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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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trinken, Annemarie?“.
    „Nein,
danke. Ich bin satt.“. Ich muss meine Gedanken ablenken, gefangen
in der Aufsichtspflicht, kann ich sie aber nicht einfach
zurücklassen. Herrje, ich wünschte ich hätte eine vernünftige
Aufgabe, eine Verpflichtung, der ich nachkommen könnte. Doch noch
hat Sophia dem nicht wieder zugestimmt. Ich gehe ein wenig auf und
ab, sehe auf mein Handy und stelle mich im Endeffekt an das Fenster
und betrachte die Wachen draußen im Garten. Es wirkt ruhig, eine
laue Sommernacht. Unsere Nächte sind kurz, ein Vorteil, den Sophia
im Kampf ja nutzen möchte. Im Sommer sind wir alle schwächer. Ich
verschränke die Arme hinter dem Rücken und höre, wie die
Bleistiftmine unentwegt über das Papier rast. Ich kann mir schon
denken, welchem Clan sie angehört. Es scheint, dass mein gesamtes
Kainitenleben von den Kindern des Mondes verfolgt wird. Wer sonst
würde auch ein kleines Mädchen wie sie zu einem der Unsrigen
machen? Im Grunde eine Schande, diese Wahl steht den Ventrue sicher
nicht frei. Obwohl, im Sabbat? Noch fehlt mir das kulturelle Gefühl
für meine neue Heimat, die Regeln auf der einen Seite locker und
freiheitsgebend, doch durch das Gebaren in den Ritualen und der
Führung gegenüber durchaus der Camarilla ebenwürdig streng.
    „Fertig!“,
ruft sie laut aus und ich drehe mich herum, sie steht auf und kommt
mit dem Blatt auf mich zu. Sie hält es mir entgegen, als würde sie
meine Meinung zu dem Bild erwarten. Ich stutze ein wenig, ihr Bild
ist durchaus detailliert, kein Wunder, wer weiß wie lange sie diesem
Hobby schon nachgeht. Ich erkenne einen Mann im Anzug, groß und dünn
und er trägt eine ausladende Krone auf dem Kopf. Neben ihm läuft
ein Kind, der Halbmond strahlt hell auf die beiden und sie gehen Hand
in Hand, auf der linken Seite ist eine Häuserwand zu erkennen und
rechts parkende Autos.
    „Sollen
das du und ich sein?“, frage ich.
    „Ja.
Schön oder?“.
    „Ich
weiß nicht, warum sollten wir Hand in Hand laufen? Wir kennen uns
kaum und ich glaube nicht, dass dies der Grund für deine Einladung
sein soll.“.
    „Man
kann auch manchmal zu viel in etwas hineininterpretieren, Melville.
Sag doch einfach, wie du es findest.“.
    „Ich
finde es…“, ja, wie nur?
    „Es
ist… nett.“. Ich weiß wirklich nicht, ob ich ihre Person
betreffend väterliche Gedanken empfinden möchte. Sie könnte
mehrere hundert Jahre alt sein und mich mit diesem Bild ein wenig auf
den Arm nehmen. Ich reiche ihr das Bild zurück, doch sie lehnt ab.
    „Du
darfst es behalten. Ich weiß doch, dass du es mehr als nur ‚nett‘
findest.“. Dann dreht sie sich wieder um, mit einem kleinen Hüpfer
springt sie zurück auf die Couch und greift sich wieder ihren Bären.
Ich betrachte das Bild noch einmal, falte es schließlich zusammen
und stecke es in meine Innentasche des Jacketts.
    Da
höre ich endlich Sophias Stimme und ihre energischen Schritte im
Flur und wie sie Sergej bereits für die morgige Nacht in Termine
einweist.

Das Mädchen für alle Fälle

    „Es
wird dich freuen, Melville, zu hören, dass du deine Arbeit wieder
aufnehmen kannst.“, sagt Sophia mit ihrer wundervollen Stimme, die
mich immer erst in Liebe zu ihr innerlich etwas schmelzen lässt,
bevor ich die Bedeutung überhaupt erfasse. Sie hat uns beide, mich
und Annemarie, zu sich in das Büro gerufen. Mein Gesicht verzieht
sich zu einem freudestrahlenden Lächeln, diese gute Nachricht zu
hören.
    „Ich
habe jemanden für dich gefunden, der dich permanent in deinem
Außendienst begleiten und schützen wird.“. Und mit diesen Worten
blickt sie auf Annemarie. Ich begreife erst nicht ganz, meint sie das
ernst?
    „Und
wen, wenn ich fragen darf?“. Sie sieht wieder zu mir und sagt es
noch einmal ganz offiziell.
    „Frau
Rausch wird dich begleiten. Sie ist hervorragend dafür geeignet.
Ihre Fähigkeiten können dich für die Camarillatruppen unsichtbar
machen und notfalls auch defensiv eingreifen. Ihre äußere
Erscheinung wirkt unbedrohlich und zu Tarnungszwecken den Menschen
gegenüber kann sie als deine Tochter agieren. Du wirst es leichter
haben, dich ganz auf deine Ziele zu konzentrieren… ohne dass Sam
erneut tätig werden muss. Obwohl sie natürlich weiterhin
bereitstehen wird.“. Mein Lächeln erstickt unter dem Gefühl, von
einem kleinen Mädchen beschützt werden zu sollen. Widerstand gegen
diesen Plan regt sich in mir. Ich blicke zur Seite und betrachte
Annemarie. Ihre Füße berühren den Boden nicht und sie

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