Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
Vom Netzwerk:
Pressia zu ihm, während Bradwell die Ellenbogen in die Erde gräbt, um nicht in die Tiefe gezerrt zu werden, und mit dem freien Bein austritt, so fest er kann.
    Pressia zieht ein Messer und bohrt es tief in die gekräuselte Welle aus schwankenden Rippen, tief ins Herz des Dusts. Ein kehliger Schrei ertönt, dann ein Zischen, als sie die Klinge aus dem Körper zieht.
    Sie hilft Bradwell, sich aufzurappeln. Die letzten Reste des eingestürzten Schornsteins zerplatzen und regnen unter ohrenbetäubendem Artilleriefeuer auf sie herab.
    Seite an Seite sprinten sie auf die fernen Bäume zu, auf den Wald, der zum Fluss führt, und erreichen einen größeren Schuppen mit einem Fundament aus Betonblöcken. Dort bleiben sie stehen, um kurz durchzuatmen.
    »El Capitán und Helmud«, stößt Pressia hervor. »Eine Spinne … hat sich in seiner Wade verbissen … er hat nur noch ein paar Stunden.«
    »Warum hat er uns nichts …«
    »Er wollte uns nicht ablenken.«
    »Wo ist er? Wo ist Wilda?«
    »Er bringt sie zum Lazarettvorposten hinter dem Fluss.« Der Fluss. So weit ist Pressia noch nie vorgestoßen. »Er meinte, du kennst den Weg.«
    »Ja«, erwidert Bradwell. »So ungefähr.«
    »Denkst du, sie schaffen es?« Pressia weiß, was sie ihnen zugerufen hat: Wir sehen uns wieder! Das ist nicht das Ende! Aber das war eine Lüge. Sie hat nicht nur die anderen belogen, sondern auch sich selbst. Und El Capitán hat es gewusst. Sie erinnert sich an seinen traurigen, resignierten Blick. Er hat seinen Bruder jahrelang auf dem Rücken getragen, ohne sich über sein Leben zu beschweren – und über seinen Tod beschwert er sich auch nicht.
    »Er ist weg«, sagt Pressia, und es kommt ihr vor, als wäre damit auch ein Teil ihrer selbst verschwunden. Sie hätte nie gedacht, dass sie sich so leer fühlen würde, so ungeschützt und desorientiert, wenn sie sich nur vorstellt, El Capitán zu verlieren. Sie fasst sich an die Kehle und blickt auf die staubige, rauchverhangene Landschaft.
    »El Capitán?«, fragt Bradwell. »Den sollte man nie abschreiben.«

LYDA
Messing
    An einer Seite wird das Haus vom Kamin gestützt, an der anderen von der Treppe. Die Außenwände sind großteils verschwunden, das Innere steht zu allen Seiten offen. Ein demontiertes Klavier ohne Tasten, ohne Saiten und Pedale liegt auf der Seite wie ein Tierkadaver. Als Lyda hört, wie jemand hinter sie tritt, dreht sie sich um. Es ist Partridge. Nur Partridge. Sie sind allein.
    »Sind sie uns gefolgt?«, fragt sie. Sie spürt, wie schnell ihr Herz schlägt, doch aus unerfindlichen Gründen ist sie vollkommen ruhig.
    »Glaube nicht.« Er legt die Finger auf den angeknacksten Fenstersims. »Vielleicht war das mal das Haus des Gefängnisdirektors. Die hatten oft schöne, große Häuser in der Nähe der Gefängnisse.«
    Sie versucht sich vorzustellen, wie schön dieses Haus mal war. Jetzt ist es verwüstet.
    Die Treppe hat das Feuer überstanden. Gemeinsam gehen sie hoch. Verwischte Rußflecken schwärzen die Wände. Das Geländer ist abgefallen und liegt nutzlos auf den Stufen. Fast rutschen sie auf der seidigen Asche aus.
    »Wohin?«, fragt Partridge.
    »Hoch.«
    Im zweiten Stock haben sie nur noch Himmel über sich. Ein Dach aus Himmel , denkt Lyda. Sie wird den Himmel vermissen, auch wenn er immerzu dämmrig ist. Den Wind, die Luft, die Kälte, sie wird alles vermissen. Die Wände sind beinahe vollständig eingestürzt, der Raum ist leer bis auf das Messinggestell eines großen Himmelbetts. Es ist ein Wunder, dieses Bettgestell. Die Matratze, die Laken, die Decken, die Rüschen, die früher an den Rahmen genäht waren – alles ist längst verschwunden, wurde mit dem Dach weggefegt oder geklaut. Doch das rußgeschwärzte Bettgestell ist geblieben.
    Lyda wischt die Kugel an einem der Bettpfosten ab und betrachtet ihr gewölbtes Spiegelbild im Messing. Dahinter taucht Partridges verzerrtes, gerundetes Gesicht auf. »Ist das ein Geschenk?«, fragt sie.
    »Vielleicht ist es unser Weihnachtsgeschenk.«
    Lyda steigt über den Rand in den Rahmen, dorthin, wo früher die Matratze war. »Ja, vielleicht.« Sie setzt sich auf den Boden und lässt sich in Zeitlupe nach hinten fallen wie auf eine weiche Decke.
    »Wie sollen wir jetzt ins Kapitol kommen?«, fragt Partridge.
    Darüber will Lyda jetzt nicht reden. »Auf jeden Fall müssen wir das Ende der Schlacht abwarten. Bis die Soldaten und die Dusts weg sind, können wir nichts machen.« Sie lächelt. »Wir müssen die Kissen

Weitere Kostenlose Bücher