Memoiren 1902 - 1945
des Willens». Das war auch der Name des Parteitags
1934.
Am Nachmittag holte mich ein schwarzer Mercedes von meinem Hotel in Berchtesgaden ab. Die Auffahrt zum Berghof war sehr kurvenreich und steil. Dieses Mal konnte ich mir Hitlers Domizil etwas näher betrachten. Seine Lage inmitten der Berglandschaft war eindrucksvoll. Ein Adjutant führte mich in die leere Eingangshalle, in der merkwürdigerweise ein Film ohne Zuschauer lief. Auf der Leinwand erkannte ich Marlene Dietrich. Hitler kam die Treppe herunter und begrüßte mich wie immer. Er beglückwünschte mich zu meinen Erfolgen in Paris, fragte, was ich trinken wolle, und setzte sich dann mit mir auf die Terrasse. Ich bekam Kaffee mit Kuchen, Hitler hielt sich wie meist nur an Mineralwasser.
«Wie hat Ihnen Paris gefallen?» war seine erste Frage.
«Ich muß gestehen, daß ich nur wenig von Paris gesehen habe, ich war zu abgespannt und habe leider die wenigen freien Stunden verschlafen.».
«Wie schade», sagte Hitler, «was würde ich darum geben, wenn ich einmal Paris sehen könnte! Aber das wird mir wohl im Leben nicht vergönnt sein.»
«Ich wohnte an den Champs-Elysées», sagte ich, «eine wirklich wunderschöne Straße, auch die Place de la Concorde, die Kirchen ‹La Madeleine› und ‹Sacré-Coeur› haben mich beeindruckt.» Mehr konnte ich von der Stadt nicht berichten. Dafür um so mehr Hitler.
«Paris», schwärmte er, «ist die schönste Stadt der Welt - wie häßlich ist dagegen Berlin. Ich kenne jedes historische Gebäude dieser Stadt bis ins kleinste Detail, leider nur aus Abbildungen und Plänen. Sie müssen Paris noch einmal besuchen und sich die Zeit nehmen, diese einmaligen Baudenkmäler zu besichtigen.»
Dann fragte ich: «Wie ist Ihre Einstellung zum französischen Volk?»
«Das Volk hat meine Sympathien», erwiderte er, «ich habe einige Franzosen als Soldat im Krieg kennen- und schätzengelernt, aber die französische Nation, die eine der größten Kulturen hervorbrachte, ist dekadent geworden, und ich fürchte, ihre Blütezeit ist vorüber, und sie wird langsam untergehen.»
Hitler griff zu seinem Mineralwasser und fuhr dann fort: «Nur ein großer politischer Führer könnte Frankreich vor dem Zerfall retten. Ich wäre froh, einen gesunden und starken Nachbarn an meiner Seite zu haben.»
Nachdem mir Hitler noch einiges aus Frankreichs Geschichte erzählt hatte, forderte er mich zu einem Spaziergang auf. Ich konnte verstehen, daß er sich gern hierher zurückzog. Die herrlichen Wälder und der Blick über den Königssee waren hinreißend schön.
An einem Ausblick blieb Hitler stehen, deutete in eine Richtung und sagte: «Sehen Sie, da liegt Österreich, jeden Tag, den ich hier oben bin, schaue ich dorthin und flehe den Allmächtigen an, daß er mir vergönnt, den Tag zu erleben, an dem sich Österreich und Deutschland vereinen zu einem einzigen großen Deutschen Reich. Nur deshalb habe ich dieses Haus gekauft, weil ich von hier aus auf Deutschland und Österreich blicken kann.» Er schaute lange nach Westen und schien vergessen zu haben, daß ich neben ihm stand.
Wie merkwürdig, dachte ich, daß er bei allem Interesse an meiner Arbeit noch nie eine persönliche Frage an mich gerichtet hat. Niemals hatte er sich nach meiner Familie oder meinen Freunden erkundigt, nie gefragt, was ich gern lese, was mir etwas bedeutet oder was ich nicht mag. Er sprach immer nur von seinen Ideen. Deshalb blieb er mir, trotz meiner Bewunderung und der Dankbarkeit, die ich damals noch für ihn empfand, im Innersten fremd.
Als wir weitergingen, kam er unvermittelt auf Religion zu sprechen. Obgleich ich mir nach dieser Zusammenkunft Notizen über das Gespräch machte, kann ich die Ausführlichkeit seiner Rede hier nur gekürzt wiedergeben. Hitler sagte, Religion sei für das Volk wichtig, da die meisten Menschen mit der Bürde des Lebens nicht allein fertig werden würden. In seinen Augen war die katholische Kirche weitaus erfolgreicher als die evangelische, die er für zu nüchtern hielt. Pomp und Weihrauch, mit dem der Katholizismus arbeite, sei zum Einfangen der Seelen effektvoller. Gleichzeitig geißelte er die Geschichte der katholischen Kirche, sprach von ihren historischen Verbrechen, von Hexenverbrennungen und anderen Untaten, die im Zeichen des Kreuzes begangen worden sind.
Ich fühlte mich betroffen, denn es war nicht möglich, mit ihm über Dinge zu sprechen, die mir am Herzen
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