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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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schliefen im Wagen und ich daneben auf meinem Klappbett.
      Am nächsten Tag hoffte ich, nach Tadoro zu kommen. Wir schafftten aber nur Kadugli, und das erst am späten Nachmittag, so daß wir auf dem Markt gerade noch etwas einkaufen konnten. Der District Offizier, dem ich die Aufenthaltsgenehmigung übergeben sollte, kannte mich schon und wünschte uns gute Fahrt. Wir waren gerade im Begriff, in den Wagen zu steigen, als sich uns ein Polizist näherte und dem Fahrer etwas zurief. Ich hatte keine Ahnung, was er von uns wollte. Mohamed versuchte mir zu erklären, daß wir dem Polizisten folgen müßten. Ich verstand nicht, warum, und blieb am Wagen stehen, aber mein Fahrer machte eindeutige Gesten, ich mußte mitgehen. Schließlich, nichts Gutes ahnend, folgte ich ihm. Wir gingen zu einem Haus, vor dem ein höherer Polizeichef auf uns wartete. Ich begrüßte ihn mit einem unguten Gefühl. Er sagte etwas auf arabisch, was ich natürlich nicht verstand. Dann redete er aufgeregt auf Mohamed ein, der es mir aber nicht übersetzen konnte. Ich bekam Herzklopfen. Erfolglos versuchte mein Fahrer, mir pantomimisch verständlich zu machen, daß wir umkehren mußten und nicht weiterfahren dürften. Ich schüttelte nur unwillig den Kopf und versuchte dann ebenfalls mit Gesten dem Polizeichef klarzumachen, daß ich die Genehmigung des Gouverneurs von El Obeid hatte.
      Es half nichts, da er mich auch nicht verstand. Ich wurde immer aufgeregter, er immer böser. Da bekam ich Angst, denn ich ahnte den Ernst unserer Lage. In dieser abgelegenen Gegend entscheidet nur der Polizeichef und nicht der District-Offizier. Der Polizeichef war nicht zu bewegen, ein paar hundert Meter mit mir zum DistrictOffizier zu gehen. In meiner Hilflosigkeit setzte ich mich auf die Straße direkt in den Sand. Ich war verzweifelt. Sollte ich umsonst hierhergekommen sein, so nahe vor dem Ziel aufgeben müssen? Am ganzen Körper fühlte ich Schmerzen und begann mich wie in Krämpfen zu krümmen. Ob es echt war oder nur gespielt, wüßte ich heute nicht mehr, ich weiß nur, freiwillig wäre ich nie weggegangen, man hätte mich forttragen müssen. Mohamed versuchte, mich zu beruhigen, aber ich ließ mich nicht abfassen.
      Da fiel mir plötzlich etwas ein — das kleine Tonband, das ich mitgenommen hatte. Es könnte meine Rettung sein. Ich sprang auf und rannte zu unserem Wagen. Der Polizeichef mußte geglaubt haben, ich sei verrückt geworden. Hastig durchkramte ich mein Gepäck, bis ich das Band und das Gerät fand. Als ich den Recorder einschaltete, hörte man eine arabische Stimme. An Mohameds Ge sicht sah ich, wie es ihm die Sprache verschlug. Selbstbewußt ging ich zurück, wo der Polizeichef noch immer auf der Straße stand. Gegen seinen Protest stellte ich das Gerät vor ihm auf und beobachtete sein Gesicht. Was er nun hörte, mußte für ihn umwerfend sein: Die Anweisung des höchsten Polizeichefs von Kordofan an alle ihm untergebenen Dienststellen, mir in jeder Situation zu helfen und mich ungehindert fotografieren und filmen zu lassen. Auch wurde gesagt, ich sei eine Freundin des Sudan.
      Tatsächlich hatte das Tonband schon einige Male Wunder bewirkt, und es verfehlte auch dieses Mal nicht seine Wirkung. Der Polizeichef schüttelte mir die Hände, umarmte mich und lud mich in sein Haus zum Abendessen ein. Da ich unbedingt noch vor Mitternacht bei meinen Nuba eintreffen wollte, lehnte ich höflich ab und war glücklich, nun von hier fortzukommen.
      Erleichtert, wieder eine Gefahr überstanden zu haben, fuhren wir weiter. Von hier aus kannte ich jeden Weg und jeden Baum. Bis Rheika waren es nur 52 Kilometer, von dort bis zu meinem Platz unter dem großen Baum nur noch drei. In El Hambra, einer kleinen Siedlung zwischen Kadugli und Rheika, legten wir eine Pause ein, um die hier lebenden Sudanesen zu begrüßen, wir hätten sie sonst gekränkt. Als man mich erkannte, herrschte im Dorf große Aufregung. Alle wollten mich begrüßen. In der kleinen Schule, in die mich ihr fließend englisch sprechender Leiter einlud, saßen drei oder vier junge Lehrer auf Matten am Boden. Wir bekamen kleine Hocker und Tee wurde gereicht. Unmöglich konnten wir die gastfreundliche Einladung des Schulleiters, bei ihm zu übernachten, ablehnen, obgleich ich dadurch wieder eine Nacht verlor. Nach einer kurzen Plauderei machte er uns mit seiner Frau bekannt und stellte mir sein Schlafzimmer zur Verfügung. Auch bestand er darauf, daß ich trotz der großen Couch,

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