Memoiren 1902 - 1945
nach Beendigung des Polen-Feldzugs zu einem Film über den Westwall aufgefordert hatte. Ich hatte abgelehnt.
Die Aufregungen machten mich krank. Mein chronisches Leiden, das ich mir bei meinen Bergfilmen geholt hatte, stellte sich wieder ein. Bisher konnte es immer ausgeheilt werden, diesmal half nichts. Meine Nerven waren zu sehr strapaziert. Ich kam ins Krankenhaus.
Professor Dr. Ringleb, Urologe, übernahm meinen Fall, aber in den drei Wochen seiner Behandlung verschlimmerte sich meine Krankheit wie nie zuvor. Damals gab es noch nicht die helfenden Sulfonamide und Antibiotika. Der Professor sagte: «Reisen Sie in die Berge, laufen Sie Ski, und Sie werden gesund sein.» Er war eine Kapazität, und so vertraute ich ihm und reiste noch am gleichen Abend nach Kitzbühel. Schon während der Fahrt bekam ich so schwere Koliken, daß ich die Reise in München unterbrechen mußte und in die Klinik von Professor Kielleuthner gebracht wurde, auch ein Urologe von Rang.
Die sofort eingeleitete Untersuchung ergab die gegenteilige Diagnose des Berliner Kollegen. Kielleuthners Urteil war entmutigend, er nahm mir jede Hoffnung auf eine Ausheilung meiner Krankheit. «Ihr Leiden ist zu weit fortgeschritten», sagte er, «auch eine Operation könnte nicht helfen.» Meine Bitte, mich in der Klinik zu behalten, lehnte er mit der Begründung ab, daß dies keine Hilfe bringe, es sei besser, wenn ich mich in den Bergen aufhielte als in einem Krankenzimmer. Ich erhielt schmerzlindernde Mittel und setzte die Reise nach Kitzbühel fort.
Glücklicherweise half mir, wie die Professoren es vorausgesagt hatten, die gesunde Bergluft tatsächlich. Die Schmerzen ließen nach, und nach einiger Zeit konnte ich aufstehen und leichte Spaziergänge machen. Eine gute Nachricht erreichte mich: Peter schrieb mir, er würde vor einem neuen Fronteinsatz Weihnachtsurlaub erhalten und wollte ihn mit mir in Kitzbühel verleben. Wieder überkam mich ein Gefühl großer Unruhe. Aber noch war ich sicher, meine Gefühle steuern zu können. Immer wieder las ich seine Briefe, von denen ich an manchen Tagen mehrere erhielt. Sie übten eine fast magische Wirkung auf mich aus, weil mir aus den Zeilen ein so starkes und echtes Gefühl entgegenströmte.
Trotzdem brachten die von uns so sehr ersehnten Urlaubstage in Kitzbühel kein Glück. Auf unbegreifliche Weise entstanden Spannungen - aus dem Nichts, die sich grundlos ins Unerträgliche steigerten. Dabei war an der Stärke unserer Gefühle nicht zu zweifeln. Diese Unstimmigkeiten wurden immer wieder durch glückliche Stunden abgelöst. Aber irgend etwas stimmte nicht, ich wußte nicht, was es war. Diese aufregenden Tage, die wir in dem kleinen Berghaus auf dem Hahnenkamm verbrachten, waren eine Qual. Peters Gefühle waren explosiv wie der Ausbruch eines Vulkans, was mich anzog und gleichzeitig erschreckte.
Peter war wieder bei seiner Truppe und ich in Berlin. Waldi Traut war es gelungen, eine kleine Halle in Babelsberg zu mieten. Schon nach wenigen Tagen meldete sich meine schreckliche Krankheit wieder - eine Kolik löste die andere ab. Da ich weder Morphium noch andere Schmerzmittel vertrug, war ich diesen furchtbaren Anfällen hilflos ausgeliefert. Meine Leute waren verzweifelt. Wieder standen wir vor der Entscheidung, «Tiefland» abzubrechen oder die Arbeiten zu verschieben. Es hatte soviel Mühe gemacht, eine Atelierhalle zu bekommen, und Gründgens gab uns noch einmal Bernhard Minetti frei - auf keinen Fall wollte ich auf den Film verzichten. Mit Kampferspritzen, intravenösen Injektionen, Novalgin und allen möglichen Aufbaumedikamenten wurde ich künstlich arbeitsfähig gehalten. Man wickelte mich in warme Decken und band mir Wärmflaschen um. So versuchte ich wenigstens meine Tätigkeit als Regisseurin auszuüben. Als Schauspielerin konnte ich nicht mehr arbeiten. Mein Kameramann Benitz war verzweifelt, auch weiche Optiken und Schleier halfen nicht. Die Schmerzen hätten mein Gesicht zu sehr gezeichnet. Zwar gelang es mir, noch einige wichtige Szenen zu inszenieren, aber dann war ich am Ende. Wieder kam ich in ein Krankenhaus und hoffte trotzdem auf Genesung. Auf Anraten der Ärzte sollte ich mich in Bad Elster mit Moorbädern behandeln lassen. Der Aufenthalt in dem Sanatorium war für mich eine Qual. Noch nie hatte ich mich in eine solche Abgeschlossenheit begeben. Um nicht allein zu sein, hatte ich mein Mädchen mitgenommen. Aber die Moorbäder brachten keine Linderung. Meine
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