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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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vorstehenden Schulter hebt den Blick – und zuckt zusammen, wahrscheinlich weil Helmud eben hinter El Capitáns Kopf hervorgelinst hat. »Keine Sorge, das ist nur mein Bruder.«
    Einer der Männer nähert sich. Sein Bauch ist aufgebläht, als hätte eine Geschwulst seine Rippen gespreizt. »Wir tun nichts Unrechtes«, behauptet er. »Wir sind zum Wohl aller hier.«
    »Ich bin nur neugierig.« El Capitán schwingt das Gewehr nach vorne. »Was geht hier vor?«
    »Wir haben eine Nachricht erhalten.«
    Eine große junge Frau mit einem verschmolzenen, geflochtenen Zopf an der Wange kommt dazu und sagt: »Ich habe sie selbst gesehen! Sie können uns retten. Sie ist der lebende Beweis. Ich habe sie gefunden, ich und eine andere, nicht weit von hier. Das geht hier vor.«
    »Langsam«, sagt El Capitán. »Ich seh doch, was ihr hier macht. Ihr baut ein Feuer.«
    »Feuer«, wiederholt Helmud. Alle gaffen ihn an.
    »Ja. Sie sollen sehen, dass wir sie gefunden haben und dass wir ihnen diese drei anbieten«, erklärt die mit der geflochtenen Wange. »Wir stellen sie in einer Reihe auf und warten.«
    »Die in der Mitte ist meine«, berichtet der Mann mit den gespreizten Rippen und deutet auf das kahlköpfige Mädchen.
    »Wen habt ihr da draußen gefunden?«, fragt El Capitán. »Ein Mädchen?«
    »Ein Mädchen?«, sagt Helmud.
    »Das Mädchen der Neuen Botschaft«, erwidert die junge Frau. »Der Beweis, dass sie uns alle retten können!«
    »Wann habt ihr sie gefunden?«
    »Heute ist der dritte geheiligte Tag«, antwortet sie.
    »Und wer soll uns retten können?« Dabei kann El Capitán sich den Rest schon ausrechnen: Das Kapitol hat ein Kind benutzt, um eine neue Botschaft zu verbreiten. Hat Hastings ihn deshalb hierhergeführt?
    Als die junge Frau lächelt, zerknittert der Zopf an ihrer Wange. Sie hebt die Hände zum Kapitol. »Die Gnädigen«, seufzt sie. »Unsere Beobachter.« Dieses Geschwätz kommt El Capitán bekannt vor. So reden die Anhänger des Kapitols, die Willux und seine Leute mit Göttern und das Kapitol mit dem Himmel verwechseln.
    Er streicht über den Gewehrlauf. Die Leute sollen nicht vergessen, dass es hier draußen noch andere Mächte gibt. »Ich glaube, das hier ist keine gute Idee. Ich muss euch auffordern, die Versammlung aufzulösen.«
    »Aber wir bereiten das Mädchen der Neuen Botschaft doch für den Scheiterhaufen vor«, sagt die junge Frau und strahlt, als hätte sie eine überirdische Erscheinung. Ihre Augen blicken ins Nirgendwo.
    »Ihr wollt sie verbrennen?«
    »Sie verbrennen?«, flüstert Helmud. El Capitán hört, wie er sein Taschenmesser aufschnappen lässt.
    »Wir werden sie anbeten. Wir lieben sie. Hoffentlich nehmen sie die anderen auf.« Während sie spricht, fängt die junge Frau an, sich träge hin- und herzuwiegen. Ihr Rock streift über blasse, aschebedeckte Schienbeine.
    El Capitán wirft einen weiteren Blick auf die drei Mädchen. Sie starren mit geneigtem Kopf und schmalen Augen vor sich hin, als hätten sie nicht mal Angst – und das macht ihn nervös.
    »Die Engel«, sagt der Mann mit dem geblähten Bauch, »sind nie weit.«
    Und die junge Frau fügt hinzu: »Hörst du das Summen ihrer heiligen Geister nicht?«
    »Meint ihr die Spezialkräfte?«, fragt El Capitán. »Das ist kein heiliges Summen. Das kann ich euch versichern.«
    »Versichern«, sagt Helmud.
    »Du glaubst nicht«, erwidert die junge Frau. »Aber du wirst glauben.«
    El Capitán richtet das Gewehr auf einen Mann mit Schubkarre. »Wie wär’s, wenn ihr mir das Mädchen bringt? Jetzt!«
    »Jetzt«, flüstert Helmud.
    Die junge Frau sieht den Mann fragend an.
    Der Mann nickt.
    »Sie ist in der Stadt. Dort wird sie behütet«, erklärt die junge Frau. »Aber ich kann sie dir zeigen.« Sie marschiert los, auf den gegenüberliegenden Waldrand zu. El Capitán folgt ihr. Als sie sich nach ihm umsieht, wölbt sich die geflochtene Wange nach außen. »Glaub mir, es gibt sie wirklich. Sie ist der Beweis. Sie wird es dir selbst sagen.« Kaum hat sie den Mund geschlossen, blickt sie an El Capitán vorbei – und reißt die Augen auf. »Sieh nur!«, zischt sie mit ehrfürchtiger Stimme.
    El Capitán hat keine Lust. Er erwartet nichts Gutes. Doch als Helmud sich auf seinem Rücken verrenkt, um sich umzuschauen, atmet er tief ein und dreht sich um.
    Auf dem Hügel hinter dem Scheiterhaufen erhebt sich die massive Kuppel des Kapitols, ein erhabenes Bauwerk mit einem Kreuz, das kohlschwarze Wolken durchbohrt. Zuerst wirkt alles

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