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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Wieder wurde es eine Enttäuschung. Längst hatte ich mich darauf eingestellt, mich mit einer mittelmäßigen Kopie zufriedengeben zu müssen, aber was nun über die Leinwand lief, war mir ein Rätsel. Die Farben waren, mit Ausnahme der «grünen», nun braun gefärbten Aufnahmen, zwar gut ausgeglichen — ein Beweis, daß sie von Anfang an farbrichtig hätten kopiert werden können, aber es war nicht mehr mein Schnitt. Aufnahmen, die ich ausgeschieden hatte, waren in der Kopie, andere, eingeschnittene, fehlten. Auch waren die Einstellungen zu lang oder zu kurz, nichts stimmte mehr. Ein unerträgliches Produkt. Und schließlich war als Höhepunkt der Schrecklichkeiten auch noch die Hälfte aller Aufnahmen seitenverkehrt kopiert. Was ich sah, war eine Verstümmelung meines Films, ein irreparabler Schaden — die Beerdigung.
      Ich sagte die Londoner Reise ab. Andere Aufregungen ließen mich nicht zur Besinnung kommen. Ich bangte um die Originale der Nuba-Dias. Damals besaß ich noch nicht die Mittel, mir Duplikate anfertigen zu lassen. Es war immer ein Risiko, Originaldias wegzugeben, besonders ins Ausland. Nun hatte ich mir leichtsinnigerweise bei meinem letzten Besuch in den Nuba-Bergen über 200 meiner Dias nach Khartum schicken lassen. Durch einen «Gucker» sollten die Nuba sie betrachten. Es wäre ein Riesenspaß für sie. Aber die Metallkiste mit den Dias kam in Khartum erst an, nachdem ich schon abgereist war und mich auf dem Weg nach Tadoro befand. Sie wurde mir nachgeschickt, aber erreichte mich nicht. Meine Freunde hatten sie einer Lorre mitgegeben. Von den sudanesischen Behörden wurde eine große Suchaktion eingeleitet, aber die Kiste war nicht mehr auffindbar. Meine besten Aufnahmen waren darunter — welch ein Wahnsinn —, ich war zutiefst verzweifelt.
      Ein Unglück kommt selten allein. Auch meine fünf besten und einzigen Filmkopien, die das Österreichische Filmmuseum in Wien für eine «Leni Riefenstahl Filmwoche» aus München angefordert hatte, waren verschwunden. Beim Rücktransport mußten sie irgendwo bei einer Zollstelle liegengeblieben sein. Seit Wochen wurde fieberhaft in Osterreich nach ihnen gesucht. Schließlich wurde alles gefunden, auch die Kiste mit den unersetzbaren Nuba-Originalen kam zum Vorschein — allerdings erst nach Monaten.
      Während ich um den Verbleib dieser kostbaren Materialien zitterte, kam ein Anruf aus New York. Man fragte, ob ich bereit wäre, die US-Rechte der Olympiafilme an «National Education Television», NET genannt, zu verkaufen. Die Filme sollten in Originalfassung anläßlich der Olympiade in Mexiko ausgestrahlt werden. Schon kurz nach dem Gespräch besuchte mich Basil Thornton in München, der Direktor von NET, mit einem Vertragsentwurf im Aktenkoffer. Das Schönste an diesem Angebot war, daß NET über den berühmten «Channel 13» sendet, der im Gegensatz zu den kommerziellen Sendern die Filme nicht durch Werbung unterbricht. Die Programme von NET werden ausschließlich durch Stiftungen und Gelder seiner Fans finanziert. Die Lizenzgebühren sind entsprechend gering, die künstlerische Wirkung aber um so tiefer. Über den «Channel 13» zu kommen, ist eine Anerkennung, und für mich war das ein unerwartetes Glück. Die Vorstellung, daß meine Olympiafilme nach mehr als 30 Jahren über 115 amerikanische Sender ausgestrahlt werden, war die beste Medizin. Das Angebot war in der Tat großzügig. NET erwarb für fünf Jahre die TV-Rechte der englischen Version und ließ auf ihre Kosten neue Dup-Negative und Lavendelkopien auf «non-flame»-Material anfertigen, die nach Ablauf der Lizenzzeit in meinen Besitz übergehen sollten. Oft werde ich von Leuten, die nicht aus der Filmbranche sind, gefragt, was eine «Lavendelkopie» ist: Wenn ein Film fertig geschnitten ist, wird vor Herstellung der Massenkopien eine Kopie auf besonderem, sehr weichem Material hergestellt, das einen violetten Schimmer hat, deshalb der Name «Lavendelkopie». Sie ist das wertvollste Ausgangsmaterial für die Herstellung von Dup-Negativen, weil sie als erstgezogene Kopie noch keine Schrammen aufweist und die Dup-Negative durch die Besonderheit des weichen Materials nicht so hart werden wie solche, die von normalen Kopien hergestellt werden.
      Allerdings war die Wiederherstellung der englischen Version außerordentlich kompliziert und langwierig, weil Negative und Lavendelkopien von beiden Olympiafilmen aller fremdsprachigen Versionen mir entweder nicht zurückgegeben oder aus

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