichten. Natürlich wollen wir offiziell das ganze Rhein-Main-Gebiet, aber ich bin ja kein Narr. Ein Frankfurt ohne Camarilla könnte mir für das Erste reichen. Bis wir unsere Kräfte wieder reanimiert haben. Denn auch wir schaffen keine endlose Schlacht...”, sie beginnt richtig zu erzählen und aufmerksam höre ich ihr zu.
    „Ich verliere jede Woche fast ein halbes Dutzend guter und starker Kainiten. Natürlich nicht, ohne mindestens doppelt so viele von ihnen mitzureißen. Aber es ist spürbar. Ich will sie brennen sehen, Melville. Die Zeiten des Überredens und ‘nett sein’ sind vorbei.”. Ich schlucke kurz leise, weil für mich mehr als offensichtlich ist, dass ich ihr letztes ‘Überredungsziel’ war. Doch ihr scheint es gerade nicht bewusst zu sein, dass ich eine Camarilla Vergangenheit habe... und dies ist noch nicht mal ein Jahr