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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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sehe das nicht zum ersten Mal – im Sterben stoßen sie den Fötus ab, damit er eine Überlebenschance hat.« Auf dem Boden liegt ein feuchtes, glitschiges, haarloses Gebilde mit vier Beinen und aufgequollenen, geschlossenen Augen. Lyda weiß, dass sie diesen Anblick nie vergessen wird. Wenn sie heute Nacht die Augen schließt, wird er zurückkehren. Er wird sie verfolgen.
    Sie wendet sich ab. Sie erträgt es nicht. Im nächsten Moment geht sie in die Knie, stützt sich mit der Hand ab und übergibt sich. Warum eigentlich? Sie hat schon oft Blut gesehen, und das ist ihr noch nie passiert. Als sie sich noch einmal erbricht, steigt ihre Verwunderung.
    Mutter Hestra fasst sie an der Schulter, Lyda steht auf und wischt sich über die Stirn. Trotz der Kälte ist ihr der Schweiß ausgebrochen.
    Sie registriert Mutter Hestras sonderbaren Blick. Das laute Bellen der Hunde. Es war beinahe dunkel , denkt Lyda. Was hat es damit auf sich? Was? Mutter Hestra beobachtet sie mit bohrenden, besorgten Augen. Das gefällt Lyda nicht.
    »Deine Blutungen haben aufgehört, oder?«, fragt die Mutter schließlich.
    »Meine Blutungen?«
    »Deine Periode.«
    Lyda wird rot. Über so etwas wird im Kapitol nicht gesprochen. Auf jeder Mädchentoilette findet sich ein Schränkchen mit allem, was man braucht. Es gibt keinen Grund, noch darüber zu reden. Aber ihre Periode lässt tatsächlich schon länger auf sich warten. Sie dachte, es läge an ihren veränderten Lebensumständen, an der harten Arbeit und den merkwürdigen, kargen Mahlzeiten. »Stimmt …«
    »Hat der Junge dir beigewohnt?«
    »Wie bitte?« Lyda weicht zurück und klopft sich den Staub von der Hose.
    »Wir haben so lange über dich gewacht. Wir haben euch voneinander ferngehalten. Wir wollten dich retten – und jetzt das? Hat er dir wehgetan?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Hat er dich dazu gezwungen?«
    »Wozu?«
    »Weißt du nicht mal, wovon ich rede?«
    Doch, Lyda weiß es. Eine kaum hörbare Stimme in ihrem Hinterkopf hat es ihr schon immer zugeflüstert. Und als sie den Fötus des Zwergrehs gesehen hat, wusste sie es erst recht. Oder? Hat sie sich nicht auch deshalb abgewandt und übergeben? Ja. Aber sie kann es nicht aussprechen.
    »Du bist schwanger. Davon rede ich. Wir müssen es Unserer Guten Mutter sagen.«
    »Aber das kann doch gar nicht sein.« Es war ein Missverständnis. Partridge hat sie gefragt, ob sie sich sicher ist – aber sie dachte, er meint etwas anderes. Diese ganze Schwangerschaft ist ein Missverständnis. Jetzt, im vergehenden Nachmittagslicht, macht ihr der Wald auf einmal Angst.
    »Doch, du bist schwanger. Ich weiß es.«
    »Aber wir sind doch gar nicht verheiratet!« Sie haben doch nur Mann und Frau gespielt.
    »Weißt du wirklich nicht, wie das funktioniert? Hat man dir das nie erklärt?«
    Lyda denkt an ihren Säuglingspflegeunterricht – wie man Ausschlag mit Salbe bestreicht, wie man Verkrustungen von der Kopfhaut eines Babys löst, wie man Zahnungsgel in den Gaumen reibt. Über die Schwangerschaft weiß sie nur, was die anderen Mädchen geflüstert haben. »Nein. Ich weiß nicht, wie das funktioniert.«
    »Dann hast du es jetzt durch praktische Erfahrung gelernt.«
    Sie erinnert sich an das Messingbett, an die beiden Körper auf dem Boden unter den Jacken. Schwanger. In ihrem Bauch wächst ein Baby heran. Wie klein es wohl ist? Sie will zu ihrer Mutter, sie will ihr davon erzählen. Aber vielleicht wird sie sie nie wiedersehen.
    »Mutter Hestra!« Lyda fasst nach ihrer Hand. »Was passiert jetzt mit mir?«
    Die Mutter breitet die Arme aus und hält sie auf den Beinen. »Unsere Gute Mutter wird ein Urteil fällen. Sie weiß, was zu tun ist.«
    »Ein Urteil?« Lyda klammert sich noch fester an Mutter Hestra.
    »Sie richtet über alle wichtigen Fragen.«
    Lyda lehnt sich zurück und mustert das Gesicht der Mutter. »Was wird sie mit mir machen? Werde ich bestraft? Oder verbannt?«
    »Ich überlege mir, wie wir es ihr am besten sagen. Das wird schon«, flüstert Mutter Hestra. Um sie herum erklingt das sanfte Ticken des Waldes. »Beruhig dich. Ganz ruhig.«

EL CAPITÁN
Augen
    El Capitán schreit Hastings an, dass er einsteigen soll, doch Hastings weicht nicht vom Fleck, die Waffen weiter im Anschlag. Um Himmels willen, was ist da unten, dass die Erde dermaßen vibriert? Klar – Dusts. Aber was für Dusts? Und wie viele Dusts braucht es, um El Capitán so heftig durchzuschütteln, dass er es bis tief in den Brustkorb spürt, bis in Helmuds

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