Melville
Bündnis, fühlt euch befreit durch die
Zweisamkeit.“. Ich sehe, wie Elina wieder den Ritualdolch
hervorzieht. Es wird wohl auf das Blutsband hinauslaufen, wie ich
auch erwartet habe. Doch sie gibt keine Anweisung die Handgelenke zu
präsentieren. Ich versuche Annemarie weiter anzublicken, doch ich
sehe aus den Augenwinkeln, wie Elina das Messer bereits hebt. Meine
Handrücken zeigen nach oben, ich halte die Hände meiner baldigen
Tochter und bin kurz geneigt, meinen Griff wieder zu lösen. Denn
Elina positioniert einen kleinen Kelch unter unseren Händen und
setzt die Spitze der Klinge auf meinem rechten Handrücken. Sie wird
doch nicht? Da fühle ich auch schon den kalten Schmerz, sie ist auch
einfach unerbittlichen in ihren Mitteln. Sie treibt die Klinge durch
mein Gewebe und danach, in meinem Griff, auch durch Annemaries kleine
Hand. Ich sehe, wie sich ihr Gesicht verzieht, sicher so wie meines
auch. Aber wir stehen das gemeinsam durch. Das vermischte Blut tropft
nicht nur, sondern läuft in den Kelch. Gleitet an unserer Haut
hinab. Elina zieht die Klinge nicht heraus, belässt sie in unseren
offenen Wunden.
„Seht
den anderen, wie das Leid euch bindet, wie das Rot euch zu Gleichen
machen wird. Und nun, wo ihr in diesem Augenblick der Wahrheit
gegenüber sitzt, sagt euch eure größte Angst und eure größte
Hoffnung. Damit aus zwei Teilen ein Ganzes werden kann.“. Ich weiß
augenblicklich, dass Elina den Dolch erst wieder herausziehen wird,
wenn wir ihrem Wunsch entsprochen haben und fange gleich an Annemarie
zu erzählen.
„Meine
größte Angst ist Sophia zu verlieren oder für sie verloren zu
sein.“. Ich will eigentlich direkt weiter reden, doch Elina fordert
dann Annemarie auf.
„Jetzt
du Annemarie, deine größte Angst.“. Annemarie sieht mich an, ihre
Augen sind groß und ich fühle, wie sich ihre Hand in dem
unverletzten Griff fest in meine windet.
„Ich
habe Angst davor allein zu sein. Allein und ausgestoßen ein ewiges
Leben zu führen.“. Dann blickt Elina wieder zu mir, es folgt nun
wohl die geforderte Hoffnung. Doch ich muss überlegen, da meine
Antwort sonst fast die Gleiche wäre wir zur Angst und Annemarie
beginnt ihr Gesicht zu verziehen, weil ich nicht gleich anfange.
„Meine
größte Hoffnung ist, dass ganz Europa dem Sabbat gehören wird und
kein Camarillakind mehr auf diesem Boden wandelt und mit seinen
geheuchelten Werten die Welt der anderen Kainiten verpestet.“.
Annemarie macht ohne weitere Aufforderung von Elina weiter.
„Ich
hoffe, dass ich einmal Priscus werden kann, um meine Fähigkeiten der
Kardinälin zugänglich zu machen.“. Ich weiß nicht was ‚Priscus‘
bedeutet, aber unter diesen Umständen hebe ich mir die Frage für
später auf.
Elina
greift dann endlich an den Griff des Dolches und zieht in langsam
wieder heraus. Ich höre Annemarie zischend einatmen und auch ich
verkneife mir schwer ein Ächzen.
„Ihr
könnt euch nun loslassen.“. Langsam lösen sich unsere Hände, das
Blut feucht in den Handflächen fühle ich, wie sich meine Wunde
beginnt zu schließen. Es tat wirklich sehr weh.
Elina
greift nach dem Kelch und reicht ihn erst mir.
„Das
Blut deiner neuen Schwester, Melville.“. Ich setze den Rand an
meine Lippen und nehme einige Schlucke, ganz wie es erwartet wird.
Die Wärme des Unlebenssaftes überrascht mich ein wenig, aber
Annemarie hatte ja angedeutet, dass ihre Merkmale besonders sind. Es
kribbelt erregt in mir, aber es reißt mich nicht so geistig fort,
wie zur ersten Vaulderie damals. Und ich bin froh darum. Elina reicht
dann Annemarie den Kelch.
„Das
Blut deines neuen Bruders, Annemarie.“, wiederholt sie die Worte.
Sie trinkt gehorsam und der Anblick fasziniert mich. Diese kleinen
Hände, ihr zartes Gesicht. Die Blutspuren an ihren Mundwinkeln, als
sie den Kelch wieder sinken lässt. Es wirkt bedeutend morbider,
verstörender, dies alles mit einem Kind zu erleben. Und ich fühle,
wie sich meine Zweifel ihr gegenüber erweichen, ich mich ihr
zugehörig fühle und sie somit in meinen Vertrauenskreis fest
einbinde. Ja, das mächtige Blut. Und ich weiß, dass sie es ebenso
empfindet, denn sie lächelt freundlich und die roten Zähne zeigen
sich mir. Meine Tochter.
„Eure
Priesterin ist ganz schön… öhm, naja, hingebungsvoll.“, sagt
Annemarie neben mir sitzend. Ich bin gerade dabei im Salon den
Umschlag zu öffnen, um die Pläne in Augenschein zu nehmen.
„Ja,
aber sie ist wirklich gut. Und ich denke doch, dass es in
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