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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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haben.
    Vor dem Beifahrerfenster, dicht am Boden, flackert ein Schatten. Dann ist er wieder weg. El Capitán weiß nicht, ob er Gas geben oder bremsen soll. Vielleicht war es ein Keiler mit verbogenen Stoßzähnen? Ein bisschen Fleisch könnte jetzt nicht schaden. Auf seinem Rücken dreht Helmud sich ruckartig um.
    »Hast du was gesehen?«
    »Was gesehen!«, antwortet Helmud.
    Er hält an. »Was denn?« Während El Capitán sich duckt, um einen gründlichen Blick aus dem Beifahrerfenster zu werfen, dreht Helmud sich zur anderen Seite und schreit.
    El Capitáns Kopf schnellt herum. Vor dem Fenster sind ein längliches Gesicht und ein muskulöser Oberkörper aufgetaucht – Hastings. Der Soldat weicht einen Schritt zurück. Seine Waffen schimmern so neu, dass sie beinahe feucht wirken. El Capitán atmet schnaufend ein. Hastings! »Schon gut, Helmud, schon gut«, sagt er, bevor er sich an den Soldaten auf der Rückbank wendet: »Nicht aussteigen, nicht bewegen. Kapiert? Bin gleich wieder da.«
    El Capitán greift nach dem Türöffner. Hoffentlich ist Hastings nicht seit Neuestem darauf programmiert, ihn zu töten. Er steigt aus und hebt die Hände. Weil er nicht ausschließen kann, dass der Typ einen Ticker im Kopf hat, der ihn jederzeit in die Luft jagen könnte, hält er etwas Sicherheitsabstand. »Was kann ich für dich tun?«
    Hastings’ schwere Brust hebt und senkt sich rasch. Er geht vor El Capitán auf und ab. Helmud macht sich so klein wie möglich, verkriecht sich hinter den Schultern seines Bruders.
    »Was willst du?«, fragt El Capitán.
    Der Soldat stellt sich dicht vor ihn und starrt auf ihn herab. El Capitán hört ein Klicken – das Messer ist aus Hastings’ Stiefel geschnellt. Ein Messer wie eine Klaue.
    »Ganz ruhig«, sagt El Capitán.
    »Ganz ruhig«, flüstert Helmud.
    Hastings tritt einen Schritt zurück und zerkratzt die Erde mit dem Messer. Er schreibt etwas.
    Befreie mich.
    Zunächst hat El Capitán keinen Schimmer, was das bedeuten soll. Er muss erst mal drüber nachdenken. Was will Hastings genau? Wie soll er ihn befreien? Er gehört dem Kapitol. Das Kapitol hat ihn erschaffen.
    Hastings läuft zu einem faustgroßen Stein.
    »Moment«, murmelt El Capitán. Vielleicht kann er ihn wirklich befreien? Er und Helmud betätigen sich seit Wochen als Chirurgen. Wenn sie ihn betäuben und die Wanzen rausoperieren könnten, wäre er tatsächlich frei – und extrem nützlich. Hastings sieht ihn mit flehenden Augen an, ein Blick, den El Capitán kennt: Erlöse mich von meinem Leid! Zum letzten Mal hat er ihn gesehen, als er mit Pressia im Wald war und einen Jungen erschießen musste, der in eine Falle geraten war. Aber Hastings will nicht sterben. Oder doch?
    Hastings schiebt ihm den Stein hin, kehrt ihm den Rücken zu und kniet sich auf die Erde. Er neigt den Kopf und breitet die Arme aus.
    El Capitán reißt die hintere Tür des Trucks auf. »Her mit der Tasche.« Mit den Betäubungsspritzen läuft er zurück zu Hastings, der immer noch auf den Knien hockt.
    Er legt die Hand auf Hastings’ monströse Schulter und kneift die Nackenhaut zusammen. Hastings’ Muskeln spannen sich an – rechnet er mit einem Hieb auf den Hinterkopf? El Capitán sieht seine pulsierende Halsschlagader. Er schiebt die Nadel rein, lässt das Mittel in die Blutbahn laufen und zieht sie wieder raus. Und wartet, bis Hastings nach vorne kippt. Der Soldat fängt sich mit einem starren Arm ab, dreht sich um und blickt zu El Capitán hoch. Tränen schwimmen in seinen Augen. Zuerst wirkt er verwirrt, dann seltsam erleichtert. Er lächelt unmerklich. Sekunden später gibt sein Ellenbogen nach, und er kracht auf den Boden.
    »Ich schätze, wir haben einen neuen Patienten, Helmud«, sagt El Capitán. »Einen ganz dicken Brocken.«

PRESSIA
Cygnus
    Pressia hat Bradwell Bericht erstattet, unter anderem über ihre Theorie zu Lev Novikovs Tod und über die rätselhaften Bilder und Sätze, die sich ständig wiederholen: ineinander verschlungene Schlangen, wirres Gerede über ein Feuer, das Willux geschmiedet und erneuert hat, seltsame Zahlenfolgen und Gedichte – und ihr zweiter Vorname Brigid am Rand einer Seite. Sie haben die Arbeit aufgeteilt. Pressia hat sich den ganzen Tag mit den Zahlen beschäftigt, von denen Willux besessen war, Bradwell hat sich auf Wörter und Muster konzentriert. Auf Fignan greifen sie abwechselnd zurück; wenn er sich nützlich machen kann, summt er fröhlich vor sich hin. Sie haben sich darauf geeinigt,

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