Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)
Vater heute ebenfalls einen kleinen Eingriff vornehmen lässt, eine kosmetische Korrektur. Bald müssen wir mit der Narkose beginnen. Doch Dr. Weed hat mir zu verstehen gegeben, dass er nichts gegen einen kurzen Besuch einzuwenden hat, da Sie sich schon so lange nicht mehr gesehen haben.«
»Gut«, erwidert Partridge. Weed. Ist das nur ein kleines Entgegenkommen? Oder ist es letztlich seine ganze Rolle – ihm ein kurzes Zeitfenster, eine Gelegenheit zu verschaffen, seinen Vater zu töten?
»Beckley wird Sie begleiten. Davor müssten Sie sich noch OP-Kleidung überziehen.«
»Ist mein Vater ansteckend?«, fragt Partridge – die schlimmste Unterstellung, die man im Kapitol äußern kann.
»Nein. Aber wir wollen nicht, dass er sich bei Ihnen ansteckt.«
»Sagen Sie ihm, dass ich ihn ohne Verkleidung sehen will. Wenn das nicht zu viel für ihn ist.«
Damit schüchtert er die Technikerin noch mehr ein. Sie sieht Iralene an, doch Iralene lächelt nur, bis die Dame mit hastigen Schritten verschwindet. Als sie zurückkehrt, nickt sie schweigend.
»Gut«, sagt Partridge. Er hat seinen Willen durchgesetzt. Es ist bloß ein kleiner Sieg, aber es kann nicht schaden, seinen Vater ein wenig zu verunsichern.
Als sie zu dritt den Flur hinuntergehen, fallen Partridge einige Leute auf, die tuschelnd beieinanderstehen.
»Was ist hier los?«, fragt er.
»Nichts«, zischt Beckley.
»Ich will eine Antwort.«
»Eine Person wurde von draußen reingebracht. Aus der Außenwelt.« Ärzte eilen in einen bestimmten Raum, andere hetzen heraus. Einige Techniker stehen bereit, teils in Ganzkörper-Schutzanzügen.
»Aus der Außenwelt?« Iralene ist erstaunt.
»Was redet ihr da?«, fragt Partridge. »Niemand kommt von draußen ins Kapitol.«
Beckley schüttelt den Kopf und lächelt süßlich. »Ich bin nicht befugt, darüber zu sprechen. Es handelt sich um eine Information mit hoher Sicherheitsstufe.«
»Aber ich hab Angst, Beckley«, sagt Iralene, bleibt stehen und klammert sich an Beckleys Bizeps. Auf einmal hat sie Tränen in den Augen. Wie macht sie das nur?
»Dazu gibt es keinen Anlass, Iralene«, erwidert Beckley. »Offenbar gab es einen Angriff auf das Kapitol, aber die Angreifer konnten kaum etwas ausrichten. Eine Unglückselige wurde festgenommen, um sie zu verhören, und vermutlich auch, um ein Exempel zu statuieren.«
»Eine Unglückselige? Eine Frau?«, fragt Partridge.
»Eher ein Mädchen«, erklärt Beckley. »Aber auf den ersten Blick könnte man sie auch für einen Jungen halten, mit den kurz geschorenen Haaren!«
»Ich will sie sehen«, sagt Partridge.
»Ich dachte, Sie wollen Ihren Vater sehen?«
»Partridge«, mischt Iralene sich ein. »Wir sollten uns an den Plan halten.«
Doch Partridge kann nicht anders. Es ist ein innerer Zwang. Ein Mädchen aus der Außenwelt, ein Mädchen mit kurz geschorenem Haar. Er muss sie sehen. Zügig geht er auf das Grüppchen aus Ärzten und Technikern vor der offenen Tür zu. Beckley rennt hinterher und reißt ihn rücksichtslos zurück.
Da wirbelt Partridge blitzschnell herum, packt Beckley am Kragen und übt einen dosierten Druck auf seine Kehle aus. »Du sollst mich beschützen«, knurrt er. »Vergiss das nicht.«
Beckleys Kopf zuckt – ein angedeutetes Nicken.
Partridge lässt ihn los. »Was ist da los!?«, ruft er den Flur hinunter.
Ärzte und Techniker tauschen verunsicherte Blicke. »Ein medizinischer Notfall«, sagt schließlich einer.
»Ich will die Patientin sehen!« Partridge marschiert auf sie zu.
Eine Ärztin schüttelt den Kopf. »Das ist nicht möglich. Es besteht Ansteckungsgefahr.«
»Warum Ansteckungsgefahr?«
»Sie war draußen, Sir«, antwortet ein Techniker. »Sie braucht …« Mitten im Satz zögert er und sieht sich um, als wüsste er nicht, wie viel er verraten darf.
»Was?«
Ein Arzt tritt vor, um Partridge den Weg zu versperren. »Es handelt sich um eine Notfallmaßnahme.«
Mumienformen. Eine großartige Barbarei. Ein Messer.
Partridge stößt den Arzt zur Seite. Der Mann kracht gegen die Wand und geht zu Boden. Zwei Techniker packen Partridge von hinten, doch er schüttelt den einen ab, fasst den anderen am Kittel und wirft ihn mit einem Ruck über die Hüfte, sodass er platt auf dem Boden landet.
Er rennt in den Raum – und sieht Lyda. Sie sitzt hinter einer Glasscheibe auf der Kante eines Untersuchungstischs, in einem weißen Overall und mit Papierschlappen an den Füßen.
»Weg hier! Hier gibt es nichts zu sehen!«, brüllt
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