Memoiren 1902 - 1945
Apfelstrudel.
«Es kommt selten vor», sagte Hitler, «daß ich mir die Zeit nehmen kann und einige Stunden Privatmensch sein darf. Ich weiß, daß Sie auch ein Arbeitstier sind und kaum ein Privatleben haben.»
Verlegen löffelte ich in meiner Teetasse.
«Ich glaube», fuhr er fort, «daß Sie ebenso wie ich zuviel arbeiten, Sie sollten sich mehr schonen.»
Das war das Stichwort. Nun konnte ich von meiner Arbeit sprechen, von Enttäuschungen und wachen Nächten, aber auch von den Glücksgefühlen, wenn eine Arbeit Erfolg hatte.
«Menschen wie Sie», sagte Hitler, «werden meist einsam sein. Sie werden es nicht leicht haben.»
Diese Worte überraschten mich, denn noch nie hatte Hitler so persönlich mit mir gesprochen. Ich wußte darauf nichts zu erwidern, ich war irritiert. Hitler lobte Helenes Apfelstrudel und sagte dann: «Sie sind für eine Frau ungewöhnlich aktiv und dynamisch. Das wirkt auf manche Männer herausfordernd und schafft Ihnen Feinde. Auch Ihre Erfolge werden Ihnen viele mißgönnen, und nicht nur Männer. Sie wissen wahrscheinlich, daß es selbst für mich schwierig war, Ihnen Ihre Arbeit zu erleichtern.»
Ich mußte an Goebbels denken, vielleicht konnte ich heute mit Hitler über ihn sprechen. Ein plötzlich aufkommender Wind unterbrach das Gespräch und ließ uns ins Haus gehen. Hitler setzte sich auf ein Sofa, seitlich vom Kamin, und blätterte in einigen Bildbänden, die auf einem kleinen Tisch lagen. Dann sagte er unvermittelt: «Sie wissen, daß ich Sie sehr verehre und es mir eine Freude ist, in Ihrer Gesellschaft zu sein, aber leider lassen es meine Verpflichtungen nicht zu, daß ich mir dies öfter gönnen kann.»
Seine Komplimente verwirrten mich.
Hitler: «Ich kenne keine Frau, die so zielbewußt arbeitet und von ihrer Aufgabe so besessen ist - genauso bin ich meiner Aufgabe verfallen.»
«Und Ihr Privatleben?» fragte ich.
«Seitdem ich mich entschloß, Politiker zu werden, habe ich auf mein privates Leben verzichtet.»
«Ist es Ihnen schwergefallen?»
«Sehr schwer», antwortete er, «besonders, wenn ich schönen Frauen begegne, die ich gern um mich habe.» Nach einer Pause fuhr er fort: «Aber ich bin nicht der Typ, der Freude an kurzen Abenteuern hat. Wenn ich Feuer fange, dann sind meine Gefühle tief und leidenschaftlich - wie könnte ich das mit meinen Pflichten Deutschland gegenüber verantworten? Wie sehr müßte ich jede Frau, auch wenn ich sie noch so liebte, enttäuschen.»
Ich war überrascht, daß Hitler wieder einmal von seinen persönlichen Gefühlen sprach. Nach einer kleinen Pause sagte er mit stark verändertem Ausdruck und seltsamem Pathos: «Es ist meine Absicht, ein starkes und unabhängiges Deutschland zu schaffen - ein Bollwerk gegen den Kommunismus -, und dies ist nur zu meinen Lebzeiten möglich. Nach mir wird niemand mehr kommen, der das schaffen kann.»
Ich wagte zu fragen: «Woher nehmen Sie die Überzeugung?»
«Es ist meine Berufung, die ich täglich in mir spüre, ein innerer Zwang, der mich so und nicht anders handeln läßt...»
Bei diesen Worten war Hitler wieder ganz unpersönlich, so wie ich ihn als Redner bei seinen Versammlungen erlebt hatte. Er schien zu merken, daß ich an Politik nicht so interessiert war, und auf einmal war er wieder ganz liebenswürdiger Privatmann.
Inzwischen brachte uns Helene einige Salate, Toast und Obst. Ich trank ein Glas Wein, Hitler begnügte sich mit seinem Fachinger. Ich bat mein Mädchen, Feuer im Kamin zu machen. Als wir wieder allein waren, fragte ich Hitler: «Waren Sie immer Vegetarier?» Er verneinte und erzählte zögernd, daß er nach einem schweren Schock kein Fleisch mehr habe essen können. Ich bereute meine Frage, aber Hitler fuhr fort: «Ich habe Geli, meine Nichte, zu sehr geliebt - ich glaubte, ohne sie nicht mehr leben zu können. Als ich sie verlor, habe ich tagelang nichts mehr gegessen, seitdem sträubt sich mein Magen gegen jede Art von Fleisch.»
Ich war betroffen, daß Hitler mir das alles so freimütig erzählte, dann fragte ich zaghaft: «War Geli Ihre erste Liebe?» Hitler begann von Frauen zu erzählen, die er vor Geli geliebt hatte.
«Meine Liebesaffären», sagte er, «waren meist glücklos. Die Frauen waren entweder verheiratet oder wollten geheiratet werden.» Den Namen Eva Braun erwähnte er nicht. Aber er sagte, daß es ihn sehr belaste, wenn Frauen durch Selbstmorddrohungen versuchten,
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