Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
Vom Netzwerk:
weitergegangen!«
»Durdu Aga«, versuchte es Cabbar erneut, »sie brauchen uns nur einzukreisen und den Wald anzuzünden ... «
»Keinen Schritt weiter!« schrie Durdu.
»Dann ist es aus mit uns«, murmelte Cabbar vor sich hin.
»Keinen Schritt!«
Cabbar beharrte: »Wir werden vernichtet.«
»Verdammt, wer befiehlt hier eigentlich?«
»Du natürlich.«
Memed bestätigte: »Du.«
Die anderen wiederholten es ihrerseits.
»Aga, darf ich etwas sagen? Aber du mußt nicht zornig werden ... «
»Fang an, Stabschef!« sagte Durdu, wieder besser gelaunt.
»Wenn wir wenigstens noch so weit gehen würden, bis die Bäume dichter stehen. Vielleicht finden wir eine Mulde als Deckung ... «
»Ausgeschlossen! Keinen Schritt weiter! Es bleibt dabei.«
Er ließ sich, wo er stand, auf den Boden fallen, um dem Befehl Nachdruck zu verleihen. Die anderen taten es ihm nach. Lange sprachen sie nicht. Ein paar Zigaretten glühten im Dunkel.
Cabbar stand auf, reckte sich und stieg hügelan. Memed folgte ihm. Cabbar hockte sich neben einem Baum nieder, und sie pinkelten. Als sie sich wieder erhoben hatten und sich umwandten, sahen sie zu ihrem grenzenlosen Erstaunen einen schwachen Feuerschein. Sie blieben stehen. Durdu hatte ein paar Kiefernzweige angezündet. Sein Schatten tanzte im Schein des Feuers hin und her.
»Der Mensch geht mit offenen Augen in den Tod«, sagte Memed.
»Wenn es ja nur Sergeant Asim wäre«, meinte Cabbar. »Die Bauern auf unseren Fersen aber sind noch viel gefährlicher. Wir haben denen allen zu schwer zugesetzt mit unseren Plündereien.«
»Seit ich dabei bin, haben wir mindestens fünfhundert Leuten die Hosen ausgezogen«, sagte Memed.
»Hätten wir all die Kleider wenigstens an die Armen in den Dörfern verteilt. Dann würden uns die Bauern vielleicht ungeschoren lassen. Draußen ist keiner, der uns hilft. Und wenn wir den Leuten von Aksöğüt in die Hände fallen - die zerreißen uns bei lebendigem Leibe. Was Durdu in Aksöğüt angerichtet hat, das ist eine Schande. Man kann es nicht begreifen.«
Memed unterbrach ihn: »Weißt du, Bruder, man darf die Menschen nicht bis zum Äußersten treiben. Töte sie, prügle sie, aber erniedrige sie nicht mehr, als nötig ist. Es ist schlimmer als der Tod, wenn einer splitternackt vor seine Leute hintreten muß. So etwas darf man nicht tun. Es gibt Gefühle, an die man nicht rühren darf. Das kenne ich von Abdi Aga. Es kann sich bitter rächen. So etwas darf man nicht tun.«
Auf dem Rückweg versanken sie bis zu den Knien in einem nach Poleiminze riechenden Bach. Die ganze Nacht unter den Sternen atmete diesen Geruch nach grünen Kräutern.
»Wenn wir Durdu nur dazu bringen könnten, wenigstens bis hierher weiterzugehen ... «
»Und wenn du ihn totschlägst, du bringst ihn keinen Schritt mehr weiter. Das ist bei ihm bloße Starrköpfigkeit.«
Durdus Feuer hatte sich ausgebreitet. In einem Umkreis so groß wie ein Dreschplatz war alles in Flammen. Große Holzstücke verbrannten krachend. Durdu lief lachend hin und her. »Schaut nur das Feuer an! Das kann seinesgleichen suchen, wie?«
»Wir hätten lieber darauf verzichtet«, sagte Cabbar.
»Wie es lodert und prasselt.«
»Wir hätten lieber darauf verzichtet.«
Durdu wies ihn zurecht: »Hör auf, Cabbar.«
Die Nacht über blieben sie beim Feuer. Außer Durdu konnte keiner von ihnen schlafen. Sie hatten Angst, im Schlaf überfallen und niedergemacht zu werden. Wer von dieser Furcht befallen wird, dem kann keiner helfen.
Sergeant Recep, Horali und Memed hielten Wache, während die anderen zu schlafen versuchten. Eine Zeitlang warfen sie sich unruhig hin und her, dann stand Cabbar als erster auf, hockte sich mit untergeschlagenen Beinen neben das Feuer. Einer nach dem anderen folgte ihm. Nur Durdu schlief fest. Die um das Feuer Sitzenden starrten schweigend in die Flammen.
Das erste Morgenlicht brachte den erwarteten Überfall. Von allen Seiten setzte der Kugelregen ein. Ohne im geringsten überrascht zu sein, rannten sie vom Feuer weg und suchten Deckung im Gehölz. Memed konnte sich gerade noch hinter einem Baumstumpf zu Boden werfen, als ihm die Geschosse auch schon an den Ohren vorbeipfiffen. Vor ihm bot sich der ungedeckte Rücken eines Uniformierten als Ziel. Das war Sergeant Asim selbst.
Memed legte auf ihn an, aber plötzlich ekelte ihn so, daß er glaubte, sich erbrechen zu müssen. Er ließ die Waffe sinken, dann feuerte er aufs Geratewohl in eine andere Richtung. Er kicherte vor sich hin.
»Sergeant, Sergeant! Du

Weitere Kostenlose Bücher