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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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In ihrem Inneren glitzert es metallisch. Das Luftschiff – das sperrige Gestell, die Hülle. Ist es wirklich dadrin?
    »Schau, Helmud«, flüstert El Capitán seinem Bruder zu. »Da ist es.«
    Pressia wünschte, ihr Großvater wäre hier. Er hat ihr oft von dem Tag nach den Bombenangriffen erzählt, als das Luftschiff am Himmel dröhnte und die Wolken streifte, und als plötzlich unzählige weiße Papierstreifen in die Tiefe segelten, jeder Einzelne mit der gedruckten Botschaft, die den Leuten Hoffnung gab – das Kapitol, ihre Brüder und Schwestern, beobachteten sie voller Gnade, um sich eines Tages in Frieden mit ihnen zu vereinen.
    Und jetzt? So schön das Kapitol und das Versprechen, das es in sich trägt, auch sind – Pressia fühlt sich betrogen, wie das Opfer eines hinterhältigen, abscheulichen Verrats. Im Gegensatz zu Crazy John-Johns wird das Luftschiff nicht mal durch einen Maschendrahtzaun geschützt. Es steht einfach da, vollkommen ungesichert, ein Beweis für Willux’ Arroganz. Er hätte nie gedacht, dass es ein paar Unglückselige mit heiler Haut hierherschaffen könnten, und selbst wenn – sie würden schon nicht den Mut aufbringen, das Luftschiff zu stehlen!
    Da El Capitán auf Bradwells anderer Seite steht, lässt Pressia ihre Hand in Bradwells Hand gleiten. Ihre Finger verschränken sich, als hätten sie das schon tausendmal gemacht, als wäre es eine alte Angewohnheit.
    »Es stand die ganze Zeit hier herum«, murmelt Bradwell.
    »Verdammt!«, flucht El Capitán.
    »Aber Willux hat es nicht mit seinen eigenen beschissenen Händen gebaut«, faucht Bradwell. »Die Menschen haben es gebaut. Die, die er für überflüssig gehalten hat.«
    El Capitán nickt. »Menschen wie wir.«
    »Es gehört uns.« Pressia drückt Bradwells Hand. Er erwidert den Druck. »Es ist unser Eigentum.«
    »Du sagst es«, bestätigt El Capitán.
    »Du sagst es«, wiederholt Helmud.
    »Okay«, sagt Bradwell. »Nehmen wir uns, was uns gehört.«
    ***
    Schnell kehren sie ins Flusstal zurück, und schon nach einem halbstündigen Fußmarsch hat das Moor ihre Stiefel durchweicht. Immer wieder müssen sie durch Sümpfe waten, in denen Pressia bis zu den Oberschenkeln versinkt. Das Wasser ist eisig. Ihre Füße schmerzen vor Kälte.
    »Die Gegend hier wurde Foggy Bottom genannt«, erzählt Bradwell. »Zumindest müssten wir ganz in der Nähe sein.« Das Gebiet macht seinem Namen alle Ehre – in der Luft hängt dichter Nebel. »Am besten bleiben wir so hoch wie möglich.«
    Doch dazu müssten sie über die umliegenden Schuttberge klettern, und El Capitán, der das Gewicht seines Bruders tragen muss, wirkt schon jetzt erschöpft. »Sicher?«
    »Mir ist es lieber, wenn ich sehen kann, was im Wasser schwimmt«, sagt Pressia.
    Damit stehen zwei Stimmen gegen eine, und so klettern sie auf die Trümmer. Aber dort oben könnten andere Gefahren lauern – niemand weiß, was für Bestien und Dusts hier draußen überlebt haben.
    Sie halten sich östlich, Richtung Kapitol. Leichter Regen setzt ein. Pressia zieht die Schultern hoch, um sich vor der Feuchtigkeit zu schützen. Auf Bradwells Haar bilden sich feine Tropfen. Er schüttelt sie mürrisch ab. Bald laufen sie durch einen Wald aus jungen Bäumen. Wieder benetzt kaltes, dunkles Wasser ihre Stiefel.
    Pressia hört das Knurren zuerst. Sie bleibt stehen und geht in die Knie.
    »Was ist?«, flüstert El Capitán.
    Ein Brüllen zerfetzt die Luft – das kräftigste, tiefste Brüllen, das Pressia je gehört hat. »Ich weiß nicht, was es ist. Aber es ist groß.«
    »Mir ist da grad was eingefallen«, meint Bradwell. »Wegen deiner Exkursion, Cap …«
    »Was?«, fragt El Capitán.
    »Der National Zoo.«
    Irgendetwas glitscht über Pressias Stiefelspitze. Als sie einen großen, stumpfen, knorrigen Echsenkopf mit einer Kruste aus trübem Glas – vielleicht Plexiglas? – entdeckt, erstarrt sie. Die Bestie, die einen knappen Meter lang ist, schwimmt mit wischendem Schwanz davon. Pressia weiß, was in Zoos gefangen gehalten wurde – exotische Tiere, ebenso schöne wie wilde Kreaturen. »Ich hab ein ganz schlechtes Gefühl …«
    Auf das nächste Brüllen folgt ein scharfes, schrilles Kläffen. Verzweifelt paddelnd fliehen kleine, schlüpfrige Bestien vor dem Lärm. Manche haben Riesenohren und Nagerköpfe, andere gummiartige Haut, während ihre Körper einer Kreuzung aus Schlange und Otter ähneln. Die Luft füllt sich mit Flügeln, als Vögel auffliegen, lauter winzige, glatte

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