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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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sich von dem jungen Baum ab und marschiert weiter. Er muss zumindest versuchen, das Mädchen sicher am Vorposten abzuliefern, bevor die Spinne hochgeht. Leider dürften sie dann keine Zeit mehr haben, die Spinne zu zerlegen. Aber dabei würden sie das Ding wahrscheinlich sowieso nur auslösen und draufgehen.
    Wilda blickt zu ihm auf.
    »Es ist nicht mehr weit. Wir gehen am Waldrand lang, um die Wiese rechts von hier herum. Dann sieht man das Dach des Vorpostens schon.«
    Wilda läuft den schmalen Pfad entlang, El Capitán schleppt sich hinterher. Jeder Schritt ist eine noch größere Qual als der vorige. Er wird langsamer. Vielleicht sollte er ihr sagen, dass sie ohne ihn weitergehen muss. Vielleicht kommt er nicht mehr weiter.
    Sein Knie knickt ein. Er stolpert, streckt die Hand aus, hält sich an einem Baum fest. Und landet auf der Erde, das kaputte Bein abgespreizt. Helmud klammert sich an seinen Hals.
    Wilda kehrt um und rennt zu ihm.
    »Du musst es allein versuchen«, ächzt El Capitán. »Du musst rennen. Komm nicht zurück.« Was ist mit den OSR-Soldaten, die den Vorposten bewachen? Wenn sie hastige Schritte hören, eröffnen sie das Feuer. »Kannst du singen?«
    Sie zuckt mit den Schultern.
    »Sing die Botschaft, wenn du rennst. Die ganze Zeit. Sing!«
    Wilda dreht sich um, und sprintet durch die Bäume. Als sie übers Unterholz springt, blitzt ihr Kleid noch einmal zwischen den Stämmen auf, dann ist sie weg. Aber sie singt nicht. »Sing!«, brüllt El Capitán. Ihm geht die Luft aus. »Sing, sonst schießen sie!«
    »Schießen sie!«, wiederholt Helmud. Vielleicht schießen sie so oder so.
    Sie singt immer noch nicht. Verdammt. Sing, sing, sing! , fleht El Capitán sie im Stillen an.
    Vielleicht kann sie gar nicht singen – doch da erhebt sich eine klare, liebliche, melodische Stimme. »Wir wollen unseren Sohn zurück!« El Capitán erinnert sich an Helmuds Stimme im Davor, als er klein war, an seine Engelsstimme, die ihre Mutter manchmal zum Weinen brachte. »Dieses Mädchen ist der lebende Beweis, dass wir euch alle retten können!« Die letzte Note lässt Wilda lange durch die Bäume hallen.
    El Capitán schließt die Augen, bis das Lied seine Gedanken ausfüllt. Wir wollen unseren Sohn zurück … Er will auch zurück. Zurück zu Kokosnüssen und Mandarinen. Zu seiner Mutter, die beides in einer Schüssel vermischte. Zurück, zurück. Irgendetwas zupft an seinem Hosenbein. Ich hab mir wehgetan , würde er seiner Mutter sagen, wäre sie jetzt hier. Ich hab mir wehgetan.
    Er blinzelt. Helmuds Gesicht schiebt sich vor seine Augen und verschwindet sofort wieder. Er spürt, wie sein Bruder hinter seinem Rücken kramt, und hört das Klicken des Taschenmessers. Helmud zeigt ihm die glänzende Klinge.
    »Nein, Helmud. Oh Gott, nein«, japst El Capitán zwischen gequälten Atemzügen. »Du willst die Spinnenbeine rausschneiden? Wie beim Schnitzen?«
    »Wie beim Schnitzen«, sagt Helmud mit ruhiger Stimme.
    »Das ist zu gefährlich. Was, wenn du den Sprengsatz auslöst? Was, wenn …«
    »Was?«, fragt Helmud.
    Er hat recht. Sie haben nichts zu verlieren. »Mein Gott, Helmud!«
    »Gott Helmud!«
    Ausnahmsweise liegt ihr Leben in Helmuds Händen. Sie haben keine Wahl.
    »Das Mädchen ist weg, oder?«, fragt El Capitán. »Ich will nicht, dass sie in der Nähe ist, wenn …«
    »Das Mädchen ist weg.«
    El Capitán neigt den Kopf. »Also gut.«
    Helmud dreht sich zur Seite. Seine Arme sind lang genug, um El Capitáns Knöchel mit festem Griff zu fixieren. Ein Windstoß. Der Schmerz schwillt so scharf an, dass El Capitán die Faust auf die Erde hämmert. »Scheiße!«
    Diesmal übernimmt Helmud nur einen Teil des Worts. »Schhhh«, flüstert er, »schhhh, schhhh«, während er mit dem Messer in der Wunde wühlt.

PRESSIA
Fluss
    Im Schutz des Waldes schlägt Bradwell schließlich vor: »Versuchen wir’s noch mal.«
    »Was?«
    »Fignan.« Die Blackbox hält mit ihnen Schritt, meist auf ihren Rädern, manchmal mit ihren langen Armen, wenn sie unebenen Untergrund überbrücken muss. »Ich hab die ganze Zeit drüber nachgedacht. Ich will es noch mal versuchen, mit den sieben Namen und ohne Partridge. Nur wir zwei.«
    »Okay«, sagt Pressia. »Aber versuch, diesmal nicht …«
    »Was?«
    Sie wollte ihm sagen, dass er nicht wieder seine ganze Hoffnung auf Fignan setzen soll – aber sie bringt es nicht übers Herz. Seine Stimme klingt so leidenschaftlich, sein Blick wirkt so entschlossen. Sie kann ihm nicht sagen,

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