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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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hast keine Deckung! Paß auf, oder du kriegst gleich eins ab!«
Rings um Asim ging ein Geschoßhagel nieder. Eine Kugel schlug ihm die Mütze vom Kopf.
»Kerl«, schrie er, »wenn ich dich erwische!«
»Ich heiße Ince Memed, Sergeant. Mich kriegst du nur als Leiche. Verschwinde, Sergeant, du hast daheim Weib und Kind. Geh nach Hause auf deine Station!«
»Schade, sehr schade!«
Kaum hatte er den Mund wieder zugemacht, als ein Geschoß seine Hand streifte. Fast wäre ihm das Gewehr entfallen. Blut tropfte auf die Erde.
»Hast du gehört, Sergeant? Zieh ab, laß uns in Ruhe. Willst du denn unbedingt hier ins Gras beißen?«
Der Sergeant war von allen Seiten den Kugeln ausgesetzt. Er zog sich ein Stück zurück. Der Kerl hatte ihm die Mütze vom Kopf geschossen und ihm die Hand geritzt. Wie auf dem Schießstand. Dabei hätte er ihn längst über den Haufen schießen können. Ince Memed, wer war das? Hätte der tolle Durdu ihn so erwischt, gäbe es jetzt keinen Sergeanten Asim mehr. Ince Memed? Der Name war ihm noch nicht begegnet.
»Kerl«, sagte er, »wart nur, ich werde dir deine Scherze noch austreiben!« Es klang fast wohlwollend.
Unaufhörlich zischten die Kugeln durch die Morgendämmerung. Durdu wirbelte überall herum, verschmähte jede Deckung, feuerte, was das Zeug hielt. Ab und zu hielt er inne, um dem Sergeanten Flüche entgegenzuschleudern: »Sergeant, glaube ja nicht, daß der tolle Durdu vor dir Reißaus nimmt. Ich schicke dich ohne Hose zu deinem Hauptmann zurück. Dann kannst du ihm zeigen, wo deine dünne Nadel baumelt!« Die Gendarmen und Bauern hatten sie von allen Seiten eingeschlossen. Sie steckten nun in einem Käfig. Durdu hatte längst erkannt, daß seine Lage aussichtslos war. Kriechend arbeitete er sich an Memed heran, Auf den war am meisten Verlaß.
Die Angreifer brauchten ihren Ring nur etwas enger zu ziehen, dann konnten sie die ganze Bande Mann für Mann abknallen. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben verlor Durdu die Fassung.
Aber auch seine Gegner wagten sich nicht näher heran. Es war ihnen unbegreiflich, daß Durdu das Gefecht in der Waldlichtung angenommen hatte. Das sah nach einem Hinterhalt aus.
»Wir sind in der Klemme«, sagte Durdu. Er war schweißgebadet und atmete schwer. »Hier kommt keiner mehr heraus.«
»Mich hat es erwischt!« schrie einer auf.
»Da! Der erste! Sergeant Recep ist hinüber! ... Vor den meisten ist mir ja nicht bange ... Aber ein Gendarm ist dabei, er soll aus Dörtyol sein ... Und dann Mustan der Schwarze aus unserem Dorf. Die beiden schießen, daß nicht einmal ein Floh durchkommt. Wenn die nicht wären, dann würde ich mich schon irgendwie davonmachen.«
»Meine Flinte ist heiß«, sagte Memed, »ich kann sie nicht mehr anfassen. Was soll ich jetzt nur machen?«
»Du hast zuviel geschossen, Memed. Das Gewehr ist schon in Ordnung. Lege eine kleine Feuerpause ein, gib Erde auf den Lauf, laß ihn sich abkühlen. Sonst treibt er auf, dann bringst du keinen Schuß mehr heraus.«
»Bruder«, sagte Durdu leise, »wir sind eingekreist. Um mich ist mir nicht bange, ich komme schon irgendwie heraus, und wenn nicht, so liegt mir auch nichts daran. Aber um euch mache ich mir Sorgen. Wie werdet ihr nur den Hals aus der Schlinge kriegen? Nachher heißt es, Durdu der Tolle ist ausgekniffen und hat seine Kameraden in der Falle sitzen lassen.«
»Ich sehe keinen Ausweg«, sagte Memed. »Warten wir erst mal den Abend ab.«
Zwei Schüsse schlugen knapp vor Durdu in die Erde. Staub wirbelte hoch.
»Bis zum Abend müssen wir auf jeden Fall aushalten«, wiederholte Memed.
»Das war Mustan der Schwarze«, sagte Durdu und deutete auf die Einschläge. »Der hat uns jetzt im Visier. Er muß uns ausgemacht haben.«
»Durdu Aga, ob Sergeant Recep wohl tot ist? Wir müßten nach ihm schauen.«
»Bleib liegen! Der Kerl macht uns fertig!«
In diesem Augenblick erhob sich eine Staubwolke vor ihnen. Die Einschläge um sie herum waren schon nicht mehr zu zählen.
»Habe ich es dir nicht gesagt? Mustan den Schwarzen kenne ich, diesen verfluchten Hund.«
»Der Teufel soll ihn holen!«
Meter für Meter rollten sie sich weiter, bis sie hinter einem großen Baum Deckung gefunden hatten. Während der Kugelregen die Äste über ihnen herunterschlug, kamen Memeds Gedanken nicht von Recep los:
»Der Sergeant gibt keinen Ton von sich! Könnten wir nur an ihn heran ... «
Schüsse peitschten rings um sie und knickten die Zweige der Bäume.
Sie krochen weiter, gelangten unter dem Geschoßhagel

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