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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Dies war der Handlungsfaden dieses Films.
      Fanck bot der UFA diesen Stoff an. Er wurde abgelehnt. Man wollte zur Zeit keine Kriegsfilme. Andere Gesellschaften hatten die gleichen Bedenken. Das Manuskript ging durch unzählige Hände, alle waren von dem Thema begeistert, aber niemand wagte sich an einen Kriegsfilm. Dann bekam Harry Sokal das Manuskript in die Hand, und er war der einzige, der die Erfolgschancen dieses Films sofort erkannte. Da es eine teure Produktion werden würde, wollte er das Risiko nicht allein tragen und suchte einen Partner. Er fand ihn in der «Homfilm».
      Die Verträge wurden geschlossen, und die Vorbereitungen liefen an. Ich war glücklich, endlich eine Rolle spielen zu können, die mir lag.
      Da platzte die Bombe. Fanck rief mich an: «Unser Film ist in Gefahr, Trenker muß mein Manuskript gelesen und kopiert haben. Er ist uns voraus, denn er hat seinen Film, den er ‹Berge in Flammen› nennt, im Filmkurier bereits angekündigt.»
      Fanck erfuhr auch, über wen Trenker sein Manuskript offenbar erhalten hatte. Von dem Kamermann Albert Benitz, der bisher als zweiter Operateur bei Fanck gearbeitet hatte und nun die große Chance für sich erwartete, bei Trenker als erster Kameramann zu arbeiten. Außerdem war Benitz nicht gut auf Fanck zu sprechen, weil der einen harmlosen Flirt mit seiner Frau hatte. Deshalb war er furchtbar eifersüchtig auf Fanck. Sokal war fuchsteufelswild und verklagte Trenker wegen Plagiats. Er konnte auch in erster Instanz den Prozeß gewinnen, verlor aber in zweiter Instanz.
      Tatsächlich waren beide Manuskripte einander sehr ähnlich, der Gebirgskrieg und das dramatische Hauptthema, die von Hans Schneeberger miterlebte Sprengung. Die «Schwarze Katze» war allerdings in dem Trenkerfilm nicht aufzufinden. Günstig für Trenker war, daß Albert Benitz vor Gericht eidesstattlich aussagte, er habe Trenker das von Fanck geschriebene Manuskript nicht übergeben. Auch eine Schauspielerin, der Trenker das Versprechen einer Rolle in seinem Film gegeben hatte (was er aber nicht hielt, wie sie nach dem Krieg selbst erzählte), sagte zu Trenkers Gunsten aus. Jedenfalls war es weder Sokal noch Fanck möglich, vor Gericht Trenker ein Plagiat nachzuweisen. So mußte die «Schwarze Katze» sterben. Zum zweiten Mal konnte ein besonders gut gelungenes Drehbuch Fancks nicht realisiert werden. In beiden Fällen war Trenker die Ursache.
      Wieder stand ich vor einem Trümmerhaufen. Meine Karriere als Tänzerin hatte ich verspielt, die guten Filmprojekte waren zerplatzt, mein Geld ging zur Neige, und nirgendwo sah ich eine Hoffnung. Ich hatte einen Tiefpunkt in meinem Leben erreicht und war doch erst sechsundzwanzig.
      Ich war kaum in der Lage, die Miete zu zahlen, aber meinem Vater würde ich meine Notlage nie anvertrauen, nicht einmal meiner Mutter. In dieser verzweifelten Stimmung wurde mir die Trennung von Schneefloh immer unerträglicher.
      Eines Nachts erwachte ich aus einem bösen Traum, in Schweiß gebadet. Ich hatte geträumt, wie eine elegante, aber nicht mehr junge Frau Schneefloh umarmte und küßte. Neben ihr stand ein junger Mann, und sie sagte zu Schneefloh: «Das ist mein Sohn.» An Schlaf war nicht mehr zu denken, ich lief in meiner Wohnung auf und ab und kam zu dem erlösenden Entschluß, möglichst schon am nächsten Tag Schneefloh in Ungarn, wo er Aufnahmen machte, zu besuchen. Da ich nicht wußte, an welchem Ort gedreht wurde, schickte ich ihm ein Telegramm, mit der Ankündigung meines Besuchs. Nach einem Tag unerträglichen Wartens kam seine Antwort: «Komme nicht. Warte meinen Brief ab.»
      Wieder das schreckliche Warten, ich wurde von ungewisser Eifersucht gequält. Drei schlimme Tage und Nächte, dann kam der Brief. Ich schaute immer wieder den Umschlag an, als könnte ich daraus den Inhalt lesen. Angst war es, daß ich minutenlang nicht wagte, den Brief zu öffnen. Es war, als ob ich das Unheil schon im voraus spürte. In dem Brief, der ein jahrelang glückliches Zusammenleben zerstörte, den ich nie vergessen konnte, stand: «Es tut mir sehr leid, was ich Dir heute mitzuteilen habe. Ich liebe Dich nicht mehr, ich habe eine Frau kennengelernt, die ich liebe und mit der ich zusammenlebe. Bitte, komme nicht. Es würde sich nichts ändern, und ich möchte auch nicht, daß wir uns noch einmal wiedersehen. Dein Schneefloh.»
      Das war grausam, ich konnte es nicht begreifen. Wir waren in den ganzen Jahren immer ein glückliches Paar.

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