Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)
Flackern, als würden Vögel vorbeifliegen, die einen flüchtigen, schemenhaften Schatten werfen. Falsche Vögel, nichts als Projektionen, die auf der anderen Seite eines künstlichen Fensters unter einer künstlichen Sonne umhersegeln – im Inneren eines Gefängnisses.
Das Kapitol ist ein Käfig, eine Schneekugel. Und Lyda wird dorthin zurückkehren.
PARTRIDGE
Speer
Partridge tastet nach dem Griff und stößt die Luke auf. Geblendet vom Sonnenlicht, stemmt er sich aus dem Tunnel – und hört das Klicken mehrerer Gewehre. Als sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnen, sieht er, dass sämtliche Waffen auf ihn zielen. Er hebt die Hände. »Ganz ruhig. Wir kommen in Frieden.«
Der Wind hüllt ihn in eine Staubwolke, während er die Gesichter der Spezialkräfte mustert. Ist Silas Hastings dabei? Oder die anderen Akademie-Jungs aus seinem Jahr, die er nur »die Horde« genannt hat – Vic Wellingsly, Algrin Firth, die Elmsford-Zwillinge? Sie dürften kaum wiederzuerkennen sein, vollgepumpt mit Codierungen und in mechanische Wesen verwandelt, wie sie sind. Doch irgendwo in ihnen verbergen sich unterdrückte Reste ihrer früheren Persönlichkeit – nur leider haben sie ihn schon immer gehasst. Bei ihrer letzten Begegnung hat Vic ihm angeboten, ihm den Arsch zu versohlen, und Partridge hat ihn mit zwei Worten abgefertigt: »Ach, tatsächlich?« Im Klartext: Es ist keine geniale Idee, Willux’ Sohn zu verprügeln. Partridge hat sich vor sich selbst geekelt, als ihm das herausgerutscht ist, aber Wellingsly war er erst mal los, auch wenn der Kerl sicher vor Wut gekocht hat. Jetzt ist Wellingsly wahrscheinlich schwer bewaffnet.
Lyda taucht neben ihm auf und verschränkt die Hände hinter dem Kopf. Die Waffen schwenken auf sie um, rote Laserpunkte sprenkeln ihre Brust und ihre Stirn. Ein Anblick, den Partridge kaum erträgt. Er erinnert sich an die Laserpunkte, die im Wald auf ihnen getanzt haben, als seine Mutter und sein Bruder ermordet wurden. Die alte, brodelnde Wut kommt wieder hoch. »Zurück, verdammt!«, brüllt er. »Wir stellen uns freiwillig! Was wollt ihr denn noch?«
»Wir wollen die anderen«, sagt einer der Offiziere und tritt einen Schritt vor. Der Lauf seines Gewehrs bohrt sich in Partridges Rippen.
»Welche anderen? Wir sind allein.« Wo ist Hastings? Wieder wandern Partridges Augen über die wuchtigen Kiefer, geschwollenen Schädel und gewölbten Schläfen. Nichts.
»Holt euch das Mädchen!«, befiehlt der Offizier. Zwei Soldaten packen Lyda und zerren sie etwa zehn Meter weit weg.
»Nein! Sie geht mit mir rein! Das ist meine Bedingung!«
»Du hast hier keine Bedingungen zu stellen«, erwidert der Offizier. »Wir schon.« Er bückt sich zur Luke und brüllt: »Alle raus da!«
Partridge hätte es wissen müssen. Natürlich geben sich die Spezialkräfte nicht mit ihm zufrieden. »Wie lauten deine Befehle?«, fragt er. »Was sollst du mit ihnen machen?« Ein Soldat hält Lyda immer noch an der Hüfte fest. Partridge hasst den Kerl.
Der Offizier ignoriert seine Frage. Doch ein anderer Soldat tritt zögerlich aus der Reihe, legt den Kopf schief und sieht Partridge an – ein hochgewachsener, dünner Typ, der fast an ein Insekt erinnert. Oder an Silas Hastings. Ist er es wirklich?
Partridge reißt den Kopf zur Seite wie Hastings, wenn er sich die Haare aus den Augen schütteln wollte. Der Soldat macht es ihm nach, obwohl sein Kopf rasiert ist. Kein Zweifel, es ist Hastings. Will er helfen?
Die anderen klettern aus dem Tunnel und werden von den Soldaten in eine grobe Reihe geschubst. Sie heben die Hände – El Capitán und Helmud, Pressia mit ihrer Puppenkopffaust, Bradwell. Die Karten und Fignan hat er offenbar unten gelassen.
Schnell studiert Partridge die Landschaft – haben die anderen eine Chance, von hier zu entkommen? Hinter den umgestürzten Schornsteinen entdeckt er einen zerfaserten Wirbel. Ein Dust? Ein stacheliger Rücken hebt und senkt sich wie eine Erdwelle. Wo bleibt Mutter Hestra mit der Verstärkung? Und haben die Dusts schon so viele schlechte Erfahrungen mit den Spezialkräften gemacht, dass sie sie ebenso fürchten wie die Mütter? Partridge will nicht erschossen werden, aber er hat auch keine Lust, von Dusts gefressen zu werden. »Ich habe ein Recht darauf, eure Befehle zu erfahren!«
Der Offizier kommt herüber. Trotz seiner massiven Oberschenkel und breiten Schultern wirkt er seltsam leichtfüßig. »Ach ja? Du hast Rechte?«
Partridge starrt in seine kleinen
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